Rehabilitation der Materie
Rehabilitation der Materie oder Rehabilitation des Fleisches, ein von Enfantin formuliertes Dogma der St. Simonisten, das seit 1831 von ihm mit wahrem Feuereifer vertreten wurde. Vergl. nur dessen œuvres 1, 44 (1831): „Notre apostolat consiste donc autant dans l’affranchissement de la femme que dans la réhabilitation de la chair.“ Dadurch, dass er aber die Forderung, die durch das Christentum entwertete Materie in ihre alten Rechte wieder einzusetzen, einseitig auf die Spitze trieb, führte er gerade den Bruch der Schule herbei.
Wie so manche andere wurde auch diese Parole durch die Schriftsteller des Jungen Deutschlands bald nach Deutschland getragen, wo sie in den dreißiger Jahren aufs leidenschaftlichste für und wider erörtert wurde. Vergl. Heine 5, 251 (1833) Rehabilitation des Fleisches“ und 4, 222 (1835): „Der nächste Zweck aller unserer neuen Institutionen ist solchermaßen die Rehabilitation der Materie, die Wiedereinsetzung derselben in ihre Würde, ihre moralische Anerkennung, ihre religiöse Heiligung, ihre Versöhnung mit dem Geiste.“
Das gewaltigste Aufsehen rief jedoch Mundts „Madonna“ (1835) hervor, worin S. 261 ff. die Wiedereinsetzung des Fleisches mit solcher Schrankenlosigkeit verkündet wurde, dass man öffentliches Ärgernis daran nahm. Dazu vergl. Ludw. Geiger, Das junge Deutschland und die preußische Zensur (1900) S. 75.
Dagegen bekennt Gutzkow, Rückbl. S. 135 aus eigener Erfahrung: „Unter den Blütenbäumen der Bergstraße, an der kühlen Schlucht des Wolfsbrunnens träumte ich oft der Ausdehnung eines Begriffs nach, den Heinrich Heine von Frankreich herüber in die Literatur der Deutschen geschleudert hatte, dem Wort von der „Emanzipation des Fleisches". Woher hatte man die Berechtigung genommen, sich unter diesem Begriff nur die Entfesselung der Leidenschaften, die Zerstörung der Sitten vorzustellen?“ Vielmehr urteilt er S. 136: „Was konnte da die „Emanzipation des Fleisches", von welcher in der unsinnigsten Weise von damaligen Anklägern und noch immer in den Lehr- büchern der Literaturgeschichte, wie diese nach Vorschrift der preußischen Schulregulative geschrieben werden müssen, gesabelt wird, anders verstanden sein, als die Wiedereinsetzung des Natürlichen!“