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Wie man stirbt, ist gleichgültig

88.

Wie man stirbt, ist gleichgültig. — Die ganze Art, wie ein Mensch während seines vollen Lebens, seiner blühenden Kraft an den Tod denkt, ist freilich sehr sprechend und zeugnisgebend für das, was man seinen Charakter nennt; aber die Stunde des Sterbens selber, seine Haltung auf dem Totenbette ist fast gleichgültig dafür. Die Erschöpfung des ablaufenden Daseins, namentlich wenn alte Leute sterben, die unregelmäßige oder unzureichende Ernährung des Gehirns während dieser letzten Zeit, das gelegentlich sehr Gewaltsame des Schmerzes, das Unerprobte und Neue des ganzen Zustandes und gar zu häufig der An- und Rückfall von abergläubischen Eindrücken und Beängstigungen, als ob am Sterben viel gelegen sei und hier Brücken schauerlichster Art überschritten würden, — dies alles erlaubt es nicht, das Sterben als Zeugnis über den Lebenden zu benutzen. Auch ist es nicht wahr, dass der Sterbende im allgemeinen ehrlicher wäre als der Lebende: vielmehr wird fast jeder durch die feierliche Haltung der Umgebenden, die zurückgehaltnen oder fließenden Tränen- und Gefühlsbäche zu einer bald bewussten, bald unbewussten Komödie der Eitelkeit verführt. Der Ernst, mit dem jeder Sterbende behandelt wird, ist gewiss gar manchem armen verachteten Teufel der feinste Genuss seines ganzen Lebens und eine Art Schadenersatz und Abschlagszahlung für viele Entbehrungen gewesen.