Flämische Schule. Unter dieser Benennung versteht man allgemein die berühmten Maler und Bildhauer der so genannten spanischen Niederlande. Diese Länder, vornehmlich aber die beiden Provinzen Braband und Flandern, waren ehedem der Sitz der Emsigkeit und des Reichtums und daher auch der Pracht und der, die Pracht unterstützenden, Künste. Einem Niederländer Johann van Eyk hat man die Erfindung der Malerei in Ölfarben zu danken; und den Teil der Kunst, der auf den Gebrauch und die Behandlung der Farben ankommt, so wohl in ganz Großen als im Kleinen, hat diese Schule auf das Höchste gebracht, wenn dieses das Höchste ist, dass man die Natur völlig erreiche. Diese Schule hat Europa mit Gemälden angefüllt, die man kaum für Gemälde hält, so sehr hat jeder Teil das Licht, die Farbe, die Haltung und den Ton eines in diesem Zusammenhang wirklich vorhandenen Körpers. Wenn die venezianische Schule diese an Pracht und Glanz der Farben und einem gewissen Ideal des Kolorits übertrift, so muss sie ihr doch, in Ansehung der völligen Erreichung der Natur, den ersten Platz lassen.
Auch an Zeichnung fehlt es der Flämischen Schule eben nicht so, wie viele vorgeben; obgleich auch die größten Meister derselben sich sehr selten über die Natur erhoben haben; denn sie waren nur Maler und Zeichner einer vor ihren Augen liegenden Natur und dachten nicht daran, den Charakter der Menschen um einige Grade höher zu setzen. Sie kannten weder im Körperlichen, noch im Sittlichen, keine Welt als die, in der sie lebten. Diese aber bildeten sie in ihren Werken auf eine Weise nach, die nicht übertroffen werden kann. Die Kenntnis der Farben scheinen sie aufs Höchste gebracht zu haben, weil ihre Gemälde fast unveränderlich bleiben.
Die berühmtesten Männer dieser Schule im Großen sind, Caspar Crayer, Jacob Jordans, vornehmlich aber Rubens und van Dyk und im Kleinen Adrian Brower und David Teiniers, in der Landschaft aber, Hermann Swanevelt. Auch hat diese Schule Bildhauer gehabt, die von wenigen Neueren übertroffen werden. Franz dü Quesnoy, den die Italiener Fiamingo genannt haben, weicht keinem neueren Bildhauer und in seinen Kindern hat er gar alle übertroffen [eine sehr gründliche und wichtige Beurteilung dieses Künstlers findet man in Köremons Natur und Kunst in Gemälden, II Th. S. 346 u. s. f.].
Die beiden größten Männer dieser Schule, Rubens und van Dyk, kann man nicht in ihrer Größe kennen lernen als wenn man ihre großen Werke in den niederländischen Städten und in der Gallerie zu Düsseldorf gesehen hat. Die von Rubens in den verschiedenen Gallerien zerstreuten Werke, zeigen ihn freilich nicht immer als einen großen Mann und van Dyk lernt man aus den Gallerien nur als den größten Portraitmaler kennen.
Die Niederlande haben in Ansehung der Kunst fast eben das Schicksal gehabt, das sie in Ansehung des Reichtums und der Handlung betroffen hat. So wie verschiedene Städte dieser Länder jetzt mehr verweste Leichname von Städten als Städte sind, so sind auch die zeichnenden Künste daselbst nur noch in den Werken der ehemaligen Meister vorhanden.