Ewig-Weibliche
(Das) Ewig-Weibliche, dies berühmte, vom Chorus mysticus ausgesprochene Schlußwort des Goetheschen Faust (1832), ist zum schlagenden und geflügelten Wort zugleich geworden. Goethe, der an dieser Stelle das in weiblicher Hoheit am reinsten verkörperte Ideal der hinanziehenden Liebe versteht, hatte schon vorher (1805) über Winkelmann mit ähnlicher Prägnanz geschrieben: „Nun genießt er im Andenken der Nachwelt den Vorteil, als ein ewig Tüchtiger und Kräftiger zu erscheinen, denn in der Gestalt, wie der Mensch die Erde verläßt wandelt er unter den Schatten, und so bleibt uns Achill als ewig strebender Jüngling gegenwärtig.“ Siehe auch die Schlußverse der „Pandora“ (1808).
Vergleiche aber schon Herder 17, 306 (1795), der über das Publikum bemerkt: „Man hat diesem Ewig-Unmündigen Vormünder setzen wollen, die Zensoren; aber, wie die Erfahrung gezeigt hat, mit fruchtloser Mühe.“
Für die große Nachwirkung des obigen Goethewortes zeugen viele, namentlich Nietzsche 7, 192 (1886): „Wehe, wenn erst das „Ewig-Langweilige am Weibe“ — es ist reich daran! — sich hervorwagen darf!“ und: „Ich denke doch, das Sich-Putzen gehört zum Ewig-Weiblichen?“ Ebenda S. 194 heißt es: „Das, was Dante und Goethe vom Weibe geglaubt haben — jener, indem er sang „ella guardava suso, ed io in lei", dieser, indem er es übersetzte „das Ewig-Weibliche“ zieht uns hinan —: ich zweifle nicht, dass jedes edlere Weib sich gegen diesen Glauben wehren wird, denn es glaubt eben das vom Ewig-Männlichen.“ Und S. 431 (1887) ist ihm der Mensch „der immer noch Unbezwungne, der Ewig-Zukünftige, der vor seiner eignen drängenden Kraft keine Ruhe mehr findet.“ Vgl. Nietzsche 5, 349:
"Welt-Spiel, das herrische,
Mischt Sein und Schein: —
Das Ewig-Närrische
Mischt uns — hinein!“
So hat das Schlagwort vom Ewig-Weiblichen neuerdings einen ziemlich starken ironischen Beigeschmack.