Burgkmair, Hans, der Sohn des Thoman Burgkmair, geb. 1472 zu Augsburg, gest. 1559 daselbst, nächst H. Holbein, dem älteren, der wichtigste Meister der altaugsburgischen Schule, der vom Ende des 15. Jahrhunderts bis um die Mitte des 16. durch seine erstaunliche Fruchtbarkeit in Bildern und Zeichnungen für Holzschnitte unter allen Malern seiner Vaterstadt die größte Tätigkeit entfaltete, die bedeutendste Rolle spielte. Er erlernte die Kunst bei seinem Vater und stand später mit Dürer in vertrauter Freundschaft, bildete sich jedoch ganz selbstständig aus, obschon sich nicht verkennen lässt, dass letzterer auf die Behandlungsweise seiner späteren Gemälde, insbesondere aber seiner Zeichnungen für die Formschneider nicht ohne Einfluss geblieben, was wohl die Folge des längeren Aufenthalts Burgkmair's in Nürnberg und mehrerer gemeinschaftlich mit Dürer ausgeführten Arbeiten für den Kaiser gewesen sein mag. Seine Bilder haben einen höchst eigentümlichen Charakter von Würde und Großheit, wenn gleich in seinen Gestalten der Ausdruck des Heiligen, ja der tiefere Ernst nicht immer vorherrscht; sie überraschen oftmals durch die Schönheit und das Ergreifende der Motive, die Anmut in den Bewegungen und einen gewissen Adel in den Gesichtsbildungen. Ausgerüstet mit einem großen Talent, einer festen Hand und bewundernswürdiger Geschicklichkeit im Vollenden, schaffte er sich einen Stil, der mehr auf derbe Charakteristik als Schönheit ausging. Für diesen Mangel des Idealen entschädigt er aber durch die Gabe einer wunderbar frischen Auffassung des Lebens. Später erlag auch er mehr dem italienischen Einfluss, wodurch er in eine gewisse Manier verfiel und öfters, statt in geistiger Tiefe, sich in Überschwänglichkeit gefiel. Seine Figuren haben schlanke Verhältnisse, die Glieder sind etwas mager, die Hände spitzig, aber gut bewegt, die Gewänder massig gehalten und gut modelliert. Mit den Vorzügen dieser Auffassungs- und Darstellungsweise verbindet er eine äußerst harmonische Färbung und Abstufung, bisweilen auch das liebevolle Eingehen auf das Einzelne, ein treffliches Helldunkel und eine sehr ausgebildete Modellierung. Auf den meisten seiner Bilder ist die Komposition schraffiert auf die Tafel gezeichnet — was sich noch öfters durch die dünn aufgetragenen Farben erkennen lässt — eine Behandlungsweise, die auch H. Holbein, der ältere, und Dürer befolgten. Von seinen Werken haben sich noch viele in seiner Vaterstadt erhalten. Drei Bilder mit den Hauptkirchen Roms, die er für den Kreuzgang des Katharinenklosters in Augsburg malte, befinden sich jetzt in der dortigen Galerie. Auf dem ersten mit St. Johann im Lateran ist die Geschichte Johannes des Evangelisten dargestellt; das zweite mit der S. Peterskirche zeigt den Apostel Petrus in päpstlicher Priesterkleidung, rechts von ihm Maria mit dem Kinde, umgeben von den vierzehn Nothelfern, in der oberen Abteilung Christus auf dem Ölberg; das dritte mit der Basilica Santa Croce in Gerusalemme enthält in der oberen Abteilung: eine Kreuzigung Christi mit vielen Figuren, in der untern: die Legende der h. Ursula mit der Inschrift: Hans Burgkmair. M. (Maler) vo Augspurg. Anno 1504. Noch ein anderes interessantes, Bild des Meisters, bezeichnet: J. Burgkmair pingebat 1501, ein sogenanntes Bild des Rosenkranzes oder der Königin der Heiligen, sieht man in derselben Galerie. Eine ebenfalls für das Katharinenkloster ausgeführte Kreuzigung von kleinerem Format mit Flügeln (mit der Jahrszahl 1519) zeigt dagegen Burgkmair bereits unter italienischem Einfluss. Seine ebendaselbst befindliche Niederlage der Römer bei Cannä, im Ritterkostüm des 16. Jahrhunderts, aber ist, obgleich es auch hier nicht an einzelnen geistreichen Motiven fehlt, ein unerquickliches Bild. Auch ein Epitaphium in der S. Annenkirche seiner Vaterstadt mit der Befreiung der Seelen aus der Vorhölle durch Christus, ist für die spätere Kunstweise des Meisters (wahrscheinlich vom Jahr 1533) charakteristisch, und gleich den zwei kolossalen Flügeltüren der Orgel in der S. Annenkirche zu Augsburg (vom Jahr 1512), die Himmelfahrt Christi und der Maria darstellend, übertrieben und manieriert. Die beiden kleineren Flügelbilder an derselben Orgel sind von einem Schüler des Thoman Burgkmair, Hamens Lucas Comburger gemalt. Nächst Augsburg besitzt Nürnberg die meisten Bilder von Bedeutung von Hans Burgkmair. In der Moritzkapelle daselbst sieht man: den heil. Christoph mit dem Jesuskinde auf den Schultern und den heil. Veit mit einer flammenden Blume in einem Gefäß (bezeichnet JOANN BVRGMAIR FACIEBAT. AN. MDV); den heil. Sebastian mit dem Kaiser Diocletian unter einem Portal (bezeichnet JOANN. BURGKMAIR. PICTOR. AUGUSTANUS. FACIEBAT. MDV); Maria, unter einem Baume sitzend, reicht dem Kinde eine Traube (mit der Bezeichnung JOHS. BURGMAIR PINGEBAT. IN. AVGVSTA. VINDELICORUM. MDX), eines der schönsten Kabinetbildchen des Meisters, nur die Formen des Jesusknaben, welcher Meister Hans überhaupt selten gelang, sind nicht schön; ferner die Vermählung und Darstellung Maria im Tempel, zwei Bilder (bezeichnet H. B. 1512), die wahrscheinlich von Gesellen in seiner Werkstatt ausgeführt wurden. Die Sammlung des Landauerbrüderhauses daselbst verwahrt von ihm: eine Frau mit zwei Kindern, eines der seltenen Bilder, worin Burgkmair Vorgänge aus dem häuslichen Leben darstellt (mit der Jahrzahl 1541; dort Hans Oldenburg genannt) und eine Anbetung der Hirten. Eines der vorzüglichsten Bilder Burgkmair's befindet sich im Besitz des Kaufmanns Hertel, ebenfalls zu Nürnberg: Maria mit dem Kinde auf einem Marmorthrone, in einer Landschaft (bezeichnet M. D. VIIII. Johannes Burgkmair pingebat), voll Adel in den Formen, von echtjungfräulichem Ausdruck und ungemeiner Glut, Tiefe und Klarheit der Färbung, nur das Kind von seltener Hässlichkeit. Trefflich ist auch das Bildnis eines Herzogs von Sachsen auf der Burg zu Nürnberg (dort dem Hans von Kulmbach zugeschrieben). Unter seinen Bildern in der Münchner Pinakothek ist besonders der Johannes auf Patmos von hohem Werte. Außerdem findet man in derselben Galerie noch andere bemerkenswerte Gemälde von ihm: die Schlacht bei Zama; die Königin Esther, bei ihrem Gemahl um Gnade für die Israeliten flehend; den h. Erasmus; den h. Nicolaus, Almosen verteilend; den h. Johannes, den Täufer; vorzüglich aber das Porträt des Dr. Joh.. Geiler von Kaiserburg (vom Jahr 1510) und die Bildnisse des Herzogs Wilhelm IV. von Baiern und seiner Gemahlin. Auch das Museum zu Berlin besitzt einige Bilder des Meisters: einen Altarflügel mit dem h. Ulrich; einen ändern mit der h. Barbara; Maria mit dem Kinde, welchem der h. Joseph eine Traube reicht (bezeichnet Jo Burgkmair Pingebat In Augusta Regia 1511); Maria mit dem Kinde, in einer heiteren Landschaft, von den h. h. Katharina und Barbara umgeben, im Vordergrund sieben Engel mit Spruchzettel, auf denen die Namen: Glaube, Liebe, Hoffnung und die vier Kardinaltugenden. stehen (bezeichnet B. 1512); den h. Hieronymus, der sich in seinem Studierzimmer mit einem Stein kasteit. Auf Burgkmair's eigenhändigem Porträt nebst dem seiner Frau in der Galerie des Belvedere zu Wien steht: JOANN BVRGMAIER MALER LVI JAR ALT, und darunter: ANNA ALLEBLAHN GEMAHEL LII JAR ALT. MDXXVIII, woraus man mit Gewissheit das Jahr seiner Geburt, das früher schwankend angegeben wurde, erfuhr. Endlich wissen wir noch im Besitz des Domherrn v. Hirscher in Freiburg: die Beweinung des Leichnams Christi, mit der Bezeichnung: Jo Burgkmair pingebat. Auch Miniaturen von ihm kennt man, wie namentlich einen Triumphzug Maximilians in der kaiserl. Bibliothek zu Wien. Ein anderes interessantes derartiges Werk ist Eigentum des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen. Dasselbe stellt in einer Reihe von Gemälden, in Wasserfarben (zur Verherrlichung der am 9. Jan. 1553 in Augsburg abgehaltenen Hochzeit des Grafen Jacob von Montford mit Katharina Fugger angefertigt), die bei verschiedenen Turnieren geübten Kämpfe zu Fuß und zu Ross dar, wie solche im Laufe des 15. und bis über die Hälfte des 16. Jahrhunderts üblich waren und besteht aus 52 Blättern (herausgegeben von J. v. Hefner. Frankfurt a. M. Schmerbersche Buchhandlung).
Burgkmair war ein außerordentlich fleißiger Künstler und es mögen wohl noch lange nicht alle seine Bilder bekannt sein. Überdies hat er zu mehr als 700 Holzschnitten die Zeichnungen gemacht, auch wohl manche derselben selbst in Holz geschnitten. Sodann kennt man von ihm eine geätzte Platte, Venus und Merkur darstellend, und zwei Kupferstiche. Für Kaiser Maximilian fertigte er den weisen Kunig in 237 Blättern, wovon 24 sein Zeichen H. B. tragen, und den großen Triumphzug desselben Kaisers, ein Werk, das alle Stände und Geschlechter, Bauern und Bürger, Ritter und Knechte, Fürsten und Grosse des Reichs, Kriegsleute und Spielleute aller Art, alle dem deutschen Szepter unterworfenen Nationalitäten, wie den Kaiser und seine Räte jener Zeit, mit ungemeiner Wahrheit vorführt. Er arbeitete an demselben mit Albrecht Dürer, doch enthalten die meisten Blätter sein Zeichen. Unter einer Menge anderer Arbeiten ist ferner der, ebenfalls in Gemeinschaft mit Dürer unternommene berühmte Tewrdank anzuführen. Von den h. Männern und Frauen, entsprossen aus der Familie des Kaisers Maximilian, aus 150 Abbildungen nach seinen Zeichnungen bestehend, kam im Jahr 1799 ein Wiederabdruck von 119 Platten heraus. Zu den schönsten Holzstichen, welche man ihm zuschreibt, zählt man: Hieronymus Baumgartner (1522); den h. Georg zu Pferd (Helldunkel); den h. Radian, wie er von zwei Wölfen angefallen wird; einen Christuskopf auf dem Schweisstuch; den Todesengel; Maximilian I. (1518); Julius II. (1511).
Seine Söhne Friedrich und Hans, welche noch um 1570 bis 1575 vorkommen, waren ebenfalls Maler, besaßen aber, aus ihrem gemeinschaftlich um das Jahr 1534 ausgeführten Bilde des Christus im Limbus in der S. Annenkirche zu Augsburg zu schließen, nur ein geringes Kunsttalent, das sich in abenteuerlichen Darstellungen gefiel und auch schon völlig zur Manier einer verkehrten Nachahmung der Italiener übergegangen war.
Literatur. Waagen, Kunstwerke und Künstler in Deutschland. — Förster, Geschichte der deutschen Kunst. — Heller, Geschichte der Holzschneidekunst. — Bartsch, Le peintre graveur.