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Celarent

2. Celarent.

"Kein Rechteck ist ein Kreis,
jedes Quadrat ist ein Rechteck,


also ist kein Quadrat ein Kreis."

Ich müßte nur Vorangegangenes wiederholen, um die Überflüssigkeit dieses Schlußmodus darzutun. Der Begriff des Kreises liegt dem Begriff des Quadrats so fern, dass an eine Vergleichung gar nicht gedacht wird. Der eigentliche Sinn des Schlußsatzes ist auch nicht sowohl eine Verneinung als vielmehr die Feststellung des Kichtzusammendenkens. Ich erinnere mich bei Rechteck oder Quadrat gar nicht an Kreisform. Wo aber diese Erinnerung in der Wirklichkeitswelt möglich ist, da verläßt uns auch unser Schlußmodus. Man denke sich den folgenden Syllogismus:

Kein regelmäßiges Vieleck ist ein Kreis,
das regelmäßige Vieleck von unendlich vielen Seiten ist ein Vieleck,


also ist das regelmäßige Vieleck von unendlich vielen Seiten kein Kreis.

Das ist aber doch sehr fraglich. Selbst in der Elementarmathematik wird man behaupten dürfen, dass ein regelmäßiges Vieleck von unendlich vielen Seiten allerdings ein Kreis sei.

Wieder wird der Verteidiger der Logik mir entgegenhalten: seine Wissenschaft habe es nur mit der Form des Schlusses zu tun, der Inhalt der Begriffe müsse von anderswoher vorausgesetzt werden. Und wieder werde ich erwidern müssen, dass die Schlußform nur eine künstliche Methode der Besinnung auf den Begriff sei, dass das wirkliche Denken mit dem klaren und deutlichen Begriff schon alle Sätze mitdenke, die in ihm enthalten sind, dass ein Mensch mit deutlicher Anschauung auch den Obersatz nicht aussprechen werde, nicht sagen werde, dass kein Vieleck ein Kreis sei.

Der charakteristische Zug des zweiten Modus der ersten Schlußfigur besteht also darin, dass (logisch oder grammatikalisch ausgedrückt) ein Prädikat von einem Subjekte nicht ausgesagt werden könne, wenn es seinem näheren Prädikate widerspricht. Kann ich einen Käse nicht einen Planeten nennen, so kann ich auch einen Chester nicht einen Planeten nennen. Das Wesen von Celarent besteht also (psychologisch ausgedrückt) darin, dass ich mir bei einem Begriff einen zweiten fremden Begriff nicht mit vorstelle und dass ich dabei bemerke, wie dieser fremde Begriff sich ganz besonders mit einem Merkmal des ersten Begriffs nicht assoziieren will. Alle schulgerechten Fälle von Celarent werden also solche sein, die im wirklichen Denken gar nicht vorkommen. Unser Gehirn assoziiert nicht zwei Begriffe, die nichts miteinander zu tun haben, zur Vergleichung. Die Assoziation des Widerspruchs ist ein Ablehnen, ist keine Vergleichung. Wo unser Gehirn widersprechende Begriffe dennoch vergleicht, wo es also einen allgemein negierenden Satz ausspricht, da wird die kritische Aufmerksamkeit immer bemerken, dass nicht eine einfache Negation vorliegt. Auch dann ist für uns die Schlußform von Celarent selbstverständlich überflüssig; aber auch der Schlußsatz, der dann immer dem Obersatz im Geiste verhergegangen ist, wird einen Sinn nur haben für die unsicheren Grenzbegriffe der Wissenschaft.