Natur- und Freiheitsbegriff
Begriff (Natur- und Freiheits-). Es gibt „zweierlei Begriffe, welche ebensoviel verschiedene Prinzipien der Möglichkeit ihrer Gegenstände zulassen: nämlich die Naturbegriffe und der Freiheitsbegriff“. Erstere (s. Kategorien) machen theoretische Erkenntnis nach Prinzipien a priori möglich, letzterer führt betreffs dieser nur ein „negatives Prinzip (der bloßen Entgegensetzung)“ bei sich, hingegen „für die Wülensbestimmung erweiternde Grundsätze“. Die Einteilung der Philosophie in theoretische (Natur-) und praktische (Moral-) Philosophie beruht darauf, KU Einl. I (II 6). Naturbegriffe sind „sinnlich bedingt“, der Freiheitsbegriff hingegen macht durch formale Gesetze ein Übersinnliches kennbar, ibid. (II 9); vgl. Praktisch. — „Begriffe, sofern sie auf Gegenstände bezogen werden, unangesehen ob eine Erkenntnis derselben möglich sei oder nicht, haben ihr Feld, welches bloß nach dem Verhältnisse, das ihr Objekt zu unserem Erkenntnisvermögen überhaupt hat, bestimmt wird. — Der Teil dieses Feldes, worin für uns Erkenntnis möglich ist, ist ein Boden (territorium) für diese Begriffe und das dazu erforderliche Erkenntnisvermögen. Der Teil des Bodens, worauf diese gesetzgebend sind, ist das Gebiet (ditio) dieser Begriffe und der ihnen zustehenden Erkenntnisvermögen. Erfahrungsbegriffe haben also zwar ihren Boden in der Natur, als dem Inbegriffe aller Gegenstände der Sinne, aber kein Gebiet (sondern nur ihren Aufenthalt, domicilium): weil sie zwar gesetzlich erzeugt werden, aber nicht gesetzgebend sind, sondern die auf sie gegründeten Regeln empirisch, mithin zufällig sind.“ „Unser gesamtes Erkenntnisvermögen hat zwei Gebiete, das der Naturbegriffe und das des Freiheitsbegriffs; denn durch beide ist es a priori gesetzgebend.“ Der Boden der Philosophie aber ist immer der Inbegriff der Gegenstände aller möglichen Erfahrung (Erscheinungen). „Die Gesetzgebung durch Naturbegriffe geschieht durch den Verstand und ist theoretisch. Die Gesetzgebung durch den Freiheitsbegriff geschieht von der Vernunft und ist bloß praktisch“ (vgl. Gesetz). Es gibt ein „unbegrenztes, aber auch unzugängliches Feld“ für unser Erkenntnisvermögen, nämlich „das Feld des Übersinnlichen, worin wir keinen Boden für uns finden“, das wir mit Ideen (s. d.) besetzen müssen, denen wir aber nur „[praktische Realität](praktische realität)“ (s. d.) verschaffen können, ibid. Einl. II (II 9 ff.). Zwischen dem Gebiete des Naturbegriffs, als dem Sinnlichen, und dem Gebiete des Freiheitsbegriffs, als dem Übersinnlichen, besteht eine „Kluft“ so daß von dem ersteren zum anderen vermittelst des theoretischen Gebrauchs der Vernunft „kein Übergang“ möglich ist, „gleich als ob es soviel verschiedene Welten wären deren erste auf die zweite keinen Einfluß haben kann“. Aber es soll doch diese auf jene einen Einfluß haben, „nämlich der Freiheitsbegriff soll den durch seine Gesetze aufgegebenen Zweck in der Sinnenwelt wirklich machen, und die Natur muß folglich auch so gedacht werden können, daß die Gesetzmäßigkeit ihrer Form wenigstens zur Möglichkeit der in ihr zu bewirkenden Zwecke nach Freiheitsgesetzen zusammenstimme“. „Also muß es doch einen Grund der Einheit des Übersinnlichen, welches der Natur zum Grunde liegt mit dem, was der Freiheitsbegriff praktisch enthält, geben, wovon der Begriff, wenn er gleich weder theoretisch noch praktisch zu einem Erkenntnisse desselben gelangt, mithin kein eigentümliches Gebiet hat, dennoch den Übergang von der Denkungsart nach den Prinzipien der einen zu der nach Prinzipien der anderen möglich macht“, ibid. (II 11 f.). Diesen Übergang ermöglicht die Urteilskraft (s. d.), welche ein eigenes apriorisches Prinzip hat (vgl. Zweck).