Meerrettich
Meerrettich. In Dr. Schlegel’s neuer Gartenzeitung v. J. 1835 wird Folgendes erzählt: „Ein Kind von fünf Jahren, das eben an dem Keuchhusten heftig litt, schien plötzlich durch die Heftigkeit desselben, und das darauf erfolgte Blutvergießen aus der Lunge und Nase apoplektisch gestorben zu sein. Ungefähr eine Viertelstunde nach diesem Vorfall wurde Dr. Schlegel herbeigerufen und fand das Kind völlig, wie ganz entseelt; kein Zeichen des Lebens war mehr an demselben: kein Atem, kein Pulsschlag, die Füße und Hände kalt, und ob es gleich in einem warmen Zimmer lag, kein Herzschlag, kurz, Nichts, was eine Spur des Lebens verraten hätte. Im offenen Mund fand sich geronnenes Blut. Dr. Schlegel traf es also ganz ohne Hoffnung. Da er es aber durchaus nicht eher verlassen wollte und sollte, bis er nicht alle mögliche Mittel versucht hätte, so nahm er das geronnene Blut aus dem Munde, tröpfelte ihm etwas laues Wasser ein, wickelte das Kind von den Füßen bis an den Kopf ganz in frisch geriebenen Meerrettich, und gab ihm dann öfters laues Wasser, welches aber nur bis in den Hals zu dringen schien. Nach ungefähr acht Minuten wurde das Kind über den ganzen Körper rot, kam wieder zu sich und lebt noch.“
Dies ist also immer ein merkwürdiges Beispiel der erregenden Kraft dieser Wurzel. Indessen ist auch die Wirkung derselben, äußerlich angewendet, sehr schnell; und bekannt ist ja die Wirksamkeit des äußerlichen Auflegens auf die Haut und des Einreibens starker durchdringender Reizmittel. Der Meerrettich leistet aber durch seinen heftigen Reiz ungleich mehr in viel kürzerer Zeit, als andere ähnliche Mittel. Er bedarf oft nur weniger Minuten, sich wirksam zu beweisen. Er vermehrt Wärme und Ausdünstung örtlich und allgemein, hebt den Puls und setzt selbst die Respirationswerkzeuge in große Tätigkeit. Freilich verursacht er, äußerlich angewendet heftige Schmerzen, aber dafür, nimmt er auch die heftigsten Schmerzen in kurzer Zeit weg; er erhebt die Lebenskräfte, wenn sie auch bis zur niedrigsten Stufe gesunken sind, bricht, wenn er Dreiviertel- bis eine ganze Stunde liegen bleibt, einen Schweiß hervor, den man oft durch ein noch so anhaltend reizendes, durchdringendes Mittel nicht zu Stande bringen kann, und leistet daher von außen das, was Serpentaria, Angelika, Valeriana, Kampfer, Moschus u. dergl. Mittel von innen bewirken.
Schlegel bedient sich des Meerrettichs schon seit vielen Jahren mit dem auffallendsten Erfolg. Auf diese äußere Anwendung sah er nicht selten beim heftigsten Husten Wirkungen, wie vom heilsamen Opiate, nämlich schnellen Nachlass desselben und befördernden Auswurf; durch wiederholtes Auflegen verschwanden chronische Entzündungen und die heftigsten, drückend stechenden Brustschmerzen mit blutigem Auswurf, Angst und Beklommenheit. Man legt ihn außen auf die schmerzhafteste Stelle der Brust. Die empfindlichsten Kopfschmerzen verloren sich nicht selten nach Auflegung in kurzer Zeit, was ebenfalls beim Rheumatismus, rheumatischen Augenentzündungen, dort unmittelbar auf die schmerzhafte Stelle, hier in den Nacken gelegt, der Erfolg war. Eben so bringt man diejenigen, die durch Erschöpfung der Lebenskraft in Ohnmacht gesunken, oder in tiefen Schlaf gefallen, oder erstickt sind, durch solches Mittel bald wieder zur Besinnung, zumal wenn man es frisch wieder auf die nämliche Stelle anwendet. Tiefsinn sah Schlegel mehrmals dadurch bis zur ausgelassensten Munterkeit belebt werden. Anstatt der gewöhnlichen belebenden Riechmittel wird es auch mit dem besten Erfolge benutzt Bei zurückgetretenem Podagra, welches heftige Kolik und Urinverhaltung zur Folge hatte, wirkte er, im Fußbad gebraucht, vortrefflich, indem er beide in kurzer Zeit hob. Das vorher laue, im Kurzen aber erkaltete Wasser scheint dem Kranken, wenn der geriebene Meerrettich erst dann hineingemischt wird, wenn das Wasser schon kalt ist, oder der darin befindliche eben zu wirken anfängt, heiß zu werden. Bei zurückgetretenen Fußschweißen erreicht man oft durch ihn den Zweck durch Gebrauch in den Fußbädern, wo man ihn aber reichlich zusetzen muss. Bei Brustwassersüchtigen an die Füße gelegt, vermindert er die Beängstigungen. (Vgl. Arundo Calamagrostis und Gewürze S. 26 und S. 235.)