Home  Impressum  Copyright

I. [Die Doppelrolle des Intellekts wie des Geldes; ihrem Inhalte nach überpersönlich, ihrer Funktion nach individualistisch und egoistisch; Beziehung zu dem Rationalismus des Rechtes und der Logik]

 

Ich habe dies so ausführlich erörtert, weil die Gegensätzlichkeit des Sinnes, die der Begriff der Intellektualität zeigt, am Gelde ihre genaue Analogie findet. Dem Verständnis des Geldes dient so nicht nur seine Wechselwirkung mit der Intellektualität, durch die ihre Formen sich gegenseitig anähnlichen, sondern vielleicht auch der damit gegebene Hinweis auf ein tiefer gelegenes, ihnen gemeinsames Prinzip, das die Gleichheit Ihrer Entwicklung trägt - etwa auf jene fundamentale Beschaffenheit oder Stimmung der historischen Elemente, die, indem sie die Formung derselben bewirkt, ihren Stil ausmacht. Wie sehr nun das Geld auf der Basis seiner prinzipiellen All-Zugänglichkeit und Objektivität dennoch der Ausbildung der Individualität und Subjektivität dient; wie gerade seine Immer- und Allgleichheit, sein qualitativ kommunistischer Charakter bewirkt, daß jeder quantitative Unterschied sogleich zu qualitativen Differenzen führt - ist in den vorangehenden Kapiteln beschrieben. Es zeigt sich aber auch hier in der mit keinem anderen Kulturfaktor vergleichbaren Ausbreitung seiner Macht, die die entgegengesetztesten Lebenstendenzen zu gleichen Rechten trägt, als die Verdichtung der rein formalen Kulturenergie, die jedem beliebigen Inhalt zugesetzt werden kann, um ihn in seiner eigenen Richtung zu steigern und zu immer reinerer Darstellung zu bringen. Ich hebe deshalb nur einige spezielle Analogien mit der Intellektualität hervor, des Inhalts, daß die Unpersönlichkeit und Allgemeingültigkeit seines abstrakten, sachlichen Wesens, sobald es auf seine Funktion und Verwendung ankommt, in den Dienst des Egoismus und der Differenzierung tritt. Der Charakter des Rationellen und Logischen, der sich am Egoismus herausstellte, haftet auch an der vollen und rücksichtslosen Ausnutzung des Geldbesitzes. Wir haben früher als das Bezeichnende des Geldes ändern Besitzen gegenüber festgestellt, daß es keinerlei Hinweis auf irgendeine bestimmte Verwendungsart und ebendeshalb keinerlei Hemmung in sich schließt, durch die ihm die eine Verwendung ferner oder schwieriger wäre als die andere; in jede, gerade fragliche, geht es restlos auf, ohne daß ein Verhältnis seiner Qualität zu der der realen Objekte spezifisch fördernd oder abbiegend wirkte - darin den logischen Formen selbst vergleichbar, die sich jedem beliebigen Inhalt, seiner Entwicklung oder Kombination gleichmäßig darbieten und eben dadurch freilich dem sachlich Unsinnigsten und Verderblichsten dieselbe Chance der Darstellung und formalen Richtigkeit wie dem Wertvollsten gewähren; und nicht weniger den Schematen des Rechtes analog, dem es oft genug an Schutzvorrichtungen dagegen fehlt, daß das schwerste materielle Unrecht sich mit unangreifbarer formaler Gerechtigkeit ausstatte. Diese absolute Möglichkeit, die Kräfte des Geldes bis aufs Letzte auszunutzen, erscheint nun nicht nur als Rechtfertigung, sondern sozusagen als logisch- begriffliche Notwendigkeit, es auch wirklich zu tun. Da es in sich weder Direktiven noch Hemmungen enthält, so folgt es dem je stärksten subjektiven Impuls, - der auf den Gebieten der Geldverwendung überhaupt der egoistische zu sein pflegt. Jene Hemmungsvorstellungen: daß an einem bestimmten Gelde »Blut klebt« oder ein Fluch haftet, sind Sentimentalitäten, die mit der wachsenden Indifferenz des Geldes - indem es also immer mehr bloß Geld wird - ihre Bedeutung ganz einbüßen. Die rein negative Bestimmung, daß keinerlei Rücksicht sachlicher oder ethischer Art, wie sie sich aus ändern Besitzarten ergibt, die Verwendung des Geldes bestimmt, wächst ohne weiteres zur Rücksichtslosigkeit als einer ganz positiven Verhaltungsart aus. Seine Nachgiebigkeit, die aus seinem völligen Gelöstsein von singulären Interessen, Ursprüngen und Beziehungen folgt, enthält als anscheinend logische Konsequenz die Aufforderung, uns in den von ihm beherrschten Lebensprovinzen keinerlei Zwang anzutun. An seiner absoluten Sachlichkeit, die gerade aus dem Ausschluß jeder einseitigen Sachlichkeit hervorgeht, findet der Egoismus reinen Tisch vor, wie er ihn auch an der bloßen Intellektualität fand - aus keinem anderen Grunde, als weil diese Triebfeder die logisch einfachste und nächstliegende ist, so daß die rein formalen und indifferenten Lebensmächte an ihr ihre erste, gleichsam natürliche und wahlverwandte Erfüllung finden.

 


 © textlog.de 2004 • 25.11.2024 02:33:03 •
Seite zuletzt aktualisiert: 27.09.2004