Die möglichen Schlußweisen
Zu den feinsten Denkübungen der Logiker gehört ihre mathematische Berechnung der Anzahl aller möglichen Schlußweisen. Sie haben ihre vier Schlußfiguren aufgestellt, In jeder Figur gibt es zwei Prämissen, von denen jede wieder (je nachdem sie allgemein oder partikular, bejahend oder verneinend ist) eine vierfache Veränderung zuläßt. Beide Prämissen lassen also nach den mathematischen Regeln der Kombination zusammen 16 Veränderungen zu. Danach müßte es im ganzen bei allen vier Figuren 4mal 16 oder 64 Schlußweisen geben. Nachträglich wird dann wieder bewiesen, dass von diesen 64 ausgerechneten Schlußweisen beinahe die Hälfte nicht existiert.
Dieses Vorgehen der Logiker enthüllt uns seine ganze Wertlosigkeit, wenn wir uns vorstellen, ein Naturforscher hätte in ähnlicher Weise die Arten der Tiere klassifiziert. Er hätte zuerst durch alle möglichen Permutationen und Kombinationen der tierischen Gliedmaßen unzählige Arten (z. B. vierfüßige Enten, mit Flossen versehene Katzen, schlangenartige Bienen, Schmetterlingslöwen usw.) aufgestellt und käme nachher mit dem Zugeständnis, dass nur ein Teil dieser Kombinationen in der Welt der Wirklichkeit vorhanden sei. Und ich bin nicht ganz sicher, ob die deutschen "Vollender" des Darwinismus nicht ein ähnliches logisches Verfahren tatsächlich eingeschlagen haben, um aus einer starken Hypothese ein schwaches System zu machen.
Wir würden uns mit diesen Spielereien gar nicht aufhalten, wenn die Logiker nicht auf diesem Wege zu einigen berühmten Entdeckungen gekommen wären, die sie die allgemeinen Gesetze des Schließens nennen. Mit diesen müssen wir uns kurz befassen.
Vorher aber möchte ich ein für allemal bemerken, dass die grammatikalische Form der Prämissen mich auf meinem Standpunkte nicht das mindeste angeht.
Es ist ja richtig, dass die Begriffsvergleichung nach unserem Sprachgebrauch am bequemsten vor sich geht, wenn sie sich in substantivische Sätze kleiden läßt. "Alle Metalle sind Körper; Eisen ist ein Metall; also ist Eisen ein Körper." Das ist dumm und bequem wie eine Rechenmaschine für Kinder. Sobald das Prädikat einer oder beider Prämissen ein Adjektiv oder ein Verbum ist (z. B. alle Metalle sind schwer, oder alle Metalle wirken so und so), leidet der Beweis des Schließens durch Sphärenvergleichung an bedenklichen Unklarheiten. Trendelenburg hat auf diese sprachlichen Unterschiede (die dann viel gelehrter Subsumtion und Inhärenz heißen) großen Scharfsinn verwandt. Da wir aber Sprachen kennen, die von einem Unterschiede zwischen Nomen, Verbum und Adjektiv nicht viel wissen, und da die Chinesen z. B. trotzdem nicht unlogischer denken als wir, so können wir diese Lokalangelegenheit der sogenannten indo-europäischen Menschheit auf sich beruhen lassen.