Erbweisheit
Erbweisheit, ein von Friedrich Wilhelm IV. beflügeltes Stichwort, der in seiner denkwürdigen Thronrede zur Eröffnung des preußischen vereinigten Landtags am 11. April 1847 äußerte: „Möchte doch das Beispiel des Einen glücklichen Landes, dessen Verfassung die Jahrhunderte und eine Erbweisheit ohne Gleichen, aber kein Stück Papier gemacht haben, für uns unverloren sein.“ Ein Wort, das der Abgeordnete Freih. v. Vincke am 4. Mai 1847 wiederholte, indem er ebenfalls von dem glücklichen Lande sprach, „dessen Verfassung die Jahrhunderte und eine Erbweisheit ohne Gleichen gebildet haben — um möglichen Mißverständnissen vorzubeugen, erkläre ich, dass ich damit nicht Mecklenburg, sondern England meine.“ Siehe Haym, Reden und Redner (1847) S. 81 und 458, desgl. Büchmann, S. 628.
Von späteren Belegen sei angeführt Scherr, Blücher 3, 288 (1863): „Unter dem überstüssigen Gepäck überlieferter „Erbweisheit", d. h. Erzdummheit, womit die Menschheit sich schleppt, befindet sich auch ein Bündel nichtsnutziger Sprüchwörter und unter diesen das berühmte von der goldenen Brücke, welche man einem geschlagenen Feinde bauen müsse.“ Vgl. überhaupt Sanders, Ergb. S. 625.
Vorbereitet war übrigens das vielfach ironisierte Schlagwort schon durch eine Stelle bei Heine 5, 12 (1832): „Ich würde lieber bei dem ärmsten Franzosen um eine Kruste Brot betteln, als dass ich Dienste nehmen möchte bei jenen vornehmen Gönnern im deutschen Vaterlande, die jede Mäßigung der Kraft für Feigheit halten oder gar für präludierenden Übergang zum Servilismus, und die unsere beste Tugend, den Glauben an die ehrliche Gesinnung des Gegners, für plebejische Erbdummheit ansehen.“ Winter S. 60 zitiert von Madame de Sévigné: „C’est une sagesse héréditaire dans votre maison".