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Rassenkampf

Rassenkampf, ein Ausdruck, den zwar schon Auerbach, Tagebuch aus Wien (1849) S. 112 stark betont, der aber erst durch Gobineaus berühmten Essai sur l’inégalité des races humaines (1853 ff.) die volle Resonanz erhalten hat und im Gefolge der judenfeindlichen Agitation seit Ausgang der siebziger Jahre geradezu zum Modeschlagwort wird.

So wählte ihn Gumplowicz im Jahre 1883 zum prägnanten Titel eines Bandes soziologischer Untersuchungen. Dann findet er sich wiederholt in den Nachlaßbänden Nietzsches. Vergl. nur 12, 191 und 13, 349. Überhaupt verschwindet das Stichwort Rasse in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht mehr aus der öffentlichen Diskussion und geht zahlreiche schlagende Verbindungen ein. Erinnert sei an „Rassenhass“ bei Marr (1879) S. 40 und 50. Ferner an zwei Aussprüche Nietzsches 13, 356: „Wieviel Verlogenheit und Sumpf gehört dazu, um im heutigen Mischmasch-Europa Rassenfragen aufzuwerfen!“ Und ebenda die Maxime: „Mit keinem Menschen umgehn, der an dem verlogenen Rassenschwindel Anteil hat.“

Eine treffliche Darstellung und Kritik des Rassenproblems gibt Ludwig Stein in der Zukunft 49, 85 ff. (1905). Ich hebe nur ein paar Sätze heraus: „Das Wort „Rasse“ ist ursprünglich ein ganz harmloses Bild, ein recht dürftiger Wort-Proletarier … Rasse heißt also hier: Menschengeschlecht. Später aber verstand man unter Rasse „Spielart", „Varietät", „Abart", „Klassenunterschied der Tiere desselben Stammes, sofern er unausbleiblich ist“ (so definierte Kant). Das Wort hatte früher vornehmlich in den Kreisen der Tierzüchter vortrefflichen Klang .. Von hier aus nahm das Wort seinen Weg ins Boudoir, das von je her eine unterirdische Vorliebe für sportlich angehauchte Bilder und Redewendungen besaß … Die Karriere des Wortes „Rasse“ führt heute bis zu Kanzel und Katheder hinaus. Wir müssen uns mit diesem Wechselbalg von Ausdruck ernstlich beschäftigen, denn wir haben zu unseren leidigen politischen, nationalen, religiösen und sozialen Fragen in jüngster Zeit noch eine künstlich herausgeputzte und mit dem Flittergold einer Talmigelehrsamkeit herausstaffierte „Rassenfrage“.“