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Im Spiegel der Natur

49.

Im Spiegel der Natur. — Ist ein Mensch nicht ziemlich genau beschrieben, wenn man hört, dass er gern zwischen gelben hohen Kornfeldern geht, dass er die Waldes- und Blumenfarben des abglühenden und vergilbten Herbstes allen andern vorzieht, weil sie auf Schöneres hindeuten als der Natur je gelingt, dass er unter großen fettblättrigen Nussbäumen sich ganz heimisch wie unter Blutsverwandten fühlt, dass im Gebirge seine größte Freude ist, jenen kleinen abgelegenen Seen zu begegnen, aus denen ihn die Einsamkeit selber mit ihren Augen anzusehen scheint, dass er jene graue Ruhe der Nebel-Dämmerung liebt, welche an Herbst- und Frühwinter-Abenden an die Fenster heranschleicht und jedes seelenlose Geräusch wie mit Samtvorhängen ausschließt, dass er unbehauenes Gestein als übrig gebliebene, der Sprache begierige Zeugen der Vorzeit empfindet und von Kind an verehrt, und zuletzt, dass ihm das Meer mit seiner beweglichen Schlangenhaut und Raubtier-Schönheit fremd ist und bleibt? — Ja, etwas von diesem Menschen ist allerdings damit beschrieben: aber der Spiegel der Natur sagt nichts darüber, dass derselbe Mensch, bei aller seiner idyllischen Empfindsamkeit (und nicht einmal „trotz ihrer“), ziemlich lieblos, knauserig und eingebildet sein könnte. Horaz, der sich auf dergleichen Dinge verstand, hat das zarteste Gefühl für das Landleben einem römischen Wucherer in Mund und Seele gelegt, in dem berühmten „beatus ille qui procul negotiis“.