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Stimmvieh

Stimmvieh dringt als eine verächtliche Bezeichnung kritikloser Wählermassen in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts von Amerika herüber nach Deutschland und wird in gleicher Bedeutung besonders zum politischen Hohnwort. Blankenburg, Die inneren Kämpfe der nordamerikanischen Nation (1869) S. 41 berichtet über Deutsche und Iren in Amerika: „Die Eingewanderten wurden mit dem Namen Stimmochsen (voting cattle) belegt, was sie natürlich nur noch mehr anregte, mit der demokratischen Partei zu gehen.“ Vergl. Sanders, Ergb. S. 588.

Auch Nietzsche verwendet 5, 322 (1887) den Ausdruck, um den nivellierenden Einfluß der großen Anzahl der Theaterbesucher zu charakterisieren: „Da ist man Volk, Publikum, Heerde, Weib, Pharisäer, Stimmvieh, Demokrat, Nächster, Mitmensch.“ Besonders auf die Arbeitermengen, die im Banne sozialdemokratischer Führer stehen, wird das böse Scheltwort oft angewandt. Siehe z. B. eine Äußerung in der Zukunft 32, 242 f. (1900) über „die Menge, die ein unparlamentarischer Ausdruck jetzt „Stimmvieh“ nennt, die ohne eigenes Verständnis und Interesse einigen geschickten Schreiern zu Mandaten und Würden verhilft.“