871. Klug¹⁾. Weise²⁾. Verständig³⁾.
Gescheit⁴⁾.
Verständig (Gegens. unverständig) heißt der, welcher bei allem, was er wahrnimmt, redet und tut, den Verstand gebraucht und nicht dabei aufs Geratewohl verfährt; er bringt das, was er wahrnimmt, in Verbindung mit dem früher Wahrgenommenen und ordnet es demselben bei; er verwendet diese Wahrnehmungen bei dem, was er redet und tut, und entwickelt sich daraus gewisse Regeln seines Handelns. Ein Kind spielt verständig, wenn es das Spielzeug nicht zerstört, nicht tobt, schreit und lärmt, sondern dabei gewisse Regeln des Verhaltens beobachtet, über die es seine Eltern belehrt haben. Gescheit (mhd, geschîde, gescheit, schlau, von mhd. schîden, einer Nebenform zu scheiden; eig. einer, der zu scheiden versteht) ist der, dessen Verstand in besonders lebhafter Weise tätig ist, der geistige Gewandtheit besitzt, schnell faßt und das Erfaßte schnell und geschickt anwendet (Gegens. dumm). „Wär’ der Gedank’ nicht so verwünscht gescheit, | man wär’ versucht, ihn herzlich dumm zu nennen.“ Schiller, Picc. II, 7. Klug (mhd. kluoc, eig. fein, zierlich, zart) bezeichnet einen, der von scharfem Verstande ist und klare Einsicht in die ihn umgebende Welt hat. Der Kluge stellt seinen scharfen Geist vorwiegend in den Dienst weltlicher Dinge, besonders des eigenen Nutzens. Der Weise dagegen stellt seinen hochgebildeten Verstand in den Dienst des Geistigen und des höheren Zusammenhangs der Dinge. Weise steht daher höher als klug. Der Gegensatz von weise ist töricht, von klug unklug oder närrisch. „Man kann die Geschicklichkeit in der Wahl der Mittel zu seinem eigenen größten Wohlsein Klugheit im engsten Verstande nennen.“ Kant IV, 37. „Sal. Ich habe längst gewünscht, den Mann zu kennen, | den es (das Volk) den Weisen nennt. Nath. Und wenn es ihn | zum Spott so nennte? Wenn dem Volke weise | nichts weiter war’ als klug? und klug nur der, | der sich auf seinen Vorteil gut versteht? Sal. Auf seinen wahren Vorteil, meinst du doch? Nath. Dann freilich war der Eigennützigste | der Klügste. Dann war’ freilich klug und | weise nur eins.“ usw. Lessing, Nath. III, 5.