I. [Das Vorschreiten der Differenzierung des Menschen und der Indifferenz des Geldes als Ursache ihrer wachsenden Inadäquatheit]
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Hat das Bedürfnis nach möglichster Unzweideutigkeit der Rechtsnorm zu dieser ganz ungeheuerlichen Beschränkung der gegen Betrug zu schützenden personalen Werte auf die in Geld auszudrückenden geführt, und die anderen zu quantités négligeables herabgedrückt - so führt eben dasselbe zu entsprechenden Bestimmungen des Zivilrechts. Wortbruch und Chikane, durch die jemand in die ärgsten Unannehmlichkeiten und Verluste verwickelt wird, berechtigen ihn nach deutschem Recht zu keinerlei Anspruch an den Schädiger, wenn er nicht imstande ist, den Geldwert der erlittenen Schädigung nachzuweisen. Ich nenne nur einige von Juristen selbst hervorgehobene Fälle: der Mieter, dem sein Hauswirt den Garten trotz seines kontraktlichen Mitbenutzungsrechtes verschließt, der Reisende, dem der Hotelier das schriftlich zugesagte Unterkommen verweigert, der Schulvorsteher, bei dem der engagierte Lehrer kontraktbrüchig wird, ohne daß er imstande wäre, gleich Ersatz für ihn zu beschaffen - alle diese Personen werden, obgleich ihr Recht auf Schadenersatz sonnenklar ist, diesen Anspruch nicht erheben können, weil ihr Schaden sich nicht einer bestimmten Summe gleichsetzen läßt. Wer wollte das Geldäquivalent jener inneren und äußeren Unannehmlichkeiten und Beeinträchtigungen auf Heller und Pfennig nachweisen? Gelingt aber dieser Nachweis nicht, so sind die fraglichen Beschädigungen für den Richter eben auch quantités négligeables, sie existieren für ihn nicht. In einer ungeheueren Zahl von Lebensbeziehungen ist der Geschädigte schlechthin rechtlos, er hat weder die moralische Genugtuung, den Schädiger strafrechtlich verfolgt zu sehen, noch die ökonomische, einen Ersatz für seine Einbußen und Ärgernisse von ihm zu erlangen. Da nun aber, wie nochmals betont werden muß, die Präsumtion des Rechtes doch ist, alle Güter der Individuen gegen unrechtmäßige Beschädigung zu sichern; da diese Sicherung jetzt, wie sich ergibt, eine große Summe von Gütern, sobald ihr Wert nicht in Geld substanziiert werden kann, nicht umfaßt; so folgt als Voraussetzung dieser ganzen Rechtsanschauung, daß alle personalen Güter ein Geldäquivalent besitzen, - abgesehen natürlich von der Unverletztheit des Körpers und, in einigen Beziehungen, der Ehe, die das Recht gleichfalls garantiert. Die außerordentliche Vereinfachung und Vereinheitlichung des Rechtssystems, die diese Reduktion auf das Geldinteresse mit sich bringt, im Verein mit dessen tatsächlicher Herrschaft, hat so zu der Fiktion seiner Alleinherrschaft geführt, ganz entsprechend der auch auf anderen Gebieten merkwürdigen praktischen Gleichgültigkeit gegen die nicht in Geld ausdrückbaren, wenngleich theoretisch als die höchsten anerkannten Werte.
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