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Flegeljahre

Flegeljahre, Eine Biographie (1804—05). Dieser Titel eines Jean Paulschen Dichtwerks wurde zum Schlagwort für das Übergangsstadium des Knaben zum Jüngling, dann überhaupt für jede Entwicklungskrise bis zur freiesten Übertragung. Das DWb. belegt vorher schon die verwandte Bildung Flegeltage aus demselben Dichter, und zwar aus seinem „Siebenkäs“ (1796), 2. Bd. 5. Kap.: „Wenn der Mensch über die Tölpeljahre hinüber ist, so hat er noch jährlich einige Tölpelwochen und Flegeltage zurückzulegen.“ Ferner auch Flegeljahrzehent, eine spätere Zusammensetzung.

Mit Behagen griff Theod. Mundt den Ausdruck auf in f. Modernen Lebenswirren (1834) S. 31 f., indem er schrieb: „Die liberalen Bestrebungen sind die wahren Flegeljahre der Völker, köstlich, frisch, übermütig, jugendkeck, hoffnungsreich und in den Himmel hineinwachsend, wie Jean Paulsche, die sie gewiß mehr als einmal gelesen haben werden. Eine Nation muss auch ihre liberalen Flegeljahre gehabt haben, wie ein großer Mann einmal Universitätsstreiche gemacht und im Karzer gesessen haben muß.“

Ähnlich Prutz, kl. Schr. 2, 7 f.: „Dies unbestimmte Sehnen und Drängen, dieses rasche Ergreifen, raschere Fallenlassen, diese Unbeständigkeit, Unsicherheit, Unklarheit, die wir bei heranwachsenden jungen Leuten wahrzunehmen pflegen — sollten die Völker in ihrer historischen Entwicklung nicht vielleicht ähnlichen Krisen unterworfen sein?“ Sanders 1, 832c. zitiert: „Flegeljahre der Schriftstellerei“ bei Börne, „Flegeljahre der Volksherrschaft“ bei Heinr. König, „Mädchenflegeljahre“ bei Gottfr. Keller. Als Buchtitel erscheint Flegeljahre der Liebe (Recl. 3619).