I. [Das Vornehmheitsideal und das Geld]
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Die im Gelde ausgedrückte Tauschbarkeit aber muß unvermeidlich eine Rückwirkung auf die Beschaffenheit der Waren selbst haben, bzw. mit ihr in Wechselwirkung stehen. Die Herabsetzung des Interesses für die Individualität der Waren führt zu einer Herabsetzung dieser Individualität selbst. Wenn die beiden Seiten der Ware als solcher ihre Qualität und ihr Preis sind, so scheint es allerdings logisch unmöglich, daß das Interesse nur an einer dieser Seiten hafte: denn die Billigkeit ist ein leeres Wort, wenn sie nicht Niedrigkeit des Preises für eine relativ hohe Qualität bedeutet, und die Höhe der Qualität ist ein ökonomischer Reiz nur dann, wenn ihr ein irgend angemessener Preis entspricht. Dennoch ist jenes begrifflich Unmögliche psychologisch wirklich und wirksam; das Interesse für die eine Seite kann so steigen, daß das logisch erforderte Gegenstück derselben ganz herabsinkt. Der Typus für den einen dieser Fälle ist der »Fünfzig-Pfennig-Bazar«. In ihm hat das Wertungsprinzip der modernen Geldwirtschaft seinen restlosen Ausdruck gefunden. Als das Zentrum des Interesses ist jetzt nicht mehr die Ware, sondern ihr Preis konstituiert - ein Prinzip, das früheren Zeiten nicht nur schamlos erschienen, sondern innerlich ganz unmöglich gewesen wäre. Es ist mit Recht darauf aufmerksam gemacht worden, daß die mittelalterliche Stadt trotz aller Fortschritte, die sie verkörperte, doch noch der ausgedehnten Kapitalwirtschaft ermangelte, und daß dies der Grund gewesen sei, das Ideal der Wirtschaft nicht sowohl in der Ausdehnung (die nur durch Billigkeit möglich ist), als vielmehr in der Güte des Gebotenen zu suchen. Daher die großen Leistungen des Kunstgewerbes, die rigorose Überwachung der Produktion, die strenge Lebensmittelpolizei usw. Das eben ist der eine äußerste Pol der Reihe, deren anderen das Schlagwort: »billig und schlecht« bezeichnet - eine Synthese, die nur dadurch möglich ist, daß das Bewußtsein durch die Billigkeit hypnotisiert ist und außer ihr überhaupt nichts wahrnimmt. Das Nivellement der Objekte auf die Ebene des Geldes setzt zuerst das subjektive Interesse an ihrer eigenartigen Höhe und Beschaffenheit herab und, als weitere Folge, diese letztere selbst; die Produktion der billigen Schundware ist gleichsam die Rache der Objekte dafür, daß sie sich durch ein bloßes indifferentes Mittel aus dem Brennpunkte des Interesses mußten verdrängen lassen.
Durch alles dies ist wohl hinreichend deutlich geworden, in wie radikalem Gegensatz das Geldwesen und seine Folgen zu den vorhin skizzierten Vornehmheitswerten stehen. Das Geldwesen zerstört am gründlichsten jenes Aufsichhalten, das die vornehme Persönlichkeit charakterisiert und das von gewissen Objekten und ihrem Gewertetwerden aufgenommen wird; es drängt den Dingen einen außer ihrer selbst liegenden Maßstab auf, wie gerade die Vornehmheit ihn ablehnt; indem es die Dinge in eine Reihe, in der bloß Quantitätsunterschiede gelten, einstellt, raubt es ihnen einerseits die absolute Differenz und Distanz des einen vom ändern, andrerseits das Recht, jedes Verhältnis überhaupt, jede Qualifikation durch die wie auch ausfallende Vergleichung mit anderen abzulehnen - also die beiden Bestimmungen, deren Vereinigung das eigentümliche Ideal der Vornehmheit schafft. Die Steigerung personaler Werte, die dieses Ideal bezeichnet, erscheint also selbst in seiner Projizierung in Dinge hinein so weit aufgehoben, wie die Wirksamkeit des Geldes reicht, das die Dinge in jedem Sinne des Wortes »gemein« macht und sie damit schon dem Sprachgebrauch nach in den absoluten Gegensatz zum Vornehmen stellt. Gegen diesen Begriff gehalten tritt nun erst an der ganzen Breite käuflicher Lebensinhalte die Wirkung des Geldes hervor, die die Prostitution, die Geldheirat und die Bestechung in personal zugespitzter Form gezeigt haben.
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