III. [Die Nützlichkeitsunterschiede der Arbeit als Gegengrund gegen das Arbeitsgeld; dadurch geförderte Einsicht in die Bedeutung des Geldes]
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Das Wesen jedes Geldes nun ist seine unbedingte Fungibilität, die innere Gleichartigkeit, die jedes Stück durch jedes, nach quantitativen Abwägungen, ersetzbar macht. Damit es ein Arbeitsgeld gebe, muß der Arbeit diese Fungibilität verschafft werden, und dies kann nur auf die soeben geschilderte Weise geschehen: daß ihr der immer gleiche Nützlichkeitsgrad verschafft wird, und dies wiederum ist nur durch Reduktion der Arbeit für jede Produktionsgattung auf dasjenige Maß erzielbar, bei dem der Bedarf nach ihr genau so groß ist wie der nach jeder anderen. Dabei würde natürlich die tatsächliche Arbeitsstunde noch immer höher oder tiefer bewertet werden können; aber jetzt wäre man sicher, daß der höhere Wert, aus der höheren Nützlichkeit des Produktes abgeleitet, ein proportional konzentrierteres Arbeitsquantum pro Stunde anzeigt; oder umgekehrt: daß, sobald auf die Konzentrierung der Arbeit hin der Stunde ein höherer Wert zugesprochen wird, sie auch ein höheres Nützlichkeitsquantum enthält. Dies aber setzt ersichtlich eine völlig rationalisierte und providenzielle Wirtschaftsordnung voraus, in der jede Arbeit planmäßig, unter absoluter Kenntnis des Bedarfs und des Arbeitserfordernisses für jedes Produkt erfolgt - also eine solche, wie sie der Sozialismus erstrebt. Die Annäherung an diesen völlig utopischen Zustand scheint nur so technisch möglich zu sein, daß überhaupt nur das unmittelbar Unentbehrliche, das ganz indiskutabel zum Leben Gehörige produziert wird; denn wo ausschließlich dies der Fall ist, ist allerdings jede Arbeit genau so nötig und nützlich wie die andere. Sobald man dagegen in die höheren Gebiete aufsteigt, auf denen einerseits Bedarf und Nützlichkeitsschätzung unvermeidlich individueller, andrerseits die Intensitäten der Arbeit schwerer festzustellen sind, wird keine Regulierung der Produktionsquanten bewirken können, daß das Verhältnis zwischen Bedarf und aufgewandter Arbeit überall das gleiche sei. So verschlingen sich an diesen Punkten alle Fäden der Erwägungen über den Sozialismus; an ihm wird klar, daß die Kulturgefährdung seitens des Arbeitsgeldes keineswegs eine so unmittelbare ist, wie man meistens urteilt; vielmehr, daß sie aus der technischen Schwierigkeit stammt, die Nützlichkeit der Dinge, als ihren Wertungsgrund, im Verhältnis zur Arbeit, als ihrem Wertträger, konstant zu erhalten - eine Schwierigkeit, die sich im Verhältnis der Kulturhöhe der Produkte steigert und deren Vermeidung freilich die Produktion zu den primitivsten, unentbehrlichsten, durchschnittlichsten Objekten herabsenken müßte.
Dieses Ergebnis des Arbeitsgeldes beleuchtet nun aufs schärfste das Wesen des Geldprinzips überhaupt. Die Bedeutung des Geldes ist, daß es eine Einheit des Wertes ist, die sich in die Vielheit der Werte kleidet; sonst würden die Quantitätsunterschiede des einheitlichen Geldes nicht als den Qualitätsunterschieden der Dinge äquivalent empfunden werden. Dadurch geschieht nun freilich diesen oft genug unrecht, wird namentlich den personalen Werten eine Gewalt angetan, die ihr Wesen verlöscht. Von dieser Verfassung des Geldes strebt das Arbeitsgeld hinweg, es will dem Gelde einen zwar immer noch abstrakten, aber doch dem konkreten Leben näherliegenden Begriff unterbauen; mit ihm soll ein eminent personaler, ja, man könnte sagen, der personale Wert zum Maßstab der Werte überhaupt werden. Und nun zeigt sich, daß es, weil es doch nun einmal die Eigenschaften alles Geldes besitzen soll: die Einheitlichkeit, die Fungibilität, die nirgends versagende Geltung - gerade der Differenzierung und personalen Ausbildung der Lebensinhalte bedrohlicher wäre, als das bisherige Geld! Wenn es die unvergleichliche Kraft des Geldes ist, sich um einer Folge willen der entgegengesetzten nicht zu entziehen, wenn wir es einerseits der Herabdrückung, andrerseits der oft sogar exaggerierten Steigerung personaler Differenziertheit dienen sehen, so raubt ihm der Versuch, es konkreter, wenngleich noch immer äußerst allgemein zu gestalten, seine Stellung sozusagen über den Parteien, und stellt es auf die eine Seite der Alternative, mit Ausschluß der anderen. So sehr man am Arbeitsgeld die Tendenz, das Geld den personalen Werten wieder näherzurücken, anerkennen muß, so erweist jener Erfolg doch gerade, wie eng die Fremdheit gegen diese mit seinem Wesen verbunden ist.
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