Beharrlichkeit
Beharrlichkeit. Beharrlich ist das, „was eine Zeit hindurch existiert, d. i. dauert“, Anfangsgr. d. Naturw. 1. H. Erklär. 3 (VII 2, 211); vgl Ruhe. „Die Vorstellung von etwas Beharrlichem im Dasein ist nicht einerlei mit der beharrlichen Vorstellung; denn diese kann sehr wandelbar und wechselnd sein, wie alle unsere und selbst die Vorstellungen der Materie, und bezieht sich doch auf etwas Beharrliches, welches also ein von allen meinen Vorstellungen unterschiedenes und äußeres Ding sein muß ...“ Die Vorstellungen in mir „bedürfen, als solche, selbst ein von ihnen unterschiedenes Beharrliches, worauf in Beziehung der Wechsel derselben, mithin mein Dasein in der Zeit, darin sie wechseln, bestimmt werden könne“. Darauf beruht die Darlegung der Realität der Außenwelt (s. d.), die Widerlegung des subjektiven Idealismus, KrV Vorr. z. 2. A. letzte Anm. (I 43 f.— Rc 38 ff.). Die Beharrlichkeit ist ein „Attribut“ der Substanz, denn sie ist „ein schlechterdings notwendiges Prädikat derselben, aber im Begriffe der Substanz selber nicht enthalten, kann also durch keine Analysis aus ihm (nach dem Satze des Widerspruchs) gezogen werden, und der Satz: Eine jede Substanz ist beharrlich, ist ein synthetischer Satz“, Üb. e. Entdeck. 2. Abs. (V 3, 53).
Der Grundsatz der Beharrlichkeit der Substanz (s. d.) gehört zu den „Analogien“ (s. d.) der Erfahrung. Die Zeit (s. d.) ist die beharrliche Form der inneren Anschauung. „Die Zeit also, in der aller Wechsel der Erscheinungen gedacht werden soll, bleibt und wechselt nicht.“ Da sie aber nicht für sich allein wahrgenommen werden kann, so muß in den Gegenständen der Wahrnehmung das beharrliche Substrat anzutreffen sein, welches die Zeit überhaupt vorstellt. Dieses „Beharrliche, womit in Verhältnis alle Zeitverhältnisse der Erscheinungen allein bestimmt werden können“, ist die Substanz in der Erscheinung, KrV tr. Anal. 2. B 2. H. 3. Abs. 1. Analogie (I 219 f.—Rc 276 ff.). Ob etwas als erfahrbarer Gegenstand zugleich sei oder nacheinander folge, kann man nur bestimmen, wenn ihm „etwas zum Grunde liegt, was jederzeit ist, d.i. etwas Bleibendes und Beharrliches“. Nur im Beharrlichen sind Zeitverhältnisse möglich. Die Beharrlichkeit drückt die Zeit, als das beständige Korrelat alles Daseins der Erscheinungen, alles Wechsels aus, der ja die Zeit selbst nicht betrifft. Durch das Beharrliche allein bekommt das Dasein in der Zeit eine Größe, die man „Dauer“ nennt, ibid. (I 220—Rc 277 f.). Die Beharrlichkeit allein ist der Grund, warum wir auf die Erscheinung die Kategorie der Substanz anwenden, ibid. (I 221 f.—Rc 2791); vgl. Veränderung. Die Beharrlichkeit ist somit „eine notwendige Bedingung, unter welcher allein Erscheinungen, als Dinge oder Gegenstände, in einer möglichen Erfahrung bestimmbar sind“, ibid. (I 224—Rc 282)
Der gemeine Verstand, der gar wohl inne ward, daß ohne die Voraussetzung der Beharrlichkeit der Substanzen „keine Vereinigung der Wahrnehmungen in einer Erfahrung möglich sei“, ersetzte den Mangel an einem metaphysischen Beweis dieser Beharrlichkeit durch ein „Postulat“; „denn aus der Erfahrung selbst konnte er diesen Grundsatz nimmermehr ziehen, teils weil sie die Materien (Substanzen) bei allen ihren Veränderungen und Auflösungen nicht so weit verfolgen kann, um den Stoff immer unvermindert anzutreffen, teils weil der Grundsatz Notwendigkeit enthält, die jederzeit das Zeichen eines Prinzips a priori ist“. Dieses Gesetz der Beharrlichkeit gilt nur für die Erfahrung, nicht von Dingen an sich, Prol. § 48 Anm. (III 102). Vgl. Veränderung, Außenwelt, Zeit.