a) Änesidemus
1. Gottlob Ernst Schulze (1761-1833), Professor in Helmstedt, seit 1810 in Göttingen, wo ihn Schopenhauer gehört hat, will in seinem 1792 anonym erschienenen Änesidemus den Humeschen Skeptizismus gegen die »Anmaßungen der Vernunftkritik« verteidigen. Der Form nach gegen Reinholds Elementarphilosophie gerichtet, trifft die Schrift Kant mit. Es geht über die Kräfte der Erfahrung hinaus, ihre eigenen Bedingungen in gewissen »Vermögen« oder Erkenntniskräften wie Sinnlichkeit, Verstand und Vernunft aufzusuchen. Insbesondere verstößt es gegen die doch nach Kant selbst auf die Erfahrung beschränkte Geltung des Kausalgesetzes, diese Geltung auf die Affizierung der Sinne durch sogenannte »Dinge an sich« auszudehnen. Die logischen und mathematischen Denknotwendigkeiten stehen auch für Schulze fest: aber Erkenntniskritik und Metaphysik können nur in stetigem, nie endendem Fortschritt allmählich einer, niemals endgültigen, Lösung näher geführt werden. Die Änesidemus-Schrift, die 1801 durch ein größeres Werk Kritik der theoretischen Philosophie ergänzt wurde, übte einen bedeutenden Einfluß auf die zeitgenössischen Denker, insbesondere auf Fichte, aus. Ihr Verfasser selbst neigte später mehr der Glaubensphilosophie Jacobis zu.