Lobrede

Lobrede. Eine besondere Gattung einer förmlichen ausgearbeiteten Rede, die dem Lobe gewidmet ist. Man lobet entweder Personen, wie Plinius in einer besonderen Rede den Trajan oder Sachen, wie Isocrates den Staat von Athen. Bei den Griechen sowohl als bei den Römern wurden auch verstorbene in der Versammlung des Volks gelobt. So hielt Perikles den im Kriege gegen die Samier gebliebenen Bürgern von Athen bei ihren Gräbern eine Lobrede und Augustus, da er erst zwölf Jahr alt war, hielt eine öffentliche Lobrede auf seine verstorbene Großmutter. In unseren Zeiten und nach unseren Sitten sind die öffentlichen Lobreden in die dunkeln Hörsäle der Schulen verwiesen. Es ist auch sehr gut, dass weder Gesetze, noch eingeführte Gebräuche, Lobreden auf gewisse Personen notwendig machen; da vermutlich in den meisten Fällen, der Redner sich in der Verlegenheit finden würde einem magern Stoff durch mühesame und doch nicht hinreichende gewaltsame Mittel aufzuhelfen. Doch wollen wir diese Gattung nicht verwerfen: es ist leicht einzusehen, dass sie von sehr großem Nutzen sein könnte, wenn sie auf wichtige Gegenstände angewendet und bei wichtigen Veranlassungen gebraucht würde. So könnte in Freistaaten die Anordnung eines jährlichen Festes, das dem Andenken der wahren Beförderer des öffentlichen Wohlstandes ge wiedmet wäre, von wichtigen und vorteilhaften Folgen sein. Die Hauptfeier dieser Feste müsste darin bestehen, dass eine oder mehrere Lobreden auf verstorbene Wohltäter des Staates gehalten würden. Es ist einleuchtend, dass eine solche Veranstaltung, zur Beförderung der wahren Beredsamkeit, sehr dienlich sein würde: bei dem gegenwärtigen Mangel der Gelegenheit die Beredsamkeit in ihrem höchsten Glanz zu zeigen, würden sie manchen zu dieser höchst schätzbaren Kunst recht fähigen Kopf, der jetzt verborgen bleibt, an das Licht bringen. Aber noch wichtiger würden solche Veranstaltungen zur Erwärmung und Belebung des wahren Patriotismus und jeder bürgerlichen Tugend sein. Es war aus diesem Grund ein guter Einfall, den einige Academien in Frankreich hatten, jährliche Preise für die besten Lobreden auf verdiente Männer auszusetzen.

 Nicht wohl begreiflich ist es, warum freie Staaten so gar nachläßig sind dem wahren Geist der Liebe zum allgemeinen Besten nicht mehr Gelegenheiten zu geben, sich durch die erwärmenden Strahlen des Lobes zu entwickeln und Früchte zu tragen. Man sollte bald auf die Vermutung geraten, dass in manchem freien Staat den Regenten gar nicht damit gedient wäre, dass die patriotischen Gesinnungen der Bürger aus dem gewöhnlichen Schlaf zu vollem Wachen erweckt würden. Freilich kann es lange dauren, ehe träge Köpfe den Schaden der aus Mangel lebhafter patriotischer Gesinnungen entsteht, bemerken. Aber wenn eine von Außenher sich nahende Gefahr erst recht merklich wird, so ist es allgemein zu späte den patriotischen Geist der Bürger anflammen zu wollen.

 Da ich in diesem Werke nicht nur die Theorie der schönen Künste zu entwickeln, sondern auch ihre mannigfaltige Anwendung zum besten der menschlichen Gesellschaft zu zeigen, mir vorgesetzt habe; so gehören dergleichen Anmerkungen wesentlich zu meiner Materie. Weitläufiger aber darf ich über den besonderen Punkt, wovon hier die Rede ist, nicht sein. Wem diese Winke nicht hinlänglich sind, auf den würde auch eine nähere Betrachtung der Sachen keinen Eindruck machen.

 


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