Wieland, J. G. Jacobi
Anhangsweise sei an dieser Stelle noch der ziemlich äußerlich gebliebenen Beziehungen zu zwei anderen Dichtern der Zeit gedacht: Wieland und Johann Georg Jacobi. Wieland, seit kurzem in Weimar, hatte seine frivolste Periode jetzt hinter sich und wollte in einer neu zu gründenden Vierteljahrsschrift, dem 'Teutschen Merkur" dem Durchschnittsbedürfnis des damaligen deutschen Mittelstandes entsprechend, für Aufklärung und "feinen Geschmack" in seinem Sinne wirken; entgegen dem Bardenunwesen der Klopstockianer auf der einen, dem Kraftmeiertum und Gefühlsüberschwang der "Originalgenies" auf der anderen Seite. Im ganzen konnte ja eine solche Tendenz Kant nur sympathisch sein. Als Wieland ihn am 25. Dezember 1772 in einem höflichen Schreiben ersuchte, einen Prospekt oder, wie man damals sagte, ein "Avertissement", betreffend die demnächst erscheinende Zeitschrift zu verbreiten und Abonnenten dafür zu sammeln, empfahl er ihm seinen Hauswirt und Verleger Kanter als Kollektor. Daraufhin wurde der Weimar'sche Hofrat wärmer und bat in der schmeichelhaftesten Art um Kants Mitarbeit, "je öfter je lieber". Auch werde er, obwohl er "jede Produktion des Genies an sich für ebenso unbezahlbar halte als ein Gemälde von Raphael", Kants Beiträge "besser als irgendein Sosius *) in der Welt" honorieren (an Kant, 1. Februar 1773). Der Philosoph hat sich indes dadurch nicht zu einem Beitrag bestimmen lassen, erst anderthalb Jahrzehnte später ist es dazu gekommen. Kant lobt in dieser Zeit einmal den Schwung von Wielands Perioden (XV, S. 357), rühmt auch später gelegentlich in einem höflichen Briefe an Wielands Schwiegersohn Reinhold die "unnachahmlichen" Schriften seines Herrn Schwiegervaters, konnte sich aber nicht einmal zur Bewunderung von Wielands berühmtestem Gedicht, dem 'Oberon', aufschwingen.
Ähnlich gefällig erwies er sich dem Halberstädter Kanonikus und Damendichter Johann Georg Jacobi, als dieser ihn am 27. Februar 1774 bat, die Ankündigung seines demnächst erscheinenden "Frauenzimmer-Journals" Iris in Königsberg zu verbreiten, mit der Versicherung: das Mädchen Iris werde bedacht sein, "auch mitten in dem Zirkel anderer Mädchen, nichts der tieferen Weisheit eines Mannes Verächtliches zu sagen, nicht immer unter Blumen zu spielen". Und, wie die griechischen Weisen "dann und wann die Damen ihrer Zeit besucht" hätten, so möge auch der "teuerste Herr Professor" die Iris zuweilen mit seinem Rate unterstützen. Der ersten Bitte wenigstens kam, wie wir erst seit einigen Jahren wissen, der gefällige Philosoph durch eine am 21. März d. J. in dem Kanterschen Blatt veröffentlichte "Nachricht"**) nach, die mit dem Satze begann: "Die Verfasser gelehrter Tagebücher haben bei ihren Planen noch immer keine Rücksicht auf ein Geschlecht getragen, welches durch seinen sich verfeinernden Geschmack und erweitertere Wißbegierde in diesem Punkte besondere Aufmerksamkeit zu erwarten scheint," und ankündigte, die 'Iris' wolle "ebenso den Damen die Neuigkeiten zutragen, die sie interessieren, als es Merkur bis dahin bei den Männern verrichtet hat". Das Adressieren etwaiger Subskriptionen habe Herr Prof. Kant der Kanterschen Buchhandlung übertragen. Weitere Beziehungen Kants zu dem älteren Bruder Friedr. Heinr. Jacobis sind nicht bekannt.
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*) = Buchhändler (kommt als solcher bei Horaz vor).
**) Aufgefunden durch A. Warda und wieder abgedruckt in der Königsb. Hart. Ztg. 16. Nov. 1909.