Vorurteil
Vorurteil. Vorurteile sind „vorläufige Urteile, insofern sie als Grundsätze angenommen werden. — Ein jedes Vorurteil ist als ein Prinzip irriger Urteile anzusehen,und aus Vorurteilen entspringen nicht Vorurteile, sondern irrige Urteile. — Man muß daher die falsche Erkenntnis, die aus dem Vorurteile entspringt, von ihrer Quelle, dem Vorurteil selbst, unterscheiden.“ „Zuweilen sind die Vorurteile wahre vorläufige Urteile, nur daß sie uns als Grundsätze oder als bestimmende Urteile gelten, ist unrecht. Die Ursache von dieser Täuschung ist darin zu suchen, daß subjektive Gründe fälschlich für objektive gehalten werden, aus Mangel an Überlegung, die allem Urteilen vorhergehen muß. Denn können wir auch manche Erkenntnisse, z. B. die unmittelbar gewissen Sätze, annehmen, ohne sie zu untersuchen, d. h. ohne die Bedingungen ihrer Wahrheit zu prüfen; so können und dürfen wir doch über nichts urteilen, ohne zu überlegen, d. h. ohne eine Erkenntnis mit der Erkenntniskraft, woraus sie entspringen soll (der Sinnlichkeit oder dem Verstände), zu vergleichen.“ „Die Hauptquellen der Vorurteile sind: Nachahmung, Gewohnheit und Neigung“, Log. Einl. IX (IV 83 f.). Es gibt Vorurteile des Ansehens (der Person, der Menge, des Zeitalters), und aus Eigenliebe oder „logischem Egoismus“, „nach welchem man die Übereinstimmung des eigenen Urteiles mit den Urteilen anderer für ein entbehrliches Kriterium der Wahrheit hält“, ibid. (IV 86 ff.). Vorurteile „sind Urteile, die dem Verstand zuvorkommen und da dieser nachher zu spät kommt. Der Verstand ist anfangs passiv“, N 2532. Vorurteil ist „ein Grundsatz aus subjektiven Ursachen der Sinnlichkeit, welcher fälschlich für objektive Gründe des Verstandes gehalten werden“. N 2533; „die Vertauschung einer allgemein wirkenden subjektiven Ursache des Urteils mit dem objektiven Grunde“, N 2539. Vgl. Schein, Irrtum, Aberglaube, Dogmatismus.