3. System der Prästabilierten Harmonie
Zu dieser »neuen Hypothese« brachte ihn, wie er selbst 1696 schreibt, »die große Frage der Verbindung zwischen Seele und Körper« In ihrer Erläuterung nimmt er das von den Okkasionalisten gebrauchte Gleichnis von den beiden gleichgestellten Uhren wieder auf. Nicht Einwirkung der einen auf die andere (nach der »gewöhnlichen« Philosophie), nicht beständige Einhilfe des Schöpfers (nach dem Okkasionalismus), sondern von Anbeginn der Welt an so vollkommene Bildung und so genaue Regulierung, dass jede von beiden Substanzen, »indem sie nur ihren eigenen Gesetzen folgt, die sie gleichzeitig mit ihrem Dasein empfangen hat, dennoch mit der anderen zusammenstimmt, ganz als ob eine wechselseitige Einwirkung zwischen ihnen bestände, oder als ob Gott neben seiner allgemeinen Mitwirkung auch immer noch im besonderen Hand dabei anlegte.« Die Selbständigkeit beider Substanzen und Prinzipien bleibt dabei gewahrt: »In den Seelen vollzieht sich alles, als ob es keine Körper, in den Körpern, als ob es keine Seelen gäbe.« Es kommt jedoch keins von beiden jemals abgesondert von dem anderen vor, abgesehen von Gott, der allein über allem Stoffe steht; von den erschaffenen Dingen kann sich keins von der allgemeinen Verknüpfung loslösen, ein Deserteur der allgemeinen Ordnung sein. Aber nicht bloß Körper und Seele, sondern alle Substanzen (Monaden) stehen in dieser Harmonie miteinander, die von dem Urheber aller Dinge vorherbestimmt, »prästabiliert« ist. Jeder Körper empfindet die Nachwirkung alles dessen, was im Universum vor sich geht, sodass jemand, der alles sieht, in jedem einzelnen lesen könnte, was im gesamten Weltall geschieht und sogar, was geschehen ist oder geschehen wird. Dieselbe Harmonie, die zwischen den Wahrnehmungen der Monade und den Bewegungen des Körpers besteht, herrscht auch im großen zwischen dem Systeme (Reiche) der bewirkenden Ursachen und der Endzwecke. Damit wird aber eine zweite, noch erhabenere Harmonie vorbereitet. Da nämlich die vernünftigen Seelen oder Geister Abbilder der Gottheit (»jeder Geist in seinem Bereiche gleichsam eine kleine Gottheit«, Monadol. 83) sind, deren Werk, das Universum, sie zu erkennen vermögen, zu der sie sich wie der Untertan zum Fürsten, das Kind zum Vater verhalten, so existiert innerhalb der »natürlichen«, als eine Art Gottesstaat, eine »moralische« Welt. Und, »wie wir oben eine vollkommene Harmonie zwischen zwei natürlichen Reichen, dem der bewirkenden und dem der Zweckursachen, festgestellt haben, so müssen wir hier noch eine zweite Harmonie zwischen dem physischen Reiche der Natur und dem moralischen Reiche der Gnade hervorheben, d.h. zwischen Gott, dem Erbauer der Maschine des Universums, und Gott, dem Monarchen des göttlichen Staates der Geister« Die »Wege der Natur« sind dazu da, die göttlichen Endzwecke zu erfüllen, »Gott der Baumeister« tut »Gott dem Gesetzgeber« durch die »mechanische Einrichtung der Dinge« in allem Genüge. Vermöchten wir die Ordnung des Universums hinlänglich zu begreifen, so würden wir finden, dass sie »alle Wünsche der Weisesten übertrifft und unmöglich besser gemacht werden kann« Damit sind wir bei dem Gedanken der Theodicee angelangt.