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Schaukelpolitik

Schaukelpolitik. Dieses moderne Tadelswort einer wankelmütigen oder unsicher tastenden Regierung ist aus dem älteren Ausdruck Schaukelsystem entwickelt worden, den Gombert ZfdW. 3, 329 zuerst bei Görres (1821) belegt. Gleichzeitig mit Pfizer schreibt auch Börne 10, 93 (1831): „Die Franzosen haben kein Temperament zum Juste-Milieu. Was wir jetzt sehen, ist nur ein künstliches Schaukelsystem, das keine Dauer haben wird.“ Dass ein solches mundgerechtes Schlagwort in dem Revolutionsjahr 1848 neuen Impuls erhielt, ist einleuchtend und von Gombert durch eine Zeitungsstelle bestätigt worden.

Er erinnert ferner an Radowitz, Neue Gespräche aus der Gegenwart 2, 173 (1851): „Ich verstehe unter diesem Schaukelsystem ein solches, das sich aus allen Parteien ein Stück aussucht und aus den entlehnten Lappen dann sein Gewand zusammensetzt: etwas schwarz-weiß, etwas schwarz-rot-gold, ja auch etwas rot, in reichster Mannigfaltigkeit, sehr bequem und nach neuestem Schnitte.“

Vergl. Bamberger 5, 338 f. (1891): „Dasselbe Schaukelspiel hatte sich im Laufe der Jahre in zahllosen anderen Experimenten wiederholt. Als letztes Andenken haben wir die Kolonialpolitik behalten, das Urbild politischer Momentphotographie.“

Das moderne Stichwort selbst ist mir bei Brennert (1898) S. 60 begegnet, welcher von der „Schaukelpolitik“ des „englischen Vetters“ unter den Modeworten berichtet.