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Eine Zeitgenossin von Fridtjof Nansen

Anne Macy ist gestorben. Sie war die Lehrerin von Helen Keller. Die Arbeit ihres Lebens war, einem Menschen, der blind und taubstumm geboren war, die Welt seiner Mitmenschen zu erschließen. Sie muß zu den Pädagogen vom Stamm eines Pestalozzi gehört haben, deren Ingenium sich an der äußersten Bedürftigkeit und Verlassenheit menschlicher Geschöpfe entzündet.

Ähnliches begegnet bei Religionsstiftern. Und wird die Welt, in die Helen Keller durch ihre Lehrerin eingeführt worden ist – die Welt ihrer Lehrerin – nicht bald in weiter Ferne, religiös verklärt vor uns schweben? Mag es auch in Wirklichkeit die des hausbackenen bürgerlichen Humanismus von der Wende des vorigen Jahrhunderts gewesen sein. Vielleicht erinnert noch mancher die schmalen, violett eingebundenen Bücher, in denen Helen Keller sich auf die Welt, der sie an der Hand ihrer Lehrerin auf endloser Wanderung entgegen gegangen war, ihren Vers gemacht hat. Dieser Vers war kein sehr tiefer und kein sehr klangvoller. Aber welches Gewicht hatten nicht Worte wie »Glück« und »Glaube«, »Ziel« und »Zukunft« bei einer Reisenden, die von so weit herkam! Und in welchem Lichte muß die Epoche, in der solche Expedition »durch Nacht und Eis« unternommen und durchgeführt worden ist, vor unseren Augen stehen, die für Millionen das nahen sehen, wovor eine Einzige zu retten 1887 noch das Ziel eines Lebens werden konnte.