Maler
Maler. Die Osternummer des 'Extrablatts' hat einen Trumpf ausgespielt. Sie brachte »Selbstporträts berühmter Wiener Künstler«. Mit Recht bemerkte die Redaktion dazu: »Diese Ostergabe ist wohl einzig in ihrer Art, eine in Gedanken und Durchführung reizende Neuheit, der zweifellos ein Ehrenplatz in der Geschichte der Wiener Publizistik gebührt«. Zweifellos. Hören wir, wie diese Bildergalerie zustandekam! Ein Abgesandter des Herrn Julius Bauer ging zu sämtlichen Professoren der Wiener Akademie und teilte ihnen die Absicht des Chefredakteurs mit, in der Osternummer Selbstporträts der berühmtesten Wiener Künstler zu bringen. Es wäre sehr nett, wenn die Herren die Güte hätten, den mit anderen Unglücksfällen überhäuften Spezialzeichner des 'Extrablatts' der Mühe zu überheben, die Wiener Künstler zu konterfeien. Viele lehnten, da Ekel die Preßfurcht überwand, zunächst ab. Doch der Abgesandte ließ nicht locker, und so entschlossen sich die Herren Angeli. Pochwalski, Rumpier, Horovitz und andere Berühmtheiten, dem Wunsche Rechnung zu tragen. Und als die Selbstporträts fertig waren, fragte Herr v. Angeli im Namen seiner Kollegen, wann die Originale, die manche bereite vergeben hatten, rückerstattet würden. »Ja« — antwortete der Abgesandte — »die behält sich unser Chefredakteur als Andenken!« Die Künstler resignierten. »Wissen S'«, sagte Herr v. Angeli zu meinem Gewährsmann, »auf so a billige Art kriegt a anderer die Galerie z'samm!« ... Vielleicht wird sich Herr Julius Bauer auf einiges gütliche Zureden doch von der Kollektion von Andenken trennen. Vorausgesetzt, dass er sich nicht auf den bekannten kunstkritischen Gefälligkeitsstandpunkt — siehe Nr. 200 — stellt und Herrn v. Angeli bedeutet, dass auch die Journalistik ein Recht habe, etwas zurückzunehmen, nämlich kunstkritisches Lob. Der Unterschied wäre nur, dass die Kritik Lob »gespendet«, die Künstler aber die Originale nicht gespendet haben.
Nr. 201, VIII. Jahr
19. April 1906.