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Metasynkritische Heilmethode

Metasynkritische Heilmethode. Erst in der neuesten Zeit ist man zu der richtigen Erkenntnis gekommen, dass die Naturheilkraft allein und ohne kräftige Unterstützung von Seiten der Heilkunst selten im Stande ist, veraltete, eingewurzelte Leiden: als Flechten, konstitutionelle oder sekundäre Venusseuche, Aussatz, veraltete Gicht, solche Fehler der Leber, der Milz, Infarkten u. s. w. zu heilen. Die Methodiker unter den Ärzten, welche Sekte fast drei Jahrhunderte lang (91 Jahr vor Chr. bis 222 Jahr nach Chr., wo Aurelian lebte) sich hielt, waren die ersten, welche durch diese Heilmethode, durch die sogenannte Rekorporation, d. i. langsam oder tumultuarisch herbeigeführte Umwandlung des gesamten Lebensprozesses und Verbesserung der krankhaften Säfte durch strenge Diät, Baden, Wassertrinken, Schwitzen, Reisen u. s. w., Wunderkuren verrichteten. Die ungemeine Wichtigkeit dieser Kuren kennt jeder Arzt. Auch der Dr. Hlawaczek m Karlsbad hat sich jüngst darüber ausgesprochen (s. Schmidt’s Jahrbb. d. ges. Medizin. 3. Suppl.-Bd. 1842.178—181). Er unterscheidet drei Arten derselben:

I. Metasynkritisch-revulsorische Heilmethode. Durch diese beabsichtigt der Heilkünstler nicht nur eine allgemeine Umstimmung des Lebensprozesses und Umwandlung der organischen Materie, sondern auch zugleich die künstliche Reizung einer bestimmten organischen Sphäre: nicht, um dadurch eine Veränderung ihres Sekretions- und Exkretionszustandes herbeizuführen, oder mit anderen Worten, nicht, um durch diese künstliche Reizung den Krankheitsprozess von dem ursprünglich kranken Organe abzuleiten, sondern um vom künstlich affizierten Organe auf das primär krankhaft ergriffene einen Reiz hinzulenken, und dadurch in demselben eine Veränderung des inneren Zustandes zu erregen. —

1) Die sogenannte Ekelkur. Sie leistet die vorzüglichsten Dienste gegen reine Neurosen und, nach v. Hildenbrand, besonders auch gegen Seelenstörungen.

2) Die Schmierkur mittelst grauer Quecksilbersalbe erfordert eine starke Körperbeschaffenheit und wird, außer gegen veraltete Syphilis und solche Drüsenleiden, besonders gegen Anlage zu Schlagfluss und gegen Fehler des Vegetationsprozesses gerühmt. Sie erfordert große Umsicht von Seiten des Arztes, zumal bei Neuralgien. Auch durch Jod, Gold, Kupfer, Lebertran können solche metasynkritisch-derivatorische Heilungen bewirkt werden.

II. Metasynkritische Heilmethode ohne alle arzneiliche Einwirkung. Das sicherste Mittel ist hier gänzliche Umänderung der bisherigen Lebensweise. Dabei muss man aber stets dafür Sorge tragen, dass an die Stelle des Gewohnten nicht bloß ein Anderes, sondern auch ein dem schädlich Eingewirkthabenden Entgegengesetztes und dessen nachteilige Wirkungen Tilgendes eingeführt werde. Diese Veränderungen beziehen sich auf des Kranken bisherige Lebensweise in der Diät, in seinen Beschäftigungen, Bewegung und Ruhe, Schlafen und Wachen, selbst auf seine Lokalitätsverhältnisse. Dass durch diese Dinge: durch Verbesserung der Wohnung, des Wohnorts, des Klimas, durch Verwechselung der sitzenden Lebensweise mit täglicher stundenlanger Körperbewegung in freier Luft (s. die Artikel: Jagd, psychische Mittel), durch große Fußreisen u. s. w. die langwierigsten und widerspenstigsten, allen Arzneien trotzenden Krankheiten geheilt werden können und vielfach geheilt worden sind, ist bekannt. Meistenteils wirkt diese Heilmethode langsam, aber um so sicherer; weshalb Vertrauen und Beharrlichkeit notwendige Bedingungen zum Gelingen dieser Kurart sind. — Auch dürfen solche Lebensveränderungen nicht plötzlich und ohne alle Vorbereitungen vorgenommen werden. — Hierher zählt Hlawaczek:

1) das Reisen, und setzt gleichzeitig auseinander, wie die günstige Wirkung desselben von tellurischen, atmosphärischen, kosmischen und von zufälligen Einflüssen und Nebenumständen abhängt. Durch die mannigfaltige Veränderung der Lebensverhältnisse, welche die größere Reise bewirkt, muss auch der Lebensprozess bedeutend umgeändert werden, so dass manche chronische Leiden ohne Arzneien, nur durch eine weitere Reise allein gehoben werden können.

2) Die Hungerkur oder das methodische Fasten, damit Abmagerung erfolge, welcher Zweck am sichersten durch häufigen Genuss säuerlicher Früchte und Gemüse erreicht wird. Man lässt erst die gewohnte Fleisch- und Pflanzenkost vermindern und nimmt dann dem Kranken nach und nach die Fleischkost, so dass er später bloß Gemüse und etwas Brot bekommt. Nun bleibt auch das Brot weg und er genießt endlich bloß rohe oder gedünstete Äpfel, und zwar nicht mehr, als zur Fristung des Lebens unerlässlich ist, und so lange, bis die Krankheit bedeutend gebessert ist. Zum Getränk dient frisches, kaltes Wasser in beliebiger Menge, jedoch nicht bis zur Belästigung genommen. Zu Anfange der Kur lässt man ein gelindes Abführungsmitte], ein oder mehrere Male, während der Kranke die wenigste Nahrung zu sich nimmt, dann und wann einige Tropfen eines aromatisch-weingeistigen Mittels zur Labung nehmen, und kehrt nach beendeter Kur allmählich wieder zur gewohnten Nahrung zurück. Von Nutzen ist diese Behandlung vorzüglich bei Neigung zu Entzündungskrankheiten und Blutflüssen, aus Vollsaftigkeit, bei Syphilis, Gicht, Anschwellung der Unterleibseingeweide, bei veralteten Flechten u. s. w. (s. die Artikel: Frühlingskuren, Hungerkur, Milchdiät.)

3) Die Wasserkuren. Das kalte Wasser, mit Beharrlichkeit innerlich und äußerlich angewendet, hält H. mit Recht für das mächtigste metasynkritische Heilmittel, so dass es von allen Mitteln zunächst als Universalmittel gelten kann. Wir verweisen hier auf den Artikel Wasser.

Nach H. gibt man das kalte Wasser in kleinen Portionen, in kurzen und immer kürzern Zeiträumen, anfänglich in den Morgenstunden, endlich den größten Teil des Tages, bis eine Stunde vor Schlafengehen. — Als Klistier wird es am zweckmäßigsten täglich vor dem Schlafengehen genommen bei hartnäckiger, langwieriger Stuhlverstopfung, bei chronischem Durchfall in Folge von Schwäche der Darmschleimhäute, bei Hämorrhoidal- und Menstrualbeschwerden, bei häufigen Pollutionen u. s. w. Damit es nicht schnell wieder abgehe, entledige man sich vorher des Darminhalts, nehme das Wasser anfangs nur lauwarm und in kleiner Quantität, gehe nur allmählich zu kälterem Wasser und größeren Mengen über, setze das Klistier auch langsam u. s. w. (s. Klistier). — Kalte Ganzbäder werden am besten in Flüssen genommen. Man verlässt das Bad, sobald man zu frieren beginnt. Kalte Sitzbäder, wo das Wasser bis unter den Nabel reicht, während Oberleib und Füße bekleidet bleiben, sollen gegen die genannten Übel (s. Wasser) nach H., wenn das Wasser 6°—8° Wärme hat, nur fünf bis zehn Minuten lang genommen werden.

III. Die Schwitzkuren. Hierher rechnet H.

1) die in den sogenannten Wasserheilanstalten üblichen Kuren der Art (s. Wasser), wobei er bemerkt, dass man den in Decken eingehüllten Kranken noch mit einem Tuch, woran Bänder befindlich, umgeben soll, damit die Decken fest anschließen; auch soll man ihm ein Harnglas zwischen die Schenkel schieben, damit er unaufgedeckt sein Bedürfnis zum Urinieren befriedigen kann. Merkwürdig ist, dass bei dieser, mit zweckmäßiger Diät und innerem Gebrauche des kalten Wassers verbundenen, gegen alte Syphilis, Merkurial-Kachexie, alte Skrofeln und Gicht so heilsame Schwitzkur, die Kranken sich in den ersten 8—14 Tagen am besten befinden, in der dritten bis fünften Woche aber fieberhaft und des Nachts unruhig werden, wo dann der Schweiß säuerlich riecht, im Badewasser weißliche Flocken hinterlässt, Furunkeln und Diarrhöe sich einstellen.

2) Die russischen Dampfbäder und die Heißwasserkur des Cadet de Vaux rechnet H. endlich noch hierher (s. die Artikel: Bäder und Wasser).