I. [Die Kaufehe und der Wert der Frau]
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Was sich in diesem Falle mit äußerster Entschiedenheit geltend macht: daß die Frau als bloßes Genus behandelt wird, als ein unpersönliches Objekt - das ist nun freilich selbst, bei allen obenerwähnten Einschränkungen, das Kennzeichen der Kaufehe. Darum wird von einer Reihe von Völkerschaften, besonders in Indien, der Frauenkauf als etwas Schimpfliches betrachtet, und anderwärts findet er zwar statt, aber man scheut den Namen und bezeichnet den Preis als ein freiwilliges Geschenk an die Brauteltern. Der Unterschied eigentlichen Geldes gegen Leistungen andrer Art macht sich hier geltend. Von den Lappländern wird berichtet, daß sie ihre Töchter zwar gegen Geschenke hingeben, es aber für nicht anständig erklären, Geld für sie zu nehmen. Zieht man die übrigen sehr komplizierten Bedingungen in Betracht, von denen die Stellung der Frauen abhängt, so scheint es, als ob der eigentliche Geldkauf sie viel tiefer herabdrücke, als die Hingabe gegen Geschenke oder gegen persönliche Dienstleistungen des Werbers für die Eltern der Braut. In dem Geschenke steckt wegen der größeren Unbestimmtheit seines Wertes und der - selbst bei sozialer Konvention darüber - individuelleren Freiheit seiner Auswahl etwas Persönlicheres, als in der dahingegebenen Geldsumme mit ihrer unbarmherzigen Objektivität. Zudem baut das Geschenk die Brücke zu jener vorgeschritteneren und zur Mitgift überführenden Form, bei der die Geschenke des Werbers durch Geschenke seitens der Brauteltern erwidert werden. Damit ist prinzipiell die Unbedingtheit der Verfügung über die Frau gebrochen, denn der Wert, den der Mann angenommen hat, schließt eine gewisse Verpflichtung in sich; er ist jetzt nicht mehr der allein Vorleistende und ein Forderungsrecht liegt auch auf der anderen Seite. Es ist ferner behauptet worden, daß der Erwerb der Frauen durch Arbeitsleistungen eine höhere Eheform darstellt als die durch direkten Kauf. Es scheint indes, daß dieselbe die ältere und unkultiviertere sei, was freilich nicht hindern würde, daß sie mit einer besseren Behandlung der Frauen verbunden ist. Denn überhaupt hat gerade die vorgeschrittenere und geldmäßige Wirtschaft die Lage dieser wie der Schwächeren überhaupt vielfach verschlimmert. Unter den jetzigen Naturvölkern finden wir beide Formen manchmal bei einem und demselben nebeneinander. Diese letztere Tatsache beweist, daß ein wesentlicher Unterschied für die Behandlung der Frauen nicht besteht, wenngleich im großen und ganzen das Einsetzen eines so persönlichen Wertes, wie die Dienstleistung ist, den Erwerb der Frau doch in ganz anderer Weise über den eines Sklaven stellen muß, wie ihr Kauf für Geld oder substanziellen Geldeswert. Nun gilt auch hier das allenthalben Hervorzuhebende: daß die Herabdrückung und Entwürdigung menschlichen Wertes durch solches Erkauftwerden eine geringere wird, wenn die Kaufsummen sehr groß sind. Denn in sehr hohen Summen besitzt der Geldeswert eine Seltenheit, die ihn individueller, unverwechselbarer färbt und ihn dadurch zum Äquivalent personaler Werte geeigneter macht. Bei den Griechen der heroischen Zeit finden sich Geschenke des Bräutigams an den Vater der Braut - die freilich keinen eigentlichen Kauf darzustellen scheinen - während die Stellung der Frauen eine ganz besonders gute ist. Allein es wird hervorgehoben, daß diese Gaben relativ sehr erhebliche waren. So herabsetzend es wirkt, wenn entweder die Innerlichkeit oder die Totalität des Menschen gegen Geld eingesetzt wird, so kann doch, wie spätere Beispiele noch stärker beweisen werden, eine ungewöhnliche Höhe der ins Spiel kommenden Summen eine Art Ausgleichung, insbesondere in Rücksicht der sozialen Stellung des Betreffenden, schaffen. So hören wir, daß Eduard II. und III. ihre Freunde als Geiseln für die Rückzahlung ihrer Schulden fortgaben und 1340 sollte sogar der Erzbischof von Canterbury als Pfand - nicht als Bürge - für die Schulden des Königs nach Brabant verschickt werden. Die Größe der Summen, um die es sich hier handelte, wehrte von vornherein die Deklassierung ab, die durch ein derartiges Einsetzen von Personen um Geld auf diese, wenn es sich um Lappalien gehandelt hätte, gefallen wäre.
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