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Edler Rost

Edler Rost scheint als wirkungsvolle Metapher zuerst von Wieland 38, 487 (1790) verwendet worden zu sein in der Kritik der „Borrussias“ von Jenisch: „Mich dünkt, wir müssen den Helden einer Epopöe schon so viele Jahrhunderte lang tot und begraben wissen, dass seine Geschichte (zumal wenn sie so viel Unglaubliches hat wie Friedrichs des Großen) wo nicht zu einer Art von romantischem Mythen für uns geworden ist, wenigstens doch aus einer so großen Zeitferne einen gewissen edlen Rost des Altertums gewonnen .. hat.“ Darauf liebt nach Meyers Nachweis S. 31 Wilh. Schlegel (1798) den Ausdruck in dieser Anwendung, bis er erst am 10. Sept. 1840 (Büchmann S. 627) durch König Friedrich Wilhelms IV. Ausspruch vom verschönenden Rost der Jahrhunderte wirklich zum Schlagwort beflügelt wird. Diese Äußerung über das Land Preußen wird von Karl Georg Neumann, Gedichte (1841) S. 272 sofort in Verse gebracht:

"Eins, und doch mannigfach, dem edlen Erze gleich,
Das Eins nur wird aus mancherlei Metallen.
Vom Rost der Zeiten mag es nicht zerfallen;
Verschönert nur durch ihn bleibt es an Wert sich gleich.“

Vgl. auch Prutz, Die polit. Wochenstube (1843) S. 8 f.: „Und was du für „den edlen Rost der Zeiten“ hälst, Das ist, bei Licht besehen, eitel Pudermehl.“ Desgl. Gutzkow 12, 460 (1846): „Wie urteilt wohl Friedrich Wilhelm IV. über seinen Großohm, über Katharina, über Potemkin, Kaunitz? Gewiß diese Erbschaft des achtzehnten Jahrhunderts entbehrt aller Ehrwürdigkeit, an dieser klebt kein „verschönender Rost der Jahrhunderte". Außerdem Sanders, Ergb. S. 428.

Der „Rost der Zeit“ freilich und ähnliche bildliche Wendungen werden von Sanders 2, 786 c bereits vom 17. Jahrhundert ab nachgewiesen. Über die ursprüngliche Bedeutung des edlen Rosts (= aerugo nobilis) siehe noch Goethe (Weim. Ausg.) 48, 154 und Detmold, Randz. (Reclam) S. 37.