Zum Hauptinhalt springen

Kosmologischer Gottesbeweis

Kosmologischer Gottesbeweis s. Gott, Gottesbeweise. Der „kosmologische Gottesbeweis“ schließt „von der zum voraus gegebenen unbedingten Notwendigkeit irgendeines Wesens auf dessen unbegrenzte Realität“. Dieser Beweis (bei Leibniz als Argument „a contingentia mundi“) lautet: „Wenn etwas existiert, so muß auch ein schlechterdings notwendiges Wesen existieren. Nun existiere zum mindesten ich selbst; also existiert ein absolutnotwendiges Wesen.“ „Der Untersatz enthält eine Erfahrung, der Obersatz die Schlußfolge aus einer Erfahrung überhaupt auf das Dasein des Notwendigen.“ „Nun schließt der Beweis weiter: das notwendige Wesen kann nur auf eine einzige Art, d. i. in Ansehung aller möglichen entgegengesetzten Prädikate nur durch eines derselben bestimmt werden; folglich muß es durch seinen Begriff durchgängig bestimmt sein. Nun ist nur ein einziger Begriff von einem Dinge möglich, der dasselbe a priori durchgängig bestimmt, nämlich der des entis realissimi; also ist der Begriff des allerrealsten Wesens der einzige, dadurch ein notwendiges Wesen gedacht werden kann, d. i. es existiert ein höchstes Wesen notwendigerweise.“ In diesem Beweise kommen viele „vernünftelnde Grundsätze“ zusammen: 1. „Der transzendentale Grundsatz, vom Zufälligen auf eine Ursache zu schließen, welcher nur in der Sinnenwelt von Bedeutung ist.“ 2. „Der Schluß, von der Unmöglichkeit einer unendlichen Reihe über einander gegebener Ursachen in der Sinnenwelt auf eine erste Ursache zu schließen, wozu uns die Prinzipien des Vernunft-gebrauchs selbst in der Erfahrung nicht berechtigen, viel weniger diesen Grundsatz über dieselbe ... ausdehnen können.“ 3. „Die falsche Selbstbefriedigung der Vernunft in Ansehung der Vollendung dieser Reihe, dadurch, daß man endlich alle Bedingung, ohne welche doch kein Begriff einer Notwendigkeit stattfinden kann, wegschafft, und da man alsdann nichts weiter begreifen kann, dieses für eine Vollendung seines Begriffs annimmt.“ 4. „Die Verwechslung der logischen Möglichkeit eines Begriffs von aller vereinigten Realität (ohne inneren Widerspruch) mit der transzendentalen, welche ein Principiuni der Tunlichkeit einer solchen Synthesis bedarf, das aber wiederum nur auf das Feld möglicher Erfahrungen gehen kann, usw.“ Man setzt überdies voraus, aus dem Begriff eines Wesens von der höchsten Realität lasse sich auf die Notwendigkeit im Dasein schließen und stützt sich also auf das ontologische (s. d.) Argument, das man vermeiden wollte und das hinfällig ist, KrV tr. Dial. 2. B. 3. H. 5. Abs. (I 520—Rc 659 ff.). „Es mag wohl erlaubt sein, das Dasein eines Wesens von der höchsten Zulänglichkeit als Ursache zu allen möglichen Wirkungen anzunehmen, um der Vernunft die Einheit der Erklärungsgründe, welche sie sucht, zu erleichtern. Allein, sich so viel herauszunehmen, daß man sogar sage: ein solches Wesen existiert notwendig, ist nicht mehr die bescheidene Äußerung einer erlaubten Hypothese, sondern die dreiste Anmaßung einer apodiktischen Gewißheit.“ „Die unbedingte Notwendigkeit, die wir als den letzten Träger aller Dinge, so unentbehrlich bedürfen, ist der wahre Abgrund für die menschliche Vernunft.“ „Hier sinkt alles unter uns“, ibid. (I 526 f.—Rc 666 f.). Notwendigkeit und Zufälligkeit betreffen nicht die Dinge selbst. Die Idee des absolut Notwendigen (s. d.) ist nur von „regulativer“ Bedeutung. Das Absolutnotwendige muß außerhalb der Welt angenommen werden, aber nur als „Prinzip der größtmöglichen Einheit der Erscheinungen, als deren oberster Grund“. Wir müssen die Erscheinungen voneinander so ableiten, „als ob es kein notwendiges Wesen gäbe“, und dennoch immer zur Vollständigkeit der Ableitung streben, „als ob“ ein solches Wesen als oberster Grund vorausgesetzt wäre, ibid. Erklärung des dialektischen Scheins.. (I 529 ff.—Rc. 669 ff.).

Der kosmologische Beweis versucht die Erweiterung der Erkenntnis nicht durch bloße Begriffe a priori, sondern geht von der Erfahrung eines Existierenden überhaupt aus, von dem aus er schließt. „Weil alle Existenz entweder notwendig oder zufällig sein müsse. die letztere aber immer eine Ursache voraussetzt, die nur in einem nicht zufälligen, mithin in einem notwendigen Wesen ihren vollständigen Grund haben könne, so existiere irgendein Wesen von der letzteren Naturbeschaffenheit.“ Dies ist „ein Fortschritt der Metaphysik durch die Hintertüre. Sie will a priori beweisen und legt doch ein empirisches Datum zum Grunde“. „Wenn aber, den Satz eingeräumt, daß irgend etwas schlechterdingsnotwendig existiere, gleichwohl ebenso gewiß ist, daß wir uns schlechterdings keinen Begriff von irgendeinem Dinge, das so existiere, machen und also dieses als ein solches nach seiner Naturbeschaffenheit ganz und gar nicht bestimmen können (denn die analytischen Prädikate, d. i. die, welche mit dem Begriffe der Notwendigkeit einerlei sind, z. B. die Unveränderlichkeit, Ewigkeit, auch sogar die Einfachheit der Substanz sind keine Bestimmungen. daher auch die Einheit eines solchen Wesens gar nicht bewiesen werden kann) — wenn es, sage ich, mit dem Versuche, sich einen Begriff davon zu machen, so schlecht bestellt ist, so bleibt der Begriff von diesem metaphysischen Gott immer ein leerer Begriff.“ „Nun ist es schlechterdings unmöglich, einen Begriff von einem Wesen bestimmt anzugeben, welches von solcher Natur sei, daß ein Widerspruch entspränge, wenn ich es in Gedanken aufhebe, gesetzt auch, ich nehme es als das All der Realität an. Denn ein Widerspruch findet in einem Urteile nur alsdann statt, wenn ich ein Prädikat in einem Urteile aufhebe und doch eines im Begriffe des Subjektes übrig behalte, was mit diesem identisch ist, niemals aber, wenn ich das Ding samt allen seinen Prädikaten aufhebe und z. B. sage: Es ist kein aller-realstes Wesen.“ „Also können wir uns von einem absolut-notwendigen Dinge als einem solchen schlechterdings keinen Begriff machen (wovon der Grund der ist, daß es ein bloßer Modalitätsbegriff ist, der nicht als Dinges-Beschaffenheit, sondern nur die Verknüpfung der Vorstellung von ihm mit dem Erkenntnisvermögen, die Beziehung auf das Subjekt enthält. Also können wir aus seiner vorausgesetzten Existenz nicht im mindesten auf Bestimmungen schließen, die unsere Erkenntnis desselben über die Vorstellung seiner notwendigen Existenz erweitern und also eine Art Theologie begründen könnten“, Fortschr. d. Metaph. 2. Abt. Auflösung der Aufgabe I, Transzendente Theologie (V 3, 135 ff.); vgl. N 4781, 3731, 3812; Vorles. über die philos. Religionslehre, S. 22 f. Vgl. Notwendigkeit, Idee, Antinomie.