Ergreifende Szenen


müssen sich kürzlich im Burgtheater abgespielt haben. Ferdinand von Bulgarien, der auch nicht mehr das ist, was er einmal war, hat sich im Unglück entschlossen, ein gleichgestimmtes Milieu aufzusuchen und ließ sich von Herrn Thimig auf die Bühne geleiten:

.... Hierauf sprach er Herrn Gerasch an und sagte: »Ich habe Sie heute sehr bewundert. Ich habe ja schon öfter Gelegenheit gehabt, mich über Ihre schönen Leistungen zu freuen.« Nachdem er noch mit Herrn Moser gesprochen hatte, ließ er sich die jüngsten Mitglieder des Burgtheaters, die Damen Buchmann, Kutschera und Mayen, vorstellen und spendete ihnen in launiger Weise Lob für ihre Leistungen. Beim Abschied von den Künstlern sagte der König: »Ich habe nun einundzwanzig schwere Monate hinter mir, während welcher Zeit ich nie zum Ausruhen und zu künstlerischem Genuß gekommen bin.«

Aber jetzt ..! Der Geist des Burgtheaters und der König von Bulgarien machten einander Komplimente, wie zwei, die wissen, dass beide schon bessere Zeiten gesehen haben, und von denen jeder die Runzeln des andern auf sich bezieht. Dass man während des Krieges sich nichts gönnen konnte, ist begreiflich; dass man in ernster Zeit sich des Herrn Gerasch erinnert, ist rühmlich; dass man nach den Niederlagen der Bulgaren der Durchfälle des Burgtheaters gedenkt, ist tröstlich. Aber der Kunstsinn des Königs Ferdinand dürfte wohl eben der militärische Vorteil sein, den die Serben voraushaben. Ein Wechselgastspiel des Burgtheaters in Sofia wäre nicht übel, und taktvoller Weise sollte es Herr Thimig nicht versäumen, gelegentlich an Ort und Stelle seine Anerkennung für die schönen Leistungen auszusprechen.

 

 

Nr. 389/90, XV. Jahr 

15. Dezember 1913.


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