Der Kampf der Tertia
Zur Berliner Uraufführung
Hier ist nicht ein Roman verfilmt worden. Ein sehr befähigter Regisseur hat sich von der gleichen Atmosphäre, dem gleichen Erfahrungsschatz, dem gleichen Kollektivum inspirieren lassen wie Speyer in seinem glücklichen Buche. Der Film hat seine besondere Chance, ein Kollektivum in den Vordergrund stellen zu können, bis aufs letzte ausgenutzt. Von wo auch immer die fünfundzwanzig Tertianer, mit denen Mack arbeitet, zusammengekommen sein mögen, während der Aufnahmen waren sie wirklich mit Leib und Seele Schüler des Schulstaats, nicht angehende Statisten. Diesen Schulstaat hat man aus den Waldbergen an das Meer versetzt. Ein kluger Griff, denn so hat die Entfernung zwischen der Katzenmordstadt Böstrum und dem freien Sparta »Tertia« – das Wattenmeer erstreckt sich zwischen beiden – etwas Pathetisches bekommen. Mack hat in dieser Landschaft einige wundervolle Bilder gewonnen. Man wird an den Wettlauf der Tertianer am Strand entlang – von ihnen sind nur die Schatten sichtbar und leibhaft sieht man nur den Tertiahund, der quer über die Schatten dahinjagt – noch lange denken. Auch wird man mit den Blicken noch lange den Jungens folgen, die im Gänsemarsch durch niedrige Wellen einer nach dem andern sich gegen die rechte Bildwand verlieren. Ab und zu stößt man mit Vergnügen darauf, wie hier Motive aus russischen Massenfilmen in Miniaturausgabe wiederkehren und kaum von ihrer Schärfe verlieren. Die beiden Stadtväter, die da von oben hinterm Fenster auf den schrägen Platz blicken, auf dem die Tertia mit der Stadtjugend kämpft, sind harmlosere Klassengenossen des Unternehmers und des Sekretärs, die in Pudowkins »Mutter« von oben den Pogrom gegen Fabrikarbeiter verfolgen. Wo aber russische Unterweisung und eigenstes Können des Regisseurs aufs prachtvollste, explosivste zusammenstoßen, das ist der Schluß. Die Flucht der Stadtschüler vor der andrängenden Tertia, der Gewaltmarsch der Tertianer über die Brücke sind Bilder, die in eine Anthologie der kinematographischen Verfolgungen gehören. Es gab viel spontanen Beifall. Alle haben ihn verdient; besonders aber der tüchtige Junge, der als Borst vor den Vorhang trat. Er ist ein treuer Helfer seines Regisseurs und ein aufgeweckter Leser des Dichters gewesen.