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III. [Das Nacheinander und das Nebeneinander beider Tendenzen, die Entwicklungen des Geldes als Analogie und als Träger derselben]

 

Hier ordnet sich das Geld einer uns schon früher wichtig gewordenen Kategorie von Lebensmächten ein, deren sehr eigenartiges Schema es ist, daß sie ihrem Wesen und ursprünglichen Sinne nach sich über die Gegensätze erheben, in die die betreffende Interessenprovinz auseinandergeht, als die ungeteilte Indifferenz derselben jenseits ihrer stehen - dann oder zugleich aber in den Gegensatz der Einzelheiten hinuntersteigen: sie werden Partei, wo sie soeben Unbeteiligte oder Richter gewesen waren. So zunächst die Religion, die der Mensch braucht, um die Entzweiung zwischen seinen Bedürfnissen und deren Befriedigung, zwischen seinem Sollen und seiner Praxis, zwischen seinem Idealbild der Welt und der Wirklichkeit zu versöhnen. Hat er sie aber einmal geschaffen, so bleibt sie nicht in der Höhe, die sie in ihren höchsten Augenblicken erreicht, sondern steigt selbst auf den Kampfplatz hinunter, wird eine Seite im Dualismus des Daseins, den sie eben noch in sich vereinheitlichte. Die Religion steht einerseits dem, was wir als unser ganzes Leben empfinden, als äquivalente Macht gegenüber, sie ist eine Totalität jenseits aller Relativitäten unserer sonstigen Menschlichkeit; und andrerseits steht sie doch wieder im Leben, als eines seiner Elemente und erst in der Wechselwirkung mit allen anderen die Ganzheit desselben ausmachend. So ist sie ein ganzer Organismus und zugleich ein Glied, ein Teil des Daseins und zugleich das Dasein selbst auf einer höheren, verinnerlichten Stufe. Die gleiche Form zeigt das Verhalten des Staates. Sicher ist es dessen Sinn, über den Parteien und den Konflikten ihrer Interessen zu stehen, und dieser abstrakten Höhe verdankt er seine Macht, seine Unberührbarkeit, seine Stellung als letzte Instanz der Gesellschaft. Mit alledem nun ausgerüstet, pflegt er dennoch in jenen Streit der partikularen Gesellschaftsmächte einzutreten, die Partei der einen gegen gewisse andere zu ergreifen, die, obgleich von ihm in seinem weiteren Sinne mitumfaßt, ihm in seinem engeren Sinne wie Macht zu Macht gegenüberstehen. Das ist die Doppelstellung oberster Instanzen, die sich innerhalb der Metaphysik wiederholt, wenn sie etwa der Gesamtheit des Seins geistiges Wesen zuschreibt, das Absolute, das alle Erscheinungen trägt oder ausmacht, für eine geistige Substanz erklärt. Aber dieses Absolute muß sie zugleich als ein Relatives anerkennen. Denn in der Wirklichkeit steht dem Geiste nicht nur eine Körperlichkeit gegenüber, so daß er in diesem Gegensatz erst sein eigenes Wesen findet, sondern es begegnen geistige Erscheinungen unterwertiger Art, Böses, Träges, Feindseliges; und eine derartige Metaphysik wird solches nicht als dem Geiste zugehörig betrachten, der ihr die absolute Substanz des Seins ist. Sondern dieser wird als Partei, Ausgleichung, spezifischer Wert allem ungeistigeren und unvollkommenen Sein entgegengestellt, das er doch andrerseits, da er das Absolute ist, soeben noch mitumfaßt hat. Am durchgreifendsten wird diese Doppelexistenz am Begriff des Ich wirksam. Das Ich, dessen Vorstellung die Welt ist, steht jedem einzelnen Inhalt derselben in gleich beherrschender Höhe gegenüber, jenseits aller Qualitäten, Unterschiede und Konflikte, die nur innerhalb seiner, sozusagen als Privatangelegenheiten seiner Inhalte untereinander, stattfinden. Aber unser tatsächliches Lebensgefühl läßt das Ich nicht in dieser Höhe stehen, es identifiziert es mit gewissen seiner Inhalte mehr als mit anderen - gerade wie die Religiosität Gott an bestimmten Stellen besonders eingreifen sieht, während er doch an allen anderen nicht weniger wirksam sein müßte -, das Ich wird zu einem einzelnen Inhalte seiner selbst, es differenziert sich, freundlich oder feindlich, sich hoch oder niedrig abmessend, gegen die übrige Welt und ihre Partikularitäten, während der Sinn seiner es doch oberhalb aller dieser gestellt hatte. Dies also ist der Formtypus, in dem das Verhältnis des Geldes zu seinem Herrschaftsgebiete sich mit jenen, inhaltlich ihm so fremden Mächten begegnet. Auch sein Wesen liegt in der abstrakten Höhe, mit: der es sich über alle Einzelinteressen und Stilgestaltungen des Lebens erhebt; es gewinnt seine Bedeutung in und aus den Bewegungen, den Konflikten, den Ausgleichungen aller dieser, ein parteiloses Allgemeines, das in sich nicht den geringsten Anhaltspunkt für oder gegen den Dienst eines spezifischen Interesses enthält. Und nun, ausgerüstet mit all der unvergleichlichen Fernwirksamkeit, Konzentriertheit der Kraft, Überall-Eindringlichkeit, wie sie gerade die Folge seiner Entfernung von allem Partikularen und Einseitigen ist, begibt es sich in den Dienst der partikularen Begehrung oder Lebensgestaltung. Und hier tritt, innerhalb der betonten allgemeinen Gleichheit mit Gebilden wie Religion, Staat, metaphysischer Geistigkeit des Seins - ein merkwürdiger Unterschied gegen diese hervor. Sie alle, wenn sie sich auf das Niveau der singulären Interessen und Standpunkte hinabbegeben, treten im Konflikt je zweier entschieden auf die Seite des einen, dem Gegner aber entgegen; sie verbünden oder identifizieren sich mit einer der spezifischen Differenzen, deren Indifferenz sie darstellten, und schließen nun die je andere von sich aus. Das Geld aber stellt sich fast jeder Tendenz in dem Umkreis, für den es gilt, gleichmäßig zur Verfügung, es lebt jedenfalls nicht in der Form des Antagonismus gegen anderes, die jene anderen Mächte annehmen, sobald sie sich aus ihrem allgemeinen Sinne in einen partikularen umsetzen. Das Geld bewahrt wirklich das Umfassende, das seinen allgemeinen Sinn ausmacht, auch in der Gleichmäßigkeit, mit der es sich den Gegensatzpaaren leiht, wenn sie auseinandertretend ihr allgemeines Verhältnis zum Gelde für die Ausgestaltung ihrer Unterschiede und das Ausfechten ihrer Konflikte benutzen. Die Objektivität des Geldes ist praktisch kein Jenseits der Gegensätze, das dann nur von einem dieser illegitim gegen den anderen ausgenutzt würde; sondern diese Objektivität bedeutet von vornherein den Dienst beider Seiten des Gegensatzes.

 


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