Fenster. (Baukunst) Öffnungen in Gebäuden für das einfallende Licht. Sie sind zur Bequemlichkeit notwendig, können aber auch zugleich zur Verschönerung eines Gebäudes dienen, dessen Aussenseiten weder mit Säulen noch Pfeilern verziert sind und die ein allzukahles Ansehen haben würden, wenn das Einförmige nicht durch eine geschickte Austeilung der Fenster unterbrochen wäre.
Der Baumeister muss bei Anlegung der Fenster auf ihre doppelte Bestimmung, nämlich ihren wesentlichen Nutzen zur Erleuchtung und ihre Verschönerung der Aussenseiten acht haben. Beides verdient eine nähere Betrachtung. In Ansehung der Erleuchtung muss man voraussetzen, dass ein Zimmer so wohl Überfluss als Mangel an Licht haben könne. Das letzte ist außer Zweifel; das erstere wird durch die Grundsätze der Malerkunst offenbar, nach welcher der Überfluss des Lichts ein Gemälde matt macht. In einem Zimmer nehmen sich die Personen und Sachen bei einem gemäßigten Lichte besser aus als beim überflüssigen, welches auch in anderen Umständen blendet.
Der Baumeister hat also hierin sich zu bemühen, dass er das rechte Maß treffe. Dieses geschiehet, wenn die Wand, an welcher die Fenster sind, ungefähr eben so viel dem Lichte verschlossenen als offe nen Raum hat oder auch etwas mehr; so dass allemal zwischen zwei Fenstern ein Pfeiler stehe, der wenigstens die Breite eines Fensters habe. Es ist eine unangenehme Sache, wenn ein Zimmer einer Laterne gleicht und dem Licht überall offen steht. Auch soll man ohne die höchste Not, die Fenster nicht an zwei auf einander stoßenden Wänden machen; denn dadurch bekommt das Zimmer zwei sich kreutzende Lichter, welches unangenehme doppelte Schatten und Halbschatten verursacht und in vielen Fällen blendet. Man tut so gar wohl, wenn man die Erleuchtung von zwei einander gegenüber stehenden Wänden vermeidet.
Bei der Erleuchtung hat man auch auf die Größe der Fenster zu sehen; diese aber muss der Höhe der Zimmer angemessen sein. In ordentlichen Wohnzimmern, die zwölf bis vierzehn Fuß hoch sind, scheint die Höhe der Fenster von ungefähr acht Fuß die beste zu sein. Ihre beste Stellung aber scheint die zu sein, da von dem obersten Rande des Fensters bis an die Decke ein Raum von zwei bis drittehalb Fuß ist, wodurch denn auch die Höhe der Brüstung bestimmt wird. Damit aber die Winkel an den halben Pfeilern und der Platz hinter den ganzen Pfeilern nicht gar zu dunkel werden, so muss man die Ausschnitte der Fenster schrege machen und die Pfeiler inwendig verschmälern und dieses destomehr, je dicker die Mauern sind. Die Schmiege ist hinlänglich, wenn auf jeden Fuß der Mauerdike zwei Zoll gerechnet werden.
Es geschieht sehr oft, dass die äussere Anordnung der Fenster mit der inneren streitet, so dass jede dem Fenster einen besonderen Platz anweiset. In diesen Fällen hat der Baumeister die größte Überlegung nötig. Denn da ein Fehler unvermeidlich ist, so kommt es darauf an, dass er am geschicktesten versteckt werde. Wenn z. B. das äussere eine Anordnung der Fenster erforderte, wodurch in einem Zimmer die beiden Winkel an den letzten Fenstern ungleich würden, welches allemal ein Fehler wäre, so könnte man sich einigermaßen durch Verstärkung oder Verschwächung der innern Mauern, die das Zimmer einschliessen, helfen, wovon man in der, in dem Artikel Alcove befindlichen, Zeichnung eine Probe sehen kann.
Überhaupt muss man, wo es immer möglich ist, den Fehler lieber inwendig als von aussen hinbringen. Sollten aber wichtige Ursachen dieses hindern, so muss man ihn von aussen durch geschickte Hülfsmittel zu verbergen suchen.
Die alten Griechen und Römer liebten in den Zimmern, ein von der Höhe einfallendes Licht, so dass die Fenster in hohen Zimmern erst zwölf oder mehr Fuß von der Erde angelegt und ziemlich klein waren. Diese Erleuchtung hat ihre Vorteile, wiewohl sie wenig mehr gebraucht wird, indem man jetzt die Aus sichten aus den Zimmern liebt1.
Die äussere Anordnung der Fenster erfordert die meiste Überlegung. Sie geben den Aussenseiten, die nicht mit Säulen oder Pilastern geziert sind, das vornehmste Ansehen und vertreten die Stelle der Felder an einer geraden Fläche. Sie müssen nach den Grundsätzen der Regelmäßigkeit und der Eurythmie gesetzt und nach den guten Verhältnissen und der Zusammenstimmung angelegt werden.
Die Regelmäßigkeit erfordert, dass alle Fenster eines Geschosses auf gleichen waagerechten Linien stehen und gleich groß seien, wiewohl dieses letztere bisweilen eine Ausnahme leidet. Ferner, dass die Gewände alle senkrecht und dass die Fenster der verschiedenen Geschosse gerade auf einander treffen. Denn es wäre ein sehr beleidigender Fehler, wenn hierin etwas versehen würde. Die Regeln der guten Verhältnisse erfordern, dass weder die Öffnungen, noch das Volle der Mauer zu sehr hervorsteche. Es scheint allemal besser zu sein, eher mehr volle Mauer als Fenster zu machen, welches auch der inneren Erleuchtung zu statten kommt.
Bei einem Gebäude, wo von aussen immer auf die ganze Masse gesehen wird, ist das Einfache dem Überladenen allezeit vorzuziehen. Eine Aussenseite ohne alle Fenster oder mit sehr wenigen, ist auch bei dem großen oder fast gänzlichen Mangel des Mannig faltigen ganz erträglich, da hingegen der Überfluss der Fenster und anderer zum Mannigfaltigen gehörigen Stücke, ekelhaft ist.
In gemeinen Wohnhäusern lässt sich die Anzahl der Fenster in einer Reihe der Aussenseite leicht bestimmen. Man teilt die ganze Breite der Aussenseite durch die doppelte Zahl der Fuße einer Fensterbreite oder durch dieselbe Zahl etwas größer genommen; der Quotient gibt die Anzahl der Fenster. Wir wollen den Fall setzen, ein Gebäude sei 56 Fuß breit und man habe die Breite der Fenster auf 4 Fuß gesetzt; so teile man 56 durch 8. Der Quotient 7 zeigt an, dass sieben Fenster müssen angebracht werden. Alsdann ist in der Breite der Aussenseite so viel Mauer als Öffnung. Wollte man weniger Fenster haben, so teile man die Breite der Aussenseite durch eine etwas größere Zahl. Wenn z. B. die Länge der Seite 80 Fuß wäre und die Fensterbreite wäre 4 Fuß, so teile man sie nicht durch 8 sondern durch 10, so hätte man 8 Fenster und alle Fenster zusammen machten die Summe der Öffnungen 32 Fuß; die Summe der Pfeiler aber wäre 48 Fuß.
Hierbei kommen aber verschiedene Betrachtungen vor, die zu wichtigen Ausnahmen dieser Regeln Gelegenheit geben. Erstlich ist in den Hauptaussenseiten, wo die Türen und Portale stehen müssen, eine ungerade Zahl der Fenster nötig; dieses erfordert die Eurythmie, damit die Tür in die Mitte kommen könne. Darnach muss sich die Einteilung der Außenseiten in Fenster und Pfeiler richten. Daher muss man die Länge der Aussenseiten allemal durch eine solche Zahl teilen, dass der Quotient eine ungerade Zahl werde, z. B. 5, 7, 9, 11. Dieser Betrachtung zugefallen muss man entweder die Breite d r Pfeiler oder der Fenster etwas vermindern oder vermehren. Wir wollen setzen die Breite der Aussenseite sei 48 Fuß und man könnte dem Fenster höchstens 4 Fuß Breite geben. Wollte man nun die Zahl 48 durch 8 teilen, so bekäme man für die Anzahl der Fenster 6, welches eine gerade Zahl ist. Daraus aber folgt, dass man entweder 5 oder 7 Fenster machen müsse. Zu einem von beiden muss man sich entschließen. Leidet es die innere Einrichtung, so muss man allemal die kleinere Zahl der größeren vorziehen. Gesetzt also, man wollte nur 5 Fenster machen; so nähmen sie 20 Fuß von der Breite ein, die Pfeiler aber 28 Fuß, welches für einen Pfeiler 52/3 Fuß gäbe. Fände man nun, dass die Pfeiler für die innere Erleuchtung zu groß wären, so muss man auf Mittel bedacht sein, durch einen Kunstgriff diesem Fehler abzuhelfen.
Man setze den Fall die höchste Breite der Pfeiler soll 41/2 Fuß sein, so dass alle fünf Pfeiler 221/2 Fuß betrügen, so blieben von dem Raum, den sie einnehmen müssen, noch 51/2 Fuß übrig. Diese suchte man dergestalt in die Mitte zu bringen, dass man dem Fenster in der Mitte etwa einen halben Fuß mehr, jedem Pfeiler daran etwa anderthalben Fuß mehr und den beiden halben Ekpfeilern das übrige gäbe. Diese Ungleichheit aber lässt sich so wohl von Außen als auch, wenn man es nötig findet, von Innen verstecken. Von außen, wenn man die breiten Pfeiler am mittlern Fenster durch Verkröpfung oder Wandpfeiler in eine Gleichheit mit den anderen bringt; von Innen durch Verstärkung der Mauer, wie schon vorher erinnert worden.
Wenn die ganze Breite oder Länge der Aussenseite sich nicht so will teilen lassen, dass der Quotient eine ungerade Zahl wird, so kann man sich auch dadurch helfen, dass man gleich einen Teil für die besondere Mitte des Gebäudes davon nimmt, dass das übrige einen geraden Quotienten bekomme; dann sucht man die abgeschnittene Zahl für die Mitte auf eine geschickte Weise einzuteilen, wie vorher erinnert worden. Z. E. Die Länge wäre 96 Fuß und man wollte sie gerne durch 8 teilen, das ist, jedem Fenster 4 Fuß und jedem Pfeiler eben so viel geben. Weil nun auf diese Weise ein gerader Quotient heraus käme, so nehme man 16 Fuß für die Mitte ab und teile den Rest 80 durch 8, so bekommt man die Anzahl der 8 Fenster. Die Mitte, welche 16 Fuß beträgt, sondere man durch Vortretung oder Einziehung von dem an dern ab und suche ihr eine besondere geschickte Einteilung zu geben. Sollte, nachdem alles festgesetzt worden ist, sich finden, dass das mittelste Fenster dem guten Ansehn zum Schaden zu breit oder zu schmal ist, so kann man ihm im ersten Fall durch eine schmälere, im anderen durch eine breitere Einfaßung etwas helfen.
Die Methode, welche man an vielen Wohnhäusern braucht, da man der geraden Zahl Fenster nicht hat ausweichen wollen, die Tür an ein Ende der Aussenseite zu setzen, gibt oft der inneren Einteilung ziemliche Vorteile; doch steht sie nicht allzu gut für das Ansehen der Aussenseite.
Mit der Höhe der Fenster ist der Baumeister weniger gezwungen, weil er die Höhe des ganzen Gebäudes mehr in seiner Gewalt hat als die Breite desselben. Es muss aber die Höhe so wohl des ganzen Gebäudes als jedes Geschosses so genommen werden, dass zwischen zwei über einander stehenden Fenstern eine hinlängliche Maße Mauer sei, ungefähr so hoch als ein Fenster und dass die Gebälk oder Gesimse, die über den Fenstern weggehen, ihren vollen Platz haben und das Fenster nicht einzudrucken scheinen. Am aller ungereimtesten ist der Fehler, der doch in einigen prächtigen Gebäuden, wie an dem Königl. Schloß in Berlin begangen worden, da die obersten Halbfenster in das Gebälk hineintreten.
Über das Verhältnis der Höhe der Fenster zu der Breite haben wir wenig anzumerken. Man hat gefunden, dass diejenigen Fenster am besten stehen, welche ungefähr halb so breit als hoch sind. Merklich höher, bekommen sie ein zu leichtes Ansehen und nähern sich dem Ansehen bloßer Ritzen in der Mauer. Merklich niedriger scheinen sie zu schwer und zu plump. Indessen lehrt die Erfahrung, dass die halben Fenster in attiken und halben Geschossen, wenn sie ungefähr so hoch wie breit oder etwas höher sind, das Ansehen der Gebäude eben nicht verderben.
In Ansehung der Figur gehen die meisten Stimmen der Kenner auf das viereckigte; die am ekelsten sind, verwerfen alle Fenster mit Bogen, sie seien völlig oder gedrückt. Diese scheinen den seinesten Geschmack zu haben. Doch kann man nicht sagen, dass die sehr niedrige Bogen die Schönheit der Fenster ganz verstellen. S. Öffnung. Fenster mit völlig halbrunden Bogen, zumal wenn sie eng an einander stehn und Bänder oder Gesimse über die Fenster hinlaufen, haben in der Tat etwas sehr beleidigendes. Dieses haben die Alten so sehr gefühlt, dass sie nicht einmal Türen mit Bogen gemacht haben.
Übrigens hat ein Baumeister in Ansehung der Verzierung, der Verhältnis und des Ansehens der Fenster in Rücksicht auf die Schönheit der Aussenseiten und der Übereinstimmung mit den Säulenordnun gen verschiedenes zu überlegen.
Da die Fenster denjenigen Aussenseiten, die weder Säulen noch Wandpfeiler haben, das meiste Ansehen geben, so muss man sich wundern, dass noch keinem Baumeister eingefallen ist, einen Versuch zu machen, nach Anleitung der Säulenordnungen dergleichen Fensterordnungen zu entwerfen. Wem ein solcher Versuch gelünge, der würde der ganzen Baukunst eine Erweiterung und den Baumeistern eine große Erleichterung verschaffen. Folgende hierzu gehörige Anmerkungen können den Weg dazu bahnen.
Man könnte vier Hauptfensterordnungen machen, welche so wohl in ihren Verhältnissen als Verzierungen eben so stark von einander unterschieden wären als die Säulenordnungen. Die erste Ordnung könnte auf Kirchen eingerichtet werden; die andere auf große Palläste; die dritte auf ansehnliche Land- und Wohnhäuser und die vierte auf gemeine Häuser. Das Wesentliche jeder Ordnung wäre das Verhältnis der Höhe zur Breite, wodurch zugleich die Höhe des ganzen Geschosses bestimmt würde. Jede Ordnung könnte etwa zwei Nebenabteilungen haben, welche von der Figur der Fenster, je nachdem sie einen gebogenen oder geraden Sturz hätten und von den Verzierungen hergenommen würden. Für jede Ordnung müssten zwei oder drei der besten Verhältnisse für die Fensterweiten bestimmt werden und eben so viel für ihre Anzahl auf einer Seite. Endlich müssten auch alle Gesimse, Gebälk und andere Verzierungen der Aussenseiten nach Maßgabe jeder Ordnung bestimmt werden, damit der Baumeister, so bald er die Fensterordnung für sein Gebäude festgesetzt, sogleich für dessen ganze Bauart gewisse Vorschriften hätte.
In Ansehung der Verzierung der Fenster hat bald jeder Baumeister etwas besonderes. Sie sind von dreierlei Art, entweder bloße Einfaßungen oder Einfaßungen, Bänke und Gesimse oder diese mit Giebeln. Dass sie notwendig eine Einfaßung haben müssen, ist an einem anderen Orte bewiesen worden.2 Die Einfaßungen können auf vielerlei Art sein und müssen sich in der Menge und den Verhältnissen nach den Ordnungen richten. Die allereinfachste Verzierung ist eine um alle vier Seiten gleich herumlaufende Einfaßung. Hiernächst, eine solche Einfassung nur von drei Seiten, von unten aber hervorstehende Fensterbänke mit oder ohne Kragsteine. Noch etwas mehr sind sie verziert, wenn zu der leztern Art noch ein Gesims mit Fries über den Sturz kommt, wo denn die obere Einfassung den Unterbalken, der darüber stehende Teil den Fries und das obere Gesims den Kranz vorstellt, deren Verhältnisse, nach Anleitung der Ordnungen, aus der Höhe des Fensters leicht zu bestimmen sind. Noch weiter wird die Verzierung getrieben, wenn zu obigen noch dieses hinzukommt, dass man die ganze Brüstung unter dem Fenster als ein Postament vorstellt, in welchem Fall aber notwendig das Geschoß von dem unterliegenden durch einen Band oder Gesims muss abgesöndert sein. Endlich kann man auch zu allem vorhergehenden noch Giebel über die Fenstergesimse setzen, die man entweder alle gleich oder abwechselnd dreieckigt und gebogen macht. Indessen scheinen doch die Giebel der Fenster, ob sie gleich von allen neueren Baumeistern gebraucht worden, der edlen Einfalt entgegen. Sie überhäufen eine Aussenseite mit gar zu viel Dingen. Sie sind höchstens da erträglich, wo die Fenster etwas weit aus einander stehen, wo die Geschosse nicht mit Bändern abgeteilt sind und wo die ganze Aussenseite höchst einfach ist, wie an dem Operhaus in Berlin. Am aller ungereimtesten aber sind Fenster mit rundem Sturz und mit geraden Gesimsen oder gar mit Giebeln verziert. Die gothische Bauart hat nichts ungereimteres aufzuweisen.
Man findet oft, dass zur Verzierung der Fenster ordentliche Wandpfeiler oder gar Säulen gebraucht werden, welches aber ein schlechter und mit keinem einzigen guten Grunde zu rechtfertigender Geschmack ist, ob man gleich das Ansehen eines Michael Angelo und Palladio dafür anführen kann. Noch unnatürlicher wird dieser Fehler, wenn diese Säulen einen Bogen tragen, wie an den großen Fenstern des Berli nischen Schlosses über den Portalen nach dem sogenannten Lustgarten zu. Es ist nicht leicht etwas ungereimteres in die Baukunst zu bringen als dieses.
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1 S. Winkelmanns Anmerk. über die Baukunst der Alten S. 41.
2 S. Öffnung.