II. Das System der Philosophie
das, wie wir oben sahen, in Logik, Natur- und Geistesphilosophie zerfällt.
A. Die Logik oder die Lehre von der »Idee«
(S. 310) gliedert sich ihrerseits wieder in die Lehre:
1. vom Sein, 2. vom Wesen, 3. vom Begriff.
1. Das Sein. Hegel beginnt mit dem »reinen«, d.h. noch ganz inhaltlosen und unbestimmten Sein. Aus diesem werden, auf dem Wege der uns bekannten (S. 309) dialektischen Methode, abgeleitet die ihrerseits in der Regel wiederum dreigeteilten Seinsarten oder -stufen: a) das Werden, das Dasein und das unendliche oder Für-sich-sein (Qualität); b) die reine, bestimmte und unendliche Quantität, in welche die Qualität umschlägt; c) das Maß bezw. Maßlose, in dem Qualität und Quantität sich gegenseitig einen, bezw. aufheben. Das in allem Wechsel der Bestimmungen beharrende »wahrhafte« Sein ist
2. Das Wesen. Dieses scheint a) in sich selbst (»reflektiert«) und erzeugt so die sogenannten Denkgesetze der Identität, des Unterschieds (Verschiedenheit, Gegensatz, Widerspruch) und des zureichenden Grundes. Der Widerspruch ist ebenso notwendig wie die Identität; er ist die Wurzel aller Bewegung und alles Lebens; freilich muß er sich zuletzt auflösen in den Grund und damit in die Existenz eines Dinges. Das Wesen tritt b) in das Dasein hinaus als »Erscheinung«, daraus entspringen dann die scheinbaren Gegensätze von Inhalt und Form (Gesetz), Ganzem und Teilen, Innerem und Äußerem, Ding und Eigenschaften, Grund und Folge, die in Wahrheit nur zwei Momente eines und desselben Wesens sind. Das Wesen offenbart sich c) als Wirklichkeit. Was vernünftig ist, ist wirklich, und umgekehrt. Ihre drei Momente sind die Möglichkeit (des »Zufälligen«), die Wirklichkeit (im engeren Sinne) und die Notwendigkeit, ihre drei Verhältnisse: Substantialität, Kausalität und Wechselwirkung. Die Einheit des Seins und des Wesens, die Wahrheit der Substanz ist
3. Der Begriff. Alles Einzelne ist nur die Erscheinung eines Allgemeinen, welches seine Momente frei aus sich entwickelt. In diesem umfassenden Sinne versteht Hegel den Begriff. Er ist die Einheit, welche die Teile zu einem Ganzen macht, die das Viele belebt- und durchdringt, wie z.B. das Leben den Organismus, ein bestimmter Gedanke das Kunstwerk, eine sittliche Idee eine Menge von Individuen. Daher ist auch die höchste Erscheinungsform des Begriffs die Idee, in der er sich selbst verwirklicht. Ihr geht vorauf a) der subjektive Begriff mit seinen Formen: Begriff im engeren Sinne, Urteil und Schluß (also den Hauptbegriffen der üblichen elementaren Logik, die aber bei Hegel zugleich metaphysische Bedeutung erhalten), b) der objektive Begriff, der die (nach Hegel hier ebenfalls metaphysisch zu verstehenden) Momente der mechanischen Ordnung, des chemischen Prozesses und der Teleologie durchläuft. Indem letztere als »innere« Zweckmäßigkeit im Sinne Kants gefaßt wird, leitet sie über zum Verständnis der c) Idee, welche ihrerseits sich als Leben, Erkennen und absolute Idee entfaltet, in der letzteren also zu dem Ausgangspunkt des Hegelschen Philosophierens (s. oben I, 3) wieder zurückführt.
Wenn man auch mit der Hegelschen Verquickung von Logik und Metaphysik nicht einverstanden ist, so wird man immerhin die Summe von Geist und Wissen bewundern müssen, in die der Philosoph in seiner Logik und Phänomenologie - von beiden konnten wir hier nur das allgemeinste Schema geben - seine metaphysischen Hirngespinste »hineingeheimnist« hat. Weit weniger Eigentümliches besitzt seine
B. Naturphilosophie,
auf deren Gebiet er sowieso, seiner ganzen Geistesart wie seinem Bildungsgange nach, weniger zu Hause war, so dass er sich in den Einzelheiten stark an Schelling anlehnt. Wie seine beiden Vorgänger, sucht auch er die Natur aus dem Absoluten, d.h. bei ihm aus der Idee, »abzuleiten« Die Idee entschließt sich, »sich als Natur frei aus sich zu entlassen« Die Natur ist die Idee in der Form ihres Andersseins. Sie ist als »ein System von Stufen zu betrachten, deren eine aus der anderen hervorgeht, aber« - wie Hegel ausdrücklich einschärft - »nicht (!) so, dass die eine aus der anderen natürlich erzeugt würde«, sondern aus »der inneren, den Grund der Natur ausmachenden Idee !« Die Tendenz dieser Idee als Natur ist der Fortschritt zur Subjektivität, a) Zunächst nämlich erscheint sie als ein nur äußerlich - durch Raum, Zeit, Bewegung, Schwere und Gravitation - zusammengehaltenes Außereinander (Gebiet der Mechanik); dann b) in ihren besonderen, durch Kohäsion, Elektrizität, chemische Affinität u. a. bestimmten Erscheinungen (Physik); endlich c) in ihrer individuellen Gestalt als Stein, Pflanze und Tier, in der Gestaltung, Assimilation und Reproduktion als den drei Grundformen des animalischen Prozesses (Organik). Der Untergang des Individuums ist eine Folge seiner »Unangemessenheit zur Idee« seiner Gattung. So wird, wie bei Schelling, die ganze Natur rein begrifflich konstruiert; doch sieht Hegel sich genötigt anzuerkennen, dass in der realen Natur stets ein Rest zurückbleibt, welcher der Auflösung in den reinen Begriff unzugänglich bleibt; er nennt sie daher auch das »Reich der Zufälligkeit«.
Im Tier befreit sich ›die Idee‹ von der Angewurzeltheit am Boden, aber erst im Geiste findet sie sich selbst wieder, kehrt sie in sich zurück. Damit kommen wir zum letzten und Hauptteile der Hegelschen Philosophie, der Philosophie des Geistes.