Lyrische Versarten. Vor noch nicht langer Zeit hatten die deutschen lyrischen Dichter sehr eingeschränkte Begriffe von den lyrischen Versarten in ihrer Sprache. Fast alles war durch das ganze Gedicht entweder in Jamben, oder Trochäen gesetzt; und die größte Mannigfaltigkeit suchte man darin, dass der jambische, oder trochäische Vers bald länger, bald kürzer gemacht wurd. Um das Jahr 1742 fiengen Pyra und Lange an, einige alte lateinische, oder vielmehr griechische Versarten in der deutschen Sprache zu versuchen:1 die Sache fand bald Beifall, und nach ihnen hat das feine Ohr unseres Ramlers die ersten Versuche zu grösserer Vollkommenheit gebracht. Klopstok und einige seiner Freunde, sind nicht nur nachgefolget, sondern der Sänger des Meßias, der zuerst dem deutschen Ohr den wahren Hexameter hat hören lassen, hat auch einen großen Reichtum vortreflicher lyrischer Versarten, teils von den Griechen für unsere Sprach entlehnet, teils neu ausgedacht. Wer sie will kennen lernen, hat nur die Sammlung seiner Oden in die Hand zu nehmen, wo die Versarten allezeit zu Anfang jeder Ode durch die gewöhnlichen Zeichen ausgedrückt sind. Wir lassen es dahin gestellt sein, ob nun wirklich, wie der kühne Dichter irgendwo zu versichern scheint,2 unsere lyrische Verse vor den Griechischen selbst einen Vorzug haben. Es ist bereits an gemerkt worden, dass zum eigentlichen Liede unsere alten lyrischen Verse sich besser schicken, als die, aus mehren Arten der Füße zusammengesetzten. Doch hiervon wird an einem anderen Orte umständlicher gesprochen werden.3
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1 In den freundschaftlichen Liedern.
2 In der Ode der Bach.
3 S. Versart; Silbenmaß.