1072. Mondsüchtiger¹⁾. Nachtwandler²⁾.
Die Mondsucht (von altem Sucht, d. i. Krankheit, vgl. siech, krank) ist eine Erkrankung der Nerven, die sich darin äußert, daß jemand durch den Einfluß des hellen Mondlichts veranlaßt wird, diesem im Schlafe nachzugehen, so daß er sogar durch das Fenster auf das Dach steigen und dort wandeln kann, angezogen vom Mondlichte. Da man beobachtete, daß dieses Schlafwandeln mit dem zunehmenden Monde zu-, mit dem abnehmenden abnahm, so benannte man das Leiden nach dem Monde.
Nachtwandeln dagegen bezeichnet nur eine Folge dieser Krankheit, durch die sie in Erscheinung tritt. Es kann jemand auch aus anderen Gründen ein Nachtwandler sein. Das Wort hat daher auch eine allgemeinere Bedeutung und kann einen bezeichnen, der aus lebhafter Beschäftigung mit geistigen Problemen des Nachts wandelt, oder den ein lebhafter Traum zum Nachtwandeln veranlaßt, ohne daß der Mond oder die Mondsucht dabei im Spiele wäre. „Noctu ambulabat Themistocles, quod somnum capere non posset“ heißt es im Cornelius Nepos.