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II. [Die Umsetzung von Sachwerten in Geldwert: der negative Sinn der Freiheit und die Entwurzelung der Persönlichkeit]

 

Damit zeigt sich an der Bedeutung, welche das Geld für den Gewinn individueller Freiheit hat, eine sehr folgenreiche Bestimmung des Freiheitsbegriffes. Die Freiheit scheint zunächst bloß negativen Charakter zu tragen; nur im Gegensatz zu einer Bindung hat sie ihren Sinn, sie ist immer Freiheit von etwas und erfüllt ihren Begriff, indem sie die Abwesenheit von Hindernissen ausspricht. Allein in dieser negativen Bedeutung verharrt sie nicht; sie wäre ohne Sinn und Wert, wenn das Abstreifen der Bindung nicht sogleich durch einen Zuwachs an Besitz oder Macht ergänzt würde: wenn sie Freiheit von etwas ist, so ist sie doch zugleich Freiheit zu etwas. Erscheinungen der mannigfaltigsten Gebiete bestätigen das. Wo im politischen Leben eine Partei Freiheit verlangt oder erlangt, da handelt es sich eigentlich gar nicht um die Freiheit selbst, sondern um diejenigen positiven Gewinne, Machtsteigerungen, Ausbreitungen, die ihr bisher verschlossen waren. Die »Freiheit«, die die französische Revolution dem dritten Stande verschaffte, hatte ihre Bedeutung darin, daß ein vierter Stand da war, bzw. sich entwickelte, den jener nun »frei« für sich Arbeiten lassen konnte. Die Freiheit der Kirche bedeutet unmittelbar die Ausdehnung ihrer Machtsphäre; nach der Seite ihrer »Lehrfreiheit« z.B., daß der Staat Bürger erhält, welche von ihr geprägt sind und unter ihrer Suggestion stehen. An die Befreiung des untertänigen Bauern schloß sich in ganz Europa unmittelbar das Bestreben, ihn auch zum Eigentümer seiner Scholle zu machen - wie schon die altjüdischen Bestimmungen, die den Schuldsklaven nach einer gewissen Reihe von Jahren freizulassen gebieten, gleich hinzufügen, er solle nun auch gleich mit einem Besitz ausgestattet werden, möglichst sein früheres Grundstück zurückerhalten. Wo wirklich der rein negative Sinn der Freiheit wirksam wird, da gilt sie deshalb als Unvollkommenheit und Herabsetzung. Giordano Bruno, in seiner Begeisterung für das einheitlich- gesetzmäßige Leben des Kosmos, hält die Freiheit des Willens für einen Mangel, so daß nur der Mensch in seiner Unvollkommenheit sie besäße, Gott aber allein Notwendigkeit zukäme. Und nach diesem ganz abstrakten ein ganz konkretes Beispiel: das Land der preußischen Kossäten befand sich außerhalb der Flur, auf der die Bauernäcker im Gemenge lagen. Da diese letzteren nur nach gemeinsamer Regel bearbeitet werden konnten, so hat der Kossät viel mehr individuelle Freiheit; allein er steht außerhalb des Verbandes, er hat nicht die positive Freiheit, in Flursachen mit zu beschließen, sondern nur die negative, durch keinen Beschluß gebunden zu sein. Und dies begründet es, daß der Kossät es selbst bei bedeutendem Besitz nur zu einer gedrückten und wenig angesehenen Stellung bringt. Die Freiheit ist eben an sich eine leere Form, die erst mit und an einer Steigerung anderweitiger Lebensinhalte wirksam, lebendig, wertvoll wird. Wenn wir die Vorgänge, durch welche Freiheit gewonnen wird, zergliedern, so bemerken wir stets neben ihrer formalen, den reinen Begriff der Freiheit darstellenden Seite, eine materiell bestimmte, welche aber, indem sie jene zu positiver Bedeutung ergänzt, zugleich ihrerseits eine gewisse Beschränkung enthält, eine Direktive, was nun mit der Freiheit positiv anzufangen wäre. Es würden sich nun alle Akte, mit denen Freiheit gewonnen wird, in eine Skala gliedern lassen, von dem Gesichtspunkt aus: wie erheblich ihr materieller Inhalt und Gewinn ist, im Verhältnis zu ihrem formalen und negativen Momente der Befreiung von bisherigen Bindungen. Bei dem jungen Manne, z.B., der, aus dem Zwange der Schule entlassen, in die studentische Freiheit eintritt, ist das letztere Moment das betoniere, und die neue Substanz des Lebens und Strebens, die dessen positive Seite bildet, zunächst sehr unbestimmt und vieldeutig; so daß der Student, weil die bloße Freiheit etwas ganz leeres und eigentlich unerträgliches ist, sich im Komment freiwillig einen Zwang stärkster Art erzeugt. Ganz anders liegt das Verhältnis bei einem Kaufmann, der von einer lästigen Handelsbeschränkung befreit wird; hier ist das neue Tun, um dessentwillen jene Befreiung wertvoll ist, seinem Inhalt und seiner Direktive nach sehr bestimmt, er bleibt gar nicht bei der bloßen Freiheit stehen, sondern weiß sofort, wozu er sie unvermeidlich zu benutzen hat. Bei einem Mädchen, die aus der einengenden Ordnung des Elternhauses heraustritt, um sich eine ökonomische Selbständigkeit zu gründen, hat die Freiheit einen ganz ändern positiven Sinn nach Quantität und Qualität, als wenn sie »gefreit« wird und die Führung eines eigenen Hauses sich an jene Befreiung als ihr Wesen und Zweck anschließt. Kurz jeder Befreiungsakt zeigt eine besondere Proportion zwischen der Betonung und Ausdehnung des damit überwundenen Zustandes und der des damit gewonnenen. Würde man eine solche Reihe je nach dem allmählich steigenden Übergewicht des einen Momentes über das andere wirklich konstruieren können, so würde die durch den Geldverkauf eines Objekts gewonnene Freiheit an einem Endpunkt derselben stehen - wenigstens dann, wenn das Objekt bisher den Lebensinhalt nach sich bestimmt hat. Wer sein Landgut gegen ein Haus in der Stadt vertauscht, der ist damit allerdings von den Mühseligkeiten und Sorgen der Landwirtschaft befreit; aber diese Freiheit bedeutet, daß er sich sogleich den Aufgaben und Chancen des städtischen Grundbesitzes zu widmen hat. Verkauft er aber sein Gut gegen Geld, so ist er nun wirklich frei, das negative Moment der Befreiung von den bisherigen Lasten ist das überwiegende, seine neu geschaffene Situation als Geldbesitzer enthält mir ein Minimum bestimmter Direktiven für die Zukunft. In der Befreiung vom Zwange des Objekts durch den Geldverkauf ist das positive Moment derselben auf seinen Grenzwert hinabgesunken; das Geld hat die Aufgabe gelöst, die Freiheit des Menschen nahezu in ihrem rein negativen Sinne zu verwirklichen.

 


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