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Milchdiät, Milchkur

Milchdiät, Milchkur. Obgleich wir über diesen Gegenstand schon oben unsere Mitteilungen gemacht haben (s. Frühlingskuren), so tragen wir dennoch hier folgende Punkte nach. Dr. Schneeman teilt in den Hannoverschen med. Annalen (Bd. 5. Heft 3) unter seinen kleinen Beiträgen zur praktischen Medizin auch über Milchkuren manche richtige Ansichten mit. „Ihre heilsame, heilkräftige Wirkung in gewissen Fällen“ — sagt er mit Recht — „ist zu wenig anerkannt.“ Verf. verschaffte mehreren, durch einen bereits ausgebildeten hohen Grad von Atrophie (wobei besonders habitueller Durchfall das zerstörendste Symptom war) befallenen und mit dem Tode bedrohten Kindern durch eine Wochen lang fortgesetzte methodische Milchkur die volle Lebensblüte. Eben so ausgezeichneten Erfolg sah Verf. davon bei einem, durch Kardialgie und große Verdauungsschwäche sehr herabgekommenen 17jährigen und bei einem zufolge leidenschaftlichen Tanzens in Hysterie mit Zerrüttung der Verdauung verfallenen 24jährigen Mädchen. Von besonders gutem Erfolge sind Milchkuren auch für Personen, welche an unheilbaren Krankheiten der Brustorgane, namentlich an organischen Fehlern des Herzens leiden. Jene große und gewöhnlich das Hauptleiden vermehrende, eine üble Gemütsstimmung hervorrufende Reizbarkeit des Nerven- und Blutsystems, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit u. s. w. werden dadurch wesentlich gebessert, und die dadurch erzielte Besserung schwindet nicht mit dem Schluss der Milchkur gleich wieder, sondern der gute Eindruck dauert meist noch Monate lang fort.

Grossen Nutzen gewähren die Milchkuren vorzüglich auch da, wo durch eine reizlose, die Säfte und Excreta „vor der ihnen sonst eignen Schärfe bewahrende Diät etwas zu erreichen ist. Unter Anderem nennt Schneemann hier nur den Tripper bei beiden Geschlechtern. Er sagt: „Wer zum Gebrauche einer Milchkur sich entschließt, kann darauf rechnen, dass sein Tripper binnen 14 Tagen beseitigt sein wird, hat aber während dieser Zeit weder Schmerz beim Urinieren, noch ein anderes unangenehmes Symptom zu fürchten und braucht nur in den letzten acht Tagen einen starken Teelöffel Kubeben, viermal täglich, zu nehmen. Die Krankheit, wenn sie irgend neu ist, weicht diesem Verfahren ganz gewiss. Entzündete Hämorrhoidalknoten, Strangurie und andere Urinbeschwerden, Darmkolik von scharfer Galle oder zu sehr gesteigerter Sensibilität des Darmkanals, werden teils dadurch gebessert, teils geheilt.“ Diese Heilmethode besteht in Folgendem:

a) Des Verf. Erfahrungen betreffen allein die frische, nicht gekochte Kuhmilch, welche Morgens sechs, Mittags zwölf und Abends sechs Uhr frisch gemolken, noch warm, in der Menge von einem Quart, jedesmal genossen wird. Außer diesen drei Hauptmahlzeiten trinkt der Kranke Milch mit ungekochtem Wasser zu gleichen Teilen versetzt, so viel ihm beliebt.

b) Bei schweren Krankheiten ist nur dann ein erheblicher Nutzen zu erwarten, wenn die Milch mit Ausschluss aller Speisen und Getränke längere Zeit gebraucht wird. Dies ist mitunter schwer durchzusetzen, wenigstens bei Erwachsenen, wo Verf. öfters genötigt war, täglich den Genuss von etwas Semmel zu gestatten.

c) Es ist für den Erfolg der Kur durchaus notwendig, wenigstens sieben bis acht Wochen damit fortzufahren, wenn gleich die wohltätigen Folgen derselben viel früher zu erscheinen pflegen. Nur da, wo die Milchkur zur Beihilfe einer anderen Kur benutzt wird, hört dieselbe früher, mit dem getilgten Übel, auf, wie etwa bei Tripper. In solchen Fällen kann auch, unbeschadet des Erfolges, etwas Weißbrot mit Milch genossen werden.

d) Während der Milchkur müssen andere Medikamente wo möglich wegbleiben. Am Schluss des Abschnitts erwähnt Verf. noch in zwei Fällen erfahrenen wesentlichen Nutzen der Milchkuren zur Beseitigung von solchen Seelenstörungen, die sich aus Hysterie entwickelt haben. (Vgl. die Artikel Andorn, weißer, und Mittel, eiweiß- und gallertartige.)