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Gefahr im Reichtum

310.

Gefahr im Reichtum. — Nur wer Geist hat, sollte Besitz haben: sonst ist der Besitz gemeingefährlich. Der Besitzende nämlich, der von der freien Zeit, welche der Besitz ihm gewähren könnte, keinen Gebrauch zu machen versteht, wird immer fortfahren, nach Besitz zu streben: dieses Streben wird seine Unterhaltung, seine Kriegslist im Kampf mit der Langeweile sein. So entsteht zuletzt, aus mäßigem Besitz, welcher dem Geistigen genügen würde, der eigentliche Reichtum: und zwar als das gleissende Ergebnis geistiger Unselbständigkeit und Armut. Nur erscheint er eben ganz anders, als seine armselige Abkunft erwarten lässt, weil er sich mit Bildung und Kunst maskieren kann: er kann eben die Maske kaufen. Dadurch erweckt er Neid bei den Ärmeren und Ungebildeten — welche im Grunde immer die Bildung beneiden und in der Maske nicht die Maske sehen — und bereitet allmählich eine soziale Umwälzung vor: denn vergoldete Roheit und schauspielerisches Sich-Blähen im angeblichen „Genusse der Kultur“ gibt jenen den Gedanken ein „es liegt nur am Gelde“, — während allerdings etwas am Gelde liegt, aber viel mehr am Geiste.