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X

[Marx]

»L’homme qui achète et vend révèle une réalité de lui-même plus directe et moins arrangée que l’homme qui discours et combat.«

Maxime Leroy: Les spéculations fonder es de Saint-Simon et ses querelles d’affaires avec son associé, le comte de Reedern Paris 〈1925〉 p 1

»Man sieht, wie die Geschichte der Industrie und das gewordene gegenständliche Dasein der Industrie, das aufgeschlagene Buch der menschlichen Wesenskräfte … ist, die bisher nicht in ihrem Zusammenhang mit dem Wesen des Menschen, sondern immer nur in einer äußeren Nützlichkeitsbeziehung gefaßt wurden … Die Industrie ist das wirkliche geschichtliche Verhältnis der Natur und daher der Naturwissenschaft zum Menschen.« Karl Marx: Nationalökonomie und Philosophie (1844) [Karl Marx: Der historische Materialismus ed Landshut und Mayer Leipzig 〈1932〉 I p 303/304][X 1, 1]

»Nicht nur der Reichtum, auch die Armut des Menschen erhält gleichmäßig – unter Voraussetzung des Sozialismus – eine menschliche und daher gesellschaftliche Bedeutung. Sie ist das positive Band, welches dem Menschen den größten Reichtum, den anderen Menschen als Bedürfnis empfinden läßt.« Karl Marx: Nationalökonomie und Philosophie [Karl Marx: Der historische Materialismus ed Landshut und Mayer Lpz I p 305][X 1, 2]

»Schlußfolgerung, die Marx für die kapitalistische Wirtschaft ableitet: Der Arbeiter kann mit der ihm in Lohnform zustehenden Kaufkraft nur einen Wertbetrag kaufen, zu dessen Produktion nur ein Bruchteil der von ihm selbst geleisteten Arbeit notwendig war. Mit anderen Worten: Wenn die von ihm produzierten Waren für den Unternehmer gewinnbringend veräußerlich sein sollen, muß er immer Mehrarbeit leisten.« Henryk Grossmann: Fünfzig Jahre Kampf um den Marxismus (Wörterbuch der Volkswirtschaft 4 Auflage Hg von Ludwig Elster III Jena 1933 p 318) [X 1, 3]

Ursprung des falschen Bewußtseins: »Die Teilung der Arbeit wird erst wirklich Teilung von dem Augenblick an, wo eine Teilung der … materiellen und geistigen Arbeit eintritt. Von diesem Augenblicke an kann sich das Bewußtsein wirklich einbilden, etwas anderes als das Bewußtsein der bestehenden … Praxis zu sein, wirklich etwas vorzustellen, ohne etwas Wirkliches vorzustellen.« Marx und Engels über Feuerbach (Marx-Engels Archiv hg von D Rjazanov I Frankfurt a/M 〈1928〉 p 248, Aus dem literarischen Nachlaß von Marx und Engels) [X 1, 4]

Eine Stelle über die Revolution als de⁠〈n〉 »jüngsten Tag«, der dem von Bruno Bauer erträumten, der den Sieg des kritischen Bewußtseins heraufführe, entgegengesetzt wird: »Der heilige Kirchenvater wird sich doch sehr verwundern, wenn der jüngste Tag … über in hereinbricht – ein Tag, dessen Morgenrot der Widerschein brennender Städte am Himmel ist, wenn unter diesen ›himmlischen Harmonien‹ die Melodie der Marseillaise und Carmagnole mit obligatem Kanonendonner an sein Ohr schallt und die Guillotine dazu den Takt schlägt, wenn die verruchte ›Masse‹ ça ira, ça ira … brüllt und das ›Selbstbewußtsein‹ … vermittels der Laterne aufhebt.« Marx und Engels über Feuerbach. Aus dem literarischen Nachlaß von Marx und Engels (Marx-Engels-Archiv hg von D Rjazanov I Frankfurt a/ M p 258⁠〈)〉 [X 1, 5]

Selbstentfremdung: »Der Arbeiter produziert das Kapital, das Kapital produziert ihn, er also sich selbst, und … seine menschlichen Eigenschaften …, insofern sie für das ihm fremde Kapital da sind … Der Arbeiter ist nur als Arbeiter da, sobald er für sich als Kapital da ist und er ist nur als Kapital da, sobald ein Kapital für ihn da ist. Das Dasein des Kapitals ist sein Dasein … wie es den Inhalt seines Lebens auf eine ihm gleichgültige Weise bestimmt … Die Produktion produziert den Menschen … als ein … entmenschtes Wesen.« Karl Marx: Der historische Materialismus Die Frühschriften hg von Landshut und Mayer Lpz I p 361/62 (Nationalökonomie und Philosophie) [X 1 a, 1]

Zur Lehre von den Revolutionen als Innervationen des Kollektivs: »Die Aufhebung des Privateigentums ist … die vollständige Emanzipation aller menschlichen Sinne …; aber sie ist diese Emanzipation … dadurch, daß … die Sinne und der Geist der anderen Menschen meine eigene Aneignung geworden. Außer diesen unmittelbaren Organen bilden sich daher gesellschaftliche Organe … also z. B. die Tätigkeit in unmittelbarer Gesellschaft mit anderen … ist ein Organ einer Lebensäußerung geworden und eine Weise der Aneignung des menschlichen Lebens. Es versteht sich, daß das menschliche Auge anders gefaßt, als das rohe, unmenschliche Auge, das menschliche Ohr anders als das rohe Ohr etc.« Karl Marx: Der historische Materialismus Die Frühschriften Lpz I p 300/301 (Nationalökonomie und Philosophie) [X 1 a, 2]

»Die in der menschlichen Geschichte – dem Entstehungsakt der menschlichen Gesellschaft werdenden [!] Natur – ist die wirkliche Natur des Menschen, darum die Natur, wie sie durch die Industrie, – wenn auch in entfremdeter Gestalt wird, die wahre anthropologische Natur ist.« Karl Marx: Der historische Materialismus Die Frühschriften hg von Landshut und Mayer Lpz I p 304 (Nationalökonomie und Philosophie) [X 1 a, 3]

Ansatzpunkt zu einer Kritik der »Kultur«: »Die positive Aufhebung des Privateigentums als die Aneignung des menschlichen Lebens, ist … die positive Aufhebung aller Entfremdung, also die Rückkehr des Menschen aus (?) Religion, Familie, Staat etc. in sein menschliches d. h. gesellschaftliches Dasein.« Karl Marx: Der historische Materialismus ed Mayer und Landshut Lpz I p 296 (Nationalökonomie und Philosophie) [X 1 a, 4]

Eine auf Hegel bezogene Ableitung des Klassenhasses: »Die Aufhebung der Gegenständlichkeit unter der Bestimmung der Entfremdung –, die von der gleichgültigen Fremdheit bis zur wirklichen feindseligen Entfremdung fortgehen muß – hat für Hegel zugleich und sogar hauptsächlich die Bedeutung, die Gegenständlichkeit aufzuheben, weil nicht der bestimmte Charakter des Gegenstandes, sondern sein gegenständlicher Charakter für das Selbstbewußtsein das Anstößige in der Entfremdung ist.« Karl Marx: Der historische Materialismus Lpz I p 335 (Nationalök⁠〈onomie〉 u⁠〈nd〉 Phil⁠〈osophie〉) [X 1 a, 5]

Kommunismus »in seiner ersten Gestalt«. »Der Kommunismus … ist … in seiner ersten Gestalt nur eine Verallgemeinerung und Vollendung desselben [sc des Privateigentums] … Der physische unmittelbare Besitz gilt ihm als einziger Zweck des Lebens und Daseins; die Bestimmung des Arbeiters wird nicht aufgehoben, sondern auf alle Menschen ausgedehnt; er will auf gewaltsame Weise von Talent etc. abstrahieren … Man darf sagen, daß … Weibergemeinschaft das ausgesprochene Geheimnis dieses noch ganz rohen und gedankenlosen Kommunismus ist. Wie das Weib aus der Ehe in die allgemeine Prostitution, so tritt die ganze Welt des Reichtums … aus dem Verhältnis der exklusiven Ehe mit dem Privateigentümer in das Verhältnis der universellen Prostitution mit der Gemeinschaft … Wie wenig diese Aufhebung des Privateigentums eine wirkliche Aneignung ist, beweist … die abstrakte Negation der ganzen Welt, der Bildung und der Zivilisation; die Rückkehr zur unnatürlichen Einfachheit des armen und bedürfnislosen Menschen, der nicht über das Privateigentum hinaus, sondern noch nicht einmal bei demselben angelangt ist.« Karl Marx: Der historische Materialismus ed Landshut und Mayer Lpz I p 292/293 (Nationalökonomie und Philosophie) [X 2, 1]

Irrig wäre, die Psychologie der Bourgeoisie aus der Haltung des Konsumenten zu entwickeln. Den reinen Konsumentenstandpunkt repräsentiert nur die Schicht der Snobs. Die Grundlagen für eine Psychologie der Bürgerklasse liegen vielmehr in dem folgenden Satz von Marx, aus dem insbesondere auch der Einfluß darzustellen ist, den diese Klasse als Modell und als Auftraggeber für die Kunst besitzt: »Ein gewisser Höhegrad der kapitalistischen Produktion bedingt, daß der Kapitalist die ganze Zeit, während deren er als Kapitalist, d. h. als personifiziertes Kapital funktioniert, zur Aneignung und daher Kontrolle fremder Arbeit, und zum Verkauf der Produkte dieser Arbeit verwenden könne.« Karl Marx: Das Kapital 〈I〉 ed Korsch Berlin 〈1932〉 p 298 [X 2, 2]

Aus Marx: Kapital III 1 Hamburg 1921, p 84⁠〈:〉 »Der Rat des Bankiers … wichtiger als der des Geistlichen⁠〈.〉« (cit Hugo Fischer: Karl Marx und sein Verhältnis zu Staat und Wirtschaft Jena 1932 p 56) [X 2, 3]

Zeit in der Technik. »Wie in einer echten politischen Aktion ist die Wahl … des rechten Augenblickes entscheidend. ›Der Befehl des Kapitalisten auf dem Produktionsfeld wird jetzt so unentbehrlich wie der Befehl des Generals auf dem Schlachtfeld‹ (I, 278). … Die ›Zeit‹ hat hier in der Technik eine andere Bedeutung als im geschichtlichen Geschehen derselben Epoche, wo … die ›Handlungen platt zusammenfallen‹. Die ›Zeit‹ hat in der Technik … auch eine andere Bedeutung als in der modernen Wirtschaft, die … die Arbeitszeit nach der Uhr bemißt.« Hugo Fischer: Karl Marx und sein Verhältnis zu Staat u⁠〈nd〉 Wirtschaft Jena 1932 p 42 (Zitat: Kapital 〈I〉 Berlin 1923) [X 2, 4]

»Si l’on songe que Cournot est mort en 1877, que ses principales œuvres ont été méditées sous le Second Empire, on doit reconnaître qu’il a été après Marx un des esprits les plus lucides de son temps … Cournot va bien au delà de Comte, égaré dans le pontificat de sa Religion de l’Humanité, de Taine égaré dans celui de la Science, bien au delà des doutes nuancés de Renan … Il énonce cette admirable sentence: ›De roi de la création qu’il était, l’homme est monté ou descendu (comme il plaira de l’entendre) au rôle de concessionnaire d’une planète.‹ La civilisation mécanisée de l’avenir ne représente nullement pour lui ›le triomphe de l’esprit sur la matière … mais bien plutôt le triomphe des principes rationnels et généraux des choses sur l’énergie et les qualités propres de l’organisme vivant.« Georges Friedmann: La crise du progrès Paris 〈1936〉 p 246 [X 2 a, 1]

»Das Tote war ein Vorschuß auf lebendige Arbeitskraft; es wird, zweitens, von ihrem Feuer verzehrt und setzt sich, drittens, nachträglich wieder auf den Thron … Da vor dem Eintritt des Arbeiters ›in den Prozeß seine eigene Arbeit ihm selbst entfremdet, dem Kapitalisten angeeignet und dem Kapital einverleibt ist, vergegenständlicht sie sich während des Prozesses beständig in fremdem Produkt‹ … Das Tote, das die Technik in die Mitte nimmt, ist die Wirtschaft. Die Wirtschaft hat zu ihrem Gegenstand die Ware. ›Der Produktionsprozeß‹ der mit dem feuerschlagenden Kontakt der Arbeit mit den Produkten einsetzt, ›erlischt in der Ware. Daß in ihrer Herstellung Arbeitskraft verausgabt worden ist, erscheint jetzt als dingliche Eigenschaft der Ware, daß sie Wert besitzt‹ (II, 361) … Die Aktion des Menschen ist als der jeweilige ›einzige zusammenhängende Produktionsakt‹ (II, 201) bereits weiter als der Träger dieser Aktion … Die Aktion vollzieht sich bereits in einer höheren Sphäre, die die Zukunft für sich hat, der Technik; der Träger dieser Aktion ist, als vereinzeltes Individuum, noch in der Sphäre der Wirtschaft zurückgeblieben, und auch sein Produkt fällt dieser Sphäre anheim … Auf seinem abendländischen Kontinent ist die Technik als ganze eine einmalige Aktion, wenn sie sich als Technik durchsetzt; die Physiognomie der Erde wird zunächst in der Sphäre der Technik umgestaltet, und selbst die Kluft zwischen Stadt und Land wird überbrückt. Wenn aber die Wirtschaft, das Tote, überhand nimmt, siegt die Wiederholung gleichnamiger Größen durch absolut ersetzbare Existenzen, die Warenproduktion durch den Lohnarbeiter, über die Einmaligkeit der technischen Aktion.« Hugo Fischer: Karl Marx und sein Verhältnis zu Staat und Wirtschaft Jena 1932 p 43-45 (Die Zitate aus dem Kapital 〈II〉 Hamburg 1921) [X 2 a, 2]

»›Derselbe Geist baut die philosophischen Systeme in dem Hirn der Philosophen, der die Eisenbahnen mit den Händen der Gewerk⁠〈e〉 baut‹ … In der Öde des 19. Jahrhunderts ist, nach Marx, die Technik die einzige Lebenssphäre, in der sich der Mensch in der Mitte einer Sache bewegt.« Hugo Fischer: Karl Marx und sein Verhältnis zu Staat und Wirtschaft Jena 1932 p 39/40 (Das Marxzitat vermutlich aus Marx-Engels: Gesammelte Schriften 1841-1850 Stuttgart 1902 I p 259) [X 3, 1]

Über die göttlichen Ahnen des Charlatans⁠〈:〉 »Die diversen göttlichen Ahnherren hatten jetzt« [Ende des 18ten Jahrhunderts] »nicht mehr nur Rezepte von Lebenselixieren verraten, sondern Färbemethoden, Seidenspinnanweisungen oder Tonbrennereigeheimnisse. Die Industrie wurde mythologisiert.« Grete de Francesco: Die Macht des Charlatans Basel 〈1937〉 p 154 [X 3, 2]

Marx betont »die entscheidende Wichtigkeit der Verwandlung von Wert und Preis der Arbeitskraft in die Form des Arbeitslohns oder in Wert und Preis der Arbeit selbst. Auf dieser Erscheinungsform, die das wirkliche Verhältnis unsichtbar macht und grade sein Gegenteil zeigt, beruhn alle Rechtsvorstellungen des Arbeiters wie des Kapitalisten, alle Mystifizierungen der kapitalistischen Produktionsweise, alle ihre Freiheitsillusionen.« Karl Marx: Das Kapital 〈I〉 ed Korsch Berlin 〈1932〉 p 499 [X 3, 3]

»Hätten wir weiter geforscht: Unter welchen Umständen nehmen alle oder nimmt auch nur die Mehrzahl der Produkte die Form der Ware an, so hätte sich gefunden, daß dies nur auf Grundlage einer ganz besonderen Art von Produktionsweise, der kapitalistischen, geschieht.« Karl Marx: Das Kapital 〈I〉 ed Korsch p 171 [X 3, 4]

»Diese Rasse eigentümlicher Warenbesitzer« heißt das Proletariat bei Marx gelegentlich (Kapital 〈I〉 ed Korsch p 173) vgl 〈ibd.〉 p 97⁠〈:〉 »Naturinstinkt der Warenbesitzer.« [X 3, 5]

Marx tritt der Auffassung entgegen, daß Gold und Silber nur imaginäre Werte seien. »Weil Geld in bestimmten Funktionen durch bloße Zeichen seiner selbst ersetzt werden kann, entsprang der Irrtum, es sei ein bloßes Zeichen. Andrerseits lag darin die Ahnung, daß die Geldform des Dings ihm selbst äußerlich und bloße Erscheinungsform dahinter versteckter menschlicher Verhältnisse. In diesem Sinn wäre jede Ware ein Zeichen, weil als Wert nur sachliche Hülle der auf sie verausgabten menschlichen Arbeit. Indem man aber die … sachlichen Charaktere, welche gesellschaftliche Bestimmungen der Arbeit auf Grundlage einer bestimmten Produktionsweise erhalten, für bloße Zeichen, erklärt man sie zugleich für willkürliches Gedankenprodukt der Menschen.« Zu »menschlichen Arbeit.« Anm⁠〈erkung〉: »›Betrachtet man den Begriff des Werts, so wird die Sache selbst nur als ein Zeichen angesehn und sie gilt nicht als sie selber, sondern als was sie wert ist.‹ (Hegel, Rechtsphilosophie, Zusatz zu § 63.)« Marx: Das Kapital 〈I〉 ed Korsch p 101/102 (Der Austauschprozeß) [X 3, 6]

Das Privateigentum als Ursprung der Entfremdung der Menschen untereinander: »Dinge sind an und für sich dem Menschen äußerlich und daher veräußerlich. Damit diese Veräußerung wechselseitig, brauchen Menschen nur stillschweigend sich als Privateigentümer jener veräußerlichen Dinge und eben dadurch als voneinander unabhängige Personen gegenüberzutreten. Solch ein Verhältnis wechselseitiger Fremdheit existiert jedoch nicht für die Glieder eines naturwüchsigen Gemeinwesens … Der Warenaustausch beginnt, wo die Gemeinwesen enden.« Karl Marx: Das Kapital 〈I〉 ed Korsch Berlin 1932 p 99 (Der Austauschprozeß) [X 3 a, 1]

»Um … Dinge als Waren aufeinander zu beziehn, müssen die Warenhüter sich zueinander als Personen verhalten, deren Willen in jenen Dingen haust.« Marx: Das Kapital 〈I〉 ed Korsch Berlin 1932 p 95 (Der Austauschprozeß) [X 3 a, 2]

Marx erkennt eine Klimax in der Entwicklung und in der Durchschaubarkeit des Fetischcharakters der Ware: »Da die Warenform die allgemeinste und unentwickeltste Form der bürgerlichen Produktion ist, weswegen sie früh auftritt, obgleich nicht in derselben herrschenden, also charakteristischen Weise wie heutzutag, scheint ihr Fetischcharakter noch verhältnismäßig leicht zu durchschauen. Bei konkreteren Formen verschwindet selbst dieser Schein der Einfachheit.« Marx: Das Kapital 〈I〉 ed Korsch Berlin 1932 p 94 (Fetischcharakter) [X 3 a, 3]

Das Modell, an dem sich die Forderung der polytechnischen Ausbildung, die der Marxismus stellt, orientieren muß: »Es gibt … Gesellschaftszustände, worin derselbe Mensch abwechselnd schneidert und webt, diese beiden verschiednen Arbeitsweisen daher nur Abwandlungen der Arbeit desselben Individuums und noch nicht besondre feste Funktionen verschiedner Individuen sind.« (Marx: Kapital p 57) Diese verschiednen abgewandelten Akte von Arbeit eines Individuums werden nicht quantitativ, ihrer Dauer nach, unter einander verglichen; der Abstraktion »bloße Arbeit«, die an ihnen von uns gewonnen werden kann, entspricht nichts Reales; sie stehen in einem einzigen konkreten Arbeitszusammenhang, dessen Ertrag nicht dem Warenbesitzer zugute kommt. Hierzu vergleiche man: »Für eine Gesellschaft von Warenproduzenten, deren allgemein gesellschaftliches Produktionsverhältnis darin besteht, sich zu ihren Produkten als Waren … zu verhalten, und in dieser … Form ihre Privatarbeiten aufeinander zu beziehn als gleiche menschliche Arbeit, ist das Christentum, mit seinem Kultus des abstrakten Menschen … die entsprechendste Religionsform.« (Marx: Kapital p 91) (Fetischcharakter) [X 3 a, 4]

»Der Körper der Ware, die zum Äquivalent dient, gilt stets als Verkörperung abstrakt menschlicher Arbeit und ist stets das Produkt einer bestimmten nützlichen, konkreten Arbeit. Die konkrete Arbeit wird also zum Ausdruck abstrakt menschlicher Arbeit.« In diesem letztern liegt für Marx die ganze Misere der warenproduzierenden Gesellschaft beschlossen. (Die Stelle Kapital p 70 [Die Wertform oder der Tauschwert]) Hierzu ist sehr wichtig, daß Marx kurz darauf (p 71) die abstrakt menschliche Arbeit als »Gegenteil« der konkreten bezeichnet. – Um die gedachte Misere anders zu formulieren, könnte man auch sagen: es ist die Misere der warenproduzierenden Gesellschaft, daß für sie »Arbeit in unmittelbar gesellschaftlicher Form« (p 71) immer nur abstrakte Arbeit ist. Wenn Marx in der Behandlung der Äquivalentform hervorhebt, »daß Privatarbeit zur Form ihres Gegenteils wird, zu Arbeit in unmittelbar gesellschaftlicher Form« (p 71) so ist diese Privatarbeit eben die abstrakte Arbeit des abstrakten warenbesitzenden Menschen. [X 4, 1]

Marx hat die Vorstellung, die Arbeit werde freiwillig (als travail passionné) geleistet werden, wenn der Warencharakter ihrer Produktion abgeschafft wäre. Die Ursache, warum die Arbeit nicht freiwillig geleistet wird, wäre also nach Marx: ihr abstrakter Charakter. [X 4, 2]

»Der Wert verwandelt … jedes Arbeitsprodukt in eine gesellschaftliche Hieroglyphe. Später suchen die Menschen den Sinn der Hieroglyphe zu entziffern, hinter das Geheimnis ihres eignen gesellschaftlichen Produkts zu kommen, denn die Bestimmung der Gebrauchsgegenstände als Werte ist ihr gesellschaftliches Produkt so gut wie die Sprache.« Marx: Das Kapital 〈I〉 p 86 (Der Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis) [X 4, 3]

»Die allgemeine Wertform, welche die Arbeitsprodukte als bloße Gallerten unterschiedsloser menschlicher Arbeit darstellt, zeigt durch ihr eignes Gerüste, daß sie der gesellschaftliche Ausdruck der Warenwelt ist. So offenbart sie, daß innerhalb dieser Welt« [nur der dürftige und abstrakte] »der allgemein menschliche Charakter der Arbeit zugleich ihr unterscheidendes Merkmal als gesellschaftliche Arbeit bildet.« Marx: Das Kapital 〈I〉 p 79 (Die Wertform oder der Tauschwert) – Die abstrakte Natur der gesellschaftlichen Arbeit und die abstrakte Natur des Menschen, der sich als Eigentümer zu seinen Mitmenschen verhält, entsprechen einander. [X 4, 4]

»Um … auszudrücken, daß das Weben nicht in seiner konkreten Form als Weben, sondern in seiner allgemeinen Eigenschaft als menschliche Arbeit den Leinwandwert bildet, wird ihm die Schneiderei, die konkrete Arbeit, die das Leinwandäquivalent« [den Rock] »produziert, gegenübergestellt als die handgreifliche Verwirklichungsform abstrakt menschlicher Arbeit.« (Kapital 〈I〉 p 71) Darauf bezieht es sich, wenn Marx im vorhergehenden Satze schreibt: »Im Wertausdruck der Ware wird die Sache verdreht.« Hierzu die Anmerkung: »Diese Verkehrung, wodurch das Sinnlich-Konkrete nur als Erscheinungsform des Abstrakt-Allgemeinen, nicht das Abstrakt-Allgemeine umgekehrt als Eigenschaft des Konkreten gilt, charakterisiert den Wertausdruck … Sage ich: Römisches Recht und deutsches Recht sind beide Rechte, so ist das selbstverständlich. Sage ich dagegen: Das Recht, dieser abstrakte Begriff, verwirklicht sich im römischen Recht und im deutschen Recht, diesen konkreten Rechten, so wird der Zusammenhang mystisch.« (p 71) (Die Wertform oder der Tauschwert) [X 4 a, 1]

»Wenn ich sage, Rock, Stiefel usw. beziehn sich auf Leinwand als die allgemeine Verkörperung abstrakter menschlicher Arbeit, so springt die Verrücktheit dieses Ausdrucks ins Auge. Aber wenn die Produzenten von Rock, Stiefel usw. diese Waren auf Leinwand – oder auf Gold und Silber, was nichts an der Sache ändert – als allgemeines Äquivalent beziehn, erscheint ihnen die Beziehung ihrer Privatarbeiten zu der gesellschaftlichen Gesamtarbeit genau in dieser verrückten Form.« Karl Marx: Das Kapital 〈I〉 ed Korsch Berlin 1932 p 88 (Fetischcharakter) [X 4 a, 2]

»Die politische Ökonomie hat … niemals … die Frage gestellt, … warum sich … die Arbeit im Wert und das Maß der Arbeit durch ihre Zeitdauer in der Wertgröße des Arbeitsprodukts darstellt? Formeln, denen es auf der Stirn geschrieben steht, daß sie einer Gesellschaftsformation angehören, worin der Produktionsprozeß die Menschen, der Mensch noch nicht den Produktionsprozeß bemeistert, gelten ihrem bürgerlichen Bewußtsein für eben so selbstverständliche Naturnotwendigkeit als die produktive Arbeit selbst.« Marx: Das Kapital 〈I〉 (ed Korsch) p 92/93 (Der Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis) [X 4 a, 3]

Eine überaus wichtige Stelle zum Begriff des »Schöpferischen« ist die Bemerkung von Marx zum Anfang des ersten Satzes des Gothaer Programms: »Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums und aller Kultur«: »Die Bürger haben sehr gute Gründe, der Arbeit übernatürliche Schöpfungskraft anzudichten; denn gerade aus der Naturbedingtheit der Arbeit folgt, daß der Mensch, der kein anderes Eigentum besitzt als seine Arbeitskraft, in allen Gesellschafts- und Kulturzuständen der Sklave der andern Menschen sein muß, die sich zu Eigentümern der gegenständlichen Arbeitsbedingungen gemacht haben.« Karl Marx: Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei ed Korsch Berlin Leipzig 1922 p 22 [X 5, 1]

»Innerhalb der genossenschaftlichen, auf Gemeingut an den Produktionsmitteln gegründeten Gesellschaft tauschen die Produzenten ihre Produkte nicht aus; ebensowenig erscheint hier die auf Produkte verwandte Arbeit als Wert dieser Produkte, als eine von ihnen besessene sachliche Eigenschaft, da jetzt, im Gegensatz zur kapitalistischen Gesellschaft, die individuellen Arbeiten nicht mehr auf einem Umweg, sondern unmittelbar als Bestandteile der Gesamtarbeit existieren. Das Wort ›Arbeitsertrag‹ … verliert so allen Sinn.« Die Stelle bezieht sich auf die Forderung »gerechter Verteilung des Arbeitsertrages«. Marx: Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei Berlin Leipzig 1922 p 25 u 24 [X 5, 2]

»In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch die Produktionskräfte gewachsen sind … – erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahnen schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, Jedem nach seinen Bedürfnissen!« Marx: Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei Berlin Leipzig 1922 p 27 [X 5, 3]

Marx in der Kritik des Gothaer Programms von 1875: »Lassalle wußte das Kommunistische Manifest auswendig … Wenn er es also grob verfälschte, geschah es nur, um seine Allianz mit den absolutistischen und feudalen Gegnern wider die Bourgeoisie zu beschönigen.« Marx: Randglossen zum Programm (der deutschen Arbeiterpartei) 〈ed Korsch〉 p 28 [X 5, 4]

Korsch weist hin auf »die für das gesamte Verständnis des marxistischen Kommunismus grundlegende, heute aber von allen seinen Gegnern und sogar von vielen seiner Anhänger häufig als ›bedeutungslos‹ betrachtete wissenschaftliche Einsicht, daß der Arbeitslohn nicht, wie die bürgerlichen Oekonomen wollen, der Wert (bzw. Preis) der Arbeit, sondern ›nur eine maskierte Form für den Wert (bzw. Preis) der Arbeitskraft‹ ist, die auf dem Arbeitsmarkt als Ware verkauft wird, noch ehe ihr produktiver Gebrauch (die Arbeit) in dem Betriebe des kapitalistischen Eigentümers beginnt.« Karl Korsch: Einleitung (in Marx: Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei ed Korsch Berlin Leipzig 1922 p 17 [X 5 a, 1]

Schiller: »Gemeine Naturen zahlen mit dem, was sie tun, edle mit dem, was sie sind.« Der Proletarier zahlt mit dem, was er tut für das, was er ist. [X 5 a, 2]

»Während des Arbeitsprozesses setzt sich die Arbeit beständig aus der Form der Unruhe in die des Seins, aus der Form der Bewegung in die der Gegenständlichkeit um. Am Ende einer Stunde ist die Spinnbewegung in einem gewissen Quantum Garn dargestellt, also ein bestimmtes Quantum Arbeit, eine Arbeitsstunde, in der Baumwolle vergegenständlicht. Wir sagen Arbeitsstunde, denn die Spinnarbeit gilt hier nur, soweit sie Verausgabung von Arbeitskraft, nicht soweit sie die eigentümliche Arbeit des Spinnens ist … Rohmaterial und Produkt erscheinen hier« [im Wertbildungsprozeß] »in einem ganz andren Licht als vom Standpunkt des eigentlichen Arbeitsprozesses. Das Rohmaterial gilt hier nur als Aufsauger eines bestimmten Quantums Arbeit … Bestimmte und erfahrungsmäßig festgestellte Quanten Produkt stellen jetzt nichts dar als bestimmte Quanten Arbeit, bestimmte Maße festgeronnener Arbeitszeit. Sie sind nur noch Verkörperung von einer Stunde, zwei Stunden, einem Tag gesellschaftlicher Arbeit.« Karl Marx: Das Kapital 〈I〉 ed Korsch Berlin 〈1932〉 p 191 (Wertbildungsprozeß) [X 5 a, 3]

Die kleinbürgerlich-idealistische Theorie der Arbeit wird unübertrefflich von Simmel formuliert, bei dem sie als die Theorie der Arbeit schlechthin figuriert. Das moralistische Element kommt als antimaterialistisches dabei sehr klar zur Geltung. »Man kann … ganz allgemein behaupten, daß … der Unterschied zwischen geistiger und Muskelarbeit nicht der zwischen psychischer und materieller Natur sei, daß vielmehr auch bei der letzteren schließlich nur auf die Innenseite der Arbeit, auf die Unlust der Anstrengung, auf das Aufgebot an Willenskraft hin das Entgelt gefordert werde. Freilich ist diese Geistigkeit, die gleichsam das Ding-an-sich hinter der Erscheinung der Arbeit ist …, keine intellektuelle, sondern besteht in Gefühl und Willen; woraus dann folgt, daß derselbe dem der geistigen Arbeit nicht koordiniert ist, sondern auch diesen fundamentiert. Denn auch an ihm bringt ursprünglich nicht der objektive Inhalt …, sein … Resultat, die Forderung des Entgelts hervor, sondern … der Energieaufwand, dessen es für die Produktion jenes geistigen Inhaltes bedarf. Indem so der Quellpunkt des Wertes … sich als ein Thun der Seele enthüllt, erhalten Muskelarbeit und ›geistige‹ Arbeit einen gemeinsamen, – man könnte sagen: moralischen – wertbegründenden Unterbau, durch den die Reduktion des Arbeitswertes überhaupt auf Muskelarbeitswert ihr banausisches und brutal materialistisches Aussehn verliert. Das verhält sich ungefähr wie mit dem theoretischen Materialismus, der ein ganz neues und ernsthafter diskutables Wesen bekommt, wenn man betont, daß doch auch die Materie eine Vorstellung ist, kein Wesen, das, im absoluten Sinne … der Seele entgegengesetzt ist, sondern in seiner Erkennbarkeit durchaus bestimmt von den Formen und Voraussetzungen unserer geistigen Organisation.« Mit diesen Ausführungen (〈Philosophie des Geldes Leipzig 1900〉 p 449/450) macht sich Simmel freilich zum advocatus diaboli, denn er will die in Frage stehende Reduktion der Arbeit auf körperliche nicht einräumen. Es gebe doch auch wertlose Arbeit, die Energieaufwand erfordere. »Das bedeutet: der Wert der Arbeit mißt sich nicht an ihrem Quantum, sondern an der Nützlichkeit ihres Ergebnisses!« Nun wi⁠〈rft〉 Simmel Marx wie es scheint, eine Verwechselung von Tatbestandsaufnahme und Forderung vor. Er schreibt: Der »Sozialismus … erstrebt thatsächlich eine … Gesellschaft, in der der Nützlichkeitswert der Objekte, im Verhältnis zu der darauf verwendeten Arbeitszeit, eine Konstante bildet.« (〈ibd〉 p 451) »Im dritten Bande des ›Kapital‹ führt Marx aus: die Bedingung alles Werts, auch bei der Arbeitstheorie, sei der Gebrauchswert; allein das bedeute, daß auf jedes Produkt grade so viel Teile der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit verwendet werden, wie im Verhältnis zu seiner Nützlichkeitsbedeutung auf dasselbe kommen … Die Annäherung an diesen völlig utopischen Zustand scheint nur so technisch möglich zu sein, daß überhaupt nur das … ganz indiskutabel zum Leben Gehörige produziert wird; denn wo ausschließlich dies der Fall ist, ist allerdings jede Arbeit genau so nötig und nützlich wie die andere. Sobald man dagegen in die höheren Gebiete aufsteigt, auf denen einerseits Bedarf und Nützlichkeitsschätzung unvermeidlich individueller, andrerseits die Intensitäten der Arbeit schwerer festzustellen sind, wird keine Regulierung der Produktionsquanten bewirken können, daß das Verhältnis zwischen Bedarf und aufgewandter Arbeit überall das gleiche ist. So verschlingen sich an diesen Punkten alle Fäden der Erwägungen über den Sozialismus; an ihm wird klar, daß die … Schwierigkeit … sich im Verhältnis der Kulturhöhe der Produkte steigert, und deren Vermeidung nun freilich die Produktion zu den primitivsten, unentbehrlichsten, durchschnittlichsten Objekten herabsenken müßte.« Georg Simmel: Philosophie des Geldes Lpz 1900 p 451-53 Zu dieser Kritik vergl die Antikritik dieses Standpunkts bei Korsch X 9, 1 [X 6, X 6 a]

Es »erleiden … unter sich gleichwertige, aber verschiedenartige Objekte durch ihre – wenn auch mittelbare oder ideelle – Austauschbarkeit eine Herabsetzung der Bedeutung ihrer Individualität … Die Herabsetzung des Interesses für die Individualität der Waren führt zu einer Herabsetzung dieser Individualität selbst. Wenn die beiden Seiten der Ware … ihre Qualität und ihr Preis sind, so scheint es allerdings logisch unmöglich, daß das Interesse nur an einer dieser Seiten hafte: denn die Billigkeit ist ein leeres Wort, wenn sie nicht Niedrigkeit des Preises für eine relativ hohe Qualität bedeutet … Dennoch ist jenes begrifflich Unmögliche psychologisch wirklich und wirksam; das Interesse für die eine Seite kann so steigen, daß das logisch erforderte Gegenstück derselben ganz herabsinkt. Der Typus für den einen dieser Fälle ist der ›Fünfzig-Pfennig-Bazar‹. In ihm hat das Wertungsprinzip der modernen Geldwirtschaft seinen restlosen Ausdruck gefunden. Als das Zentrum des Interesses ist jetzt nicht mehr die Ware, sondern ihr Preis konstituiert – ein Prinzip, das früheren Zeiten nicht nur schamlos erschienen, sondern innerlich ganz unmöglich gewesen wäre. Es ist mit Recht darauf aufmerksam gemacht worden, daß die mittelalterliche Stadt … der ausgedehnten Kapitalwirtschaft ermangelte, und daß dies der Grund gewesen sei, das Ideal der Wirtschaft nicht sowohl in der Ausdehnung (die nur durch Billigkeit möglich ist), als vielmehr in der Güte des Gebotenen zu suchen.« Georg Simmel: Philosophie des Geldes Lpz 1900 p 411/412 [X 7, 1]

»Die politische Ökonomie ist jetzt nicht mehr eine Wissenschaft von der Ware … Sie wird eine direkte Wissenschaft von der gesellschaftlichen Arbeit« – »in ihrer gegenwärtigen, bestimmten und eindeutigen Form als »Ware eines andern« produzierende Arbeit, d. h. als formell zu ihrem vollen Wert bezahlte, tatsächlich ausgebeutete … Arbeit der … Lohnarbeiter, denen die durch die gesellschaftliche Arbeitsteilung vertausendfachte Produktivkraft ihrer Arbeit in der Form des Kapitals gegenübersteht.« Korsch lc 〈Karl Marx; Manuskript〉 II p 47 vgl X 11, 1 [X 7, 2]

Zur verunglückten Rezeption der Technik. »Die Illusionen dieses Gebietes zeichnen sich deutlich an den Ausdrücken, die ihm dienen und mit denen eine auf ihre … Mythenfreiheit stolze Anschauungsweise das direkte Gegenteil dieser Vorzüge verrät. Daß wir die Natur besiegen oder beherrschen, ist ein ganz kindlicher Begriff, da … alle Vorstellungen von … Sieg und Unterworfensein nur darin ihren Sinn haben, daß ein entgegenstehender Wille gebrochen ist … Das natürliche Geschehen als solches … steht … jenseits der Alternative von Freiheit und Zwang … Wären dies … auch nur Fragen des Ausdrucks, so leitet dieser doch alle oberflächlicher Denkenden auf anthropomorphistische Irrwege und zeigt, daß die mythologische Denkweise auch noch innerhalb der naturwissenschaftlichen Weltanschauung ein Unterkommen findet.« Georg Simmel: Philosophie des Geldes Lpz 1900 p 520/21 Es ist das Eigentümliche Fouriers, daß er eine ganz andere Rezeption der Technik hatte anbahnen wollen. [X 7 a, 1]

»Die … von den klassischen bürgerlichen Ökonomen und ihren ersten sozialistischen Antipoden … bereits größtenteils vorweggenommene Lehre vom ›Mehrwert‹, und die … Zurückführung des ›freien Arbeitsvertrags‹ der modernen Lohnarbeiter auf den Kauf und Verkauf der ›Ware Arbeitskraft‹, erlangen ihre durchschlagende Kraft erst durch die Verlegung aus dem Gebiet des Warenaustauschs … auf das … Gebiet der materiellen Produktion, d. h. durch den Übergang von dem in Form von Ware und Geld vorliegenden … ›Mehrwert‹ zu der von den wirklichen Arbeitern im kapitalistischen Betrieb unter den dort obwaltenden gesellschaftlichen Beziehungen von Herrschaft und Unterdrückung geleisteten … ›Mehrarbeit‹.« Korsch lc 〈Karl Marx; Manuskript〉 II p 41/42 [X 7 a, 2]

Korsch II p 47 zitiert aus Marx: 〈Das Kapital I, 4. Aufl., Hamburg 1890, p 138/139〉 die Wendung: »Die verborgene Statte der Produktion, an deren Schwelle zu lesen steht: ›Unbefugten ist der Zutritt verboten.‹« vgl Dantes Inschrift am Höllentor und die »Einbahnstraße«. [X 7 a, 3]

Korsch definiert den Mehrwert als die »besonders ›verrückte‹ Form, die der Fetischismus der Ware als ›Ware Arbeitskraft‹ annimmt«. Karl Korsch: Karl Marx ms II p 53 [X 8, 1]

»Das, was Marx … als den ›Fetischismus der Warenwelt‹ bezeichnet, ist nur der wissenschaftliche Ausdruck für dieselbe Sache, die er früher … als die ›menschliche Selbstentfremdung‹ bezeichnet hatte … Der wichtigste inhaltliche Unterschied zwischen dieser« [der] »philosophischen Kritik der ökonomischen ›Selbstentfremdung‹ und der späteren wissenschaftlichen Darstellung desselben Problems besteht darin, daß Marx im Kapital … seiner ökonomischen Kritik durch die Zurückführung aller andern entfremdeten Kategorien der Ökonomie auf den Fetischcharakter der Ware eine tiefere und allgemeinere Bedeutung gegeben hat. Zwar bildet die eigentliche Pointe des kritischen Angriffs … auch jetzt noch die Entlarvung jener markantesten Form, die die menschliche Selbstentfremdung als direkte Selbstentäußerung des Menschen im Verhältnis zwischen ›Lohnarbeit und Kapital‹ annimmt. Aber dieser besondere Fetischismus der Ware Arbeitskraft … erscheint in dieser letzten Fassung der ökonomischen Theorie … nur noch als abgeleitete Form jenes allgemeineren Fetischismus, der schon in der Form der Ware selbst enthalten ist … Erst dadurch, daß er schlechthin alle ökonomischen Kategorien als einen einzigen großen Fetisch enthüllte, hat Marx … alle Formen und Phasen der bürgerlichen Ökonomie und Gesellschaftstheorie wirklich überschritten … Selbst ihre besten Wortführer bleiben in der … Welt des bürgerlichen Scheins befangen oder fallen darein zurück, weil sie niemals dazu gelangten, mit den abgeleiteten Formen« [Entlarvung des Gold- und Silber-Fetischs, der aus der Erde wachsenden Grundrente, des Zinses als Teil des Profits, der Rente als Überschuß über die Durchschnittsprofitrate] »zugleich jene allgemeinste Grundform des ökonomischen Fetischismus … aufzulösen, welche in der Wertform des Arbeitsprodukts als Ware und in den Wertverhältnissen der Waren selbst erscheint.« Korsch lc 〈II〉 p 53-57 [X 8, 2]

»Wenn für die bürgerliche Auffassung die »ökonomischem Dinge und Zusammenhänge dem einzelnen Bürger nur äußerlich … entgegentreten, so bewegen sich nach der neuen Auffassung die Menschen mit all ihren Handlungen von vornherein in den bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen, die aus der jeweiligen Entwicklungsstufe der materiellen Produktion entspringen … Ideale der bürgerlichen Gesellschaft, wie das freie, sich selbst bestimmende Individuum und die Freiheit und Gleichheit aller Bürger in der Ausübung ihrer politischen Rechte und die Gleichheit aller vor dem Gesetz, erscheinen jetzt nur noch als die aus dem Warenaustausch abgeleiteten Korrelatvorstellungen zum Fetischismus der Ware … Nur unter Verdrängung der wirklichen gesellschaftlichen Grundbeziehungen … in die Unbewußtheit … nur durch die fetischistische Umwandlung der gesellschaftlichen Beziehungen zwischen der Klasse der Kapitalisten und der Klasse der Lohnarbeiter in ›freien‹ Verkauf … der ›Ware Arbeitskraft‹ an den Besitzer des ›Kapitals‹ … ist es möglich, in dieser Gesellschaft von Freiheit und Gleichheit zu sprechen.« Korsch lc 〈II〉 p 75-77 [X 8 a, 1]

»Das individuelle und kollektive Feilschen um die Verkaufsbedingungen der Ware Arbeitskraft gehört selbst noch ganz zu der Welt des fetischistischen Scheins. Gesellschaftlich betrachtet, sind mit den sachlichen Produktionsmitteln zugleich die besitzlosen Lohnarbeiter, die als einzelne durch den ›freien Arbeitsvertrag‹ ihre Arbeitskraft auf Zeit an den kapitalistischen Unternehmer verkaufen, als Klasse von vornherein und für immer das Eigentum der über die sachlichen Arbeitsmittel verfügenden besitzenden Klasse. Es war also nicht die volle Wahrheit, was Marx noch im Kommunistischen Manifest … verkündet hatte. Die Bourgeoisie hat … noch nicht die unverhüllte ›offene Ausbeutung‹, sie hat nur an die Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen verbrämten Ausbeutung« [des Mittelalters] »eine andere, raffiniertere und schwerer zu entlarvende Form der verhüllten Ausbeutung gesetzt. Wenn in früheren Epochen die offen proklamierten Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnisse als die unmittelbaren Triebfedern der Produktion erschienen, so ist im bürgerlichen Zeitalter … umgekehrt die Produktion … Vorwand … für die … Ausbeutungsverhältnisse.« 〈Korsch〉 lc 〈II〉 p 64/5 [X 8 a, 2]

Zur Lehre vom Wert: »Die ›Gleichheit‹ der qualitativ verschiedenen Arbeiten als bloß quantitativ verschiedene Teilmengen einer Gesamtmenge von ›Arbeit überhaupt‹, die dem ökonomischen Begriff des Werts zugrunde liegt, bildet so wenig eine Naturbedingung der Warenproduktion, daß sie vielmehr umgekehrt durch den allgemeinen Austausch und die Produktion der Bedarfsgüter als Ware überhaupt erst zustande gebracht wird und auch tatsächlich nirgend anders als im ›Wert‹ der Waren erscheint. Schon bei den klassischen Ökonomen beruhte die Zurückführung des ›Werts‹ der Waren auf die darin verkörperten Mengen von ›Arbeit‹ nicht auf einer naturwissenschaftlichen, sondern auf jener (den Ökonomen freilich unbewußten) geschichtlichen, und politischen Voraussetzung. Die ökonomische Theorie des ›Arbeitswerts‹ entspricht einer Entwicklungsstufe der gesellschaftlichen Produktion, auf der die menschliche Arbeit nicht nur als Kategorie sondern auch in der Wirklichkeit aufgehört hat, mit dem Individuum oder mit engeren Gruppen gleichsam organisch verwachsen zu sein, und auf der nun, nach Beseitigung der zünftlerischen Schranken, im Zeichen der bürgerlichen »Handelsfreiheit« von Rechts wegen jede besondere Arbeit jeder anderen besonderen Arbeit gleich gilt … Wenn also die an solche Kühnheit des wissenschaftlichen Denkens nicht mehr gewöhnten Epigonen in der späteren Zeit so beweglich über die gewaltsame Abstraktion« geklagt haben, mit der die klassischen Ökonomen und die Marxisten bei der Zurückführung der Wertverhältnisse der Waren auf die darin verkörperten Arbeitsmengen Ungleiches gleich gesetzt haben, so ist darauf zu erwidern, daß diese ›gewaltsame Abstraktion‹ gar nicht zuerst … aus … der ökonomischen Wissenschaft, sondern aus dem tatsächlichen Charakter der kapitalistischen Warenproduktion entspringt. Die Ware ist der geborene leveller.« Korsch lc II p 66-68 – In »Wirklichkeit« sind natürlich für Marx »die zur Produktion der verschiedenen Gebrauchsgüter geleisteten Arbeiten auch unter der Herrschaft des Wertgesetzes tatsächlich verschieden«, lc II p 68 Dies gegen Simmel vgl X 6 a, 1 [X 9]

»Marx und Engels … haben darauf hingewiesen, daß das Gleichheitsideal, welches sich in der Epoche der bürgerlichen Warenproduktion ausgebildet hat und ökonomisch in dem »Wertgesetz« der bürgerlichen Klassiker zum Ausdruck kommt, als solches noch bürgerlichen Charakter hat und darum mit der Ausbeutung der Arbeiterklasse durch das Kapital nur ideologisch, aber nicht in Wirklichkeit unverträglich ist. Wenn die sozialistischen Ricardianer sich einbildeten, … auf Grund des ökonomischen Prinzips, daß ›nur die Arbeit Wert schafft‹, alle Menschen in unmittelbare, gleiche Arbeitsmengen austauschende Arbeiter verwandeln« zu können, »so entgegnete Marx …, daß ›ce rapport égalitaire … n’est lui-même que le reflet du monde actuel, et qu’il est par conséquent totalement impossible de reconstituer la société sur une base qui n’en est qu’une ombre embellie. A mesure que l’ombre redevient corps, on s’aperçoit que ce corps, loin d’en être la transfiguration rêvée, est le corps actuel de la société.‹« Das Zitat aus La misère de la philosophie Korsch II p 4 [X 9 a, 1]

Korsch: im bürgerlichen Zeitalter sei »die Produktion der Arbeitsprodukte Vorwand und Hülle für die … Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnisse. Die wissenschaftliche Form der Verschleierung dieses Sachverhalts ist die Politische Ökonomie.« Ihre Funktion: 〈»〉⁠die Verantwortung für die damit auf der heutigen Stufe der gesellschaftlichen Produktivkräfte bereits gegebenen, in den großen Wirtschaftskrisen katastrophal hervortretenden Entwicklungshemmungen und Lebenszerstörungen aus der Sphäre des menschlichen Tuns … in die Sphäre der naturgegebenen unabänderlichen Beziehungen der Dinge« hinauszuverlegen. Korsch lc II p 65 [X 9 a, 2]

»Die Unterscheidung von Gebrauchswert und Tauschwert enthält in der abstrakten Form, in der sie sich bei den bürgerlichen Ökonomen findet …, keinen brauchbaren Ausgangspunkt für die Erkenntnis der bürgerlichen Warenproduktion … Nach Marx handelt es sich in der Ökonomie nicht um den Gebrauchswert im allgemeinen, sondern um den Gebrauchswert der Ware. Der Gebrauchswert der ›Ware‹ ist aber nicht nur (außerökonomische) Voraussetzung für ihren ›Wert‹. Er ist Element des Werts … Die Tatsache, daß ein Ding irgendeine Brauchbarkeit für irgendeinen Menschen, sage für seinen eigenen Hersteller, hat, ergibt noch nicht die ökonomische Definition des Gebrauchswerts. Erst die Tatsache, daß das Ding … Brauchbarkeit ›für andere‹ hat, ergibt die ökonomische Definition des Gebrauchswerts als Eigenschaft der Ware. Ist der Gebrauchswert der Ware ökonomisch bestimmt als gesellschaftlicher Gebrauchswert (Gebrauchswert ›für andere‹), so ist auch die … Arbeit, die diesen Gebrauchswert herstellt, ökonomisch bestimmt als … Arbeit ›für andere‹. Die Waren produzierende Arbeit erscheint also als gesellschaftliche Arbeit in einem doppelten Sinne. Sie hat … allgemeinen gesellschaftlichen Charakter als »spezifisch nützliche Arbeit«, die eine bestimmte Art von gesellschaftlichem ›Gebrauchswert‹ herstellt. Sie hat spezifisch geschichtlichen Charakter als »allgemeine gesellschaftliche Arbeite die ein bestimmtes Quantum »Tauschwert« herstellt. Die Fähigkeit der gesellschaftlichen Arbeit zur Herstellung von bestimmten, menschlich nützlichen Dingen … erscheint im Gebrauchswert, ihre Fähigkeit zur Produktion eines Werts und Mehrwerts für den Kapitalisten (eine Eigenschaft, welche aus der besonderen Form der Vergesellschaftung der Arbeit … in der gegenwärtigen geschichtlichen Epoche entspringt) erscheint im Tauschwert des Arbeitsprodukts. Die Vereinigung der beiden gesellschaftlichen Charaktere der Waren produzierenden Arbeit erscheint in der ›Wertform des Arbeitsprodukts« oder der »Form der Ware‹.« Korsch lc 〈II〉 p 42-44 [X 10]

»Die bürgerlichen Ökonomen hatten bei der Zurückführung des Werts auf die Arbeit zwar in ihren Anfängen, als die abstrakten Kategorien der Politischen Ökonomie noch im Prozeß der Scheidung von ihrem stofflichen Inhalt … waren, ebenfalls an die verschiedenen Formen der realen Arbeit gedacht. So hatten die Merkantilisten, die Physiokraten usw. der Reihe nach die in der Exportindustrie, Handel und Schiffahrt angewendete Arbeit, die Agrikulturarbeit usw. als wahre Quelle des Reichtums proklamiert. Noch bei Adam Smith, der von den verschiedenen Arbeitszweigen endgültig zu der allgemeinen Form der Waren produzierenden Arbeit überging, läuft neben der formalistischen, ihm mit Ricardo gemeinsamen Bestimmung der »Arbeit« als einer abstrakten, nirgends als im ›Wert‹ (Tauschwert) erscheinenden Wesenheit, nebenher eine andere Bestimmung. Dieselbe Arbeit, die er als Tauschwert erzeugende Arbeit definierte, hat er … auch als einzige Quelle des stofflichen Reichtums oder der Gebrauchswerte definiert. Diese Lehre, die im vulgären Sozialismus bis heute unausrottbar fortlebt …, ist ökonomisch falsch.« Unter ihrer Voraussetzung wäre nicht »zu erklären, warum in der heutigen … Gesellschaft gerade die arm sind, die bisher allein über diese Quelle des Reichtums verfügten, erst recht nicht, warum sie »arbeitslos« und arm bleiben, statt mit ihrer Arbeit sich Reichtum zu erzeugen. Aber … Adam Smith … hat bei dem Lob der schöpferischen Kraft der ›Arbeit‹ nicht so sehr die im Wert der Waren erscheinende und den kapitalistischen Profit hervorbringende Fronarbeit des modernen Lohnarbeiters als die allgemeine Naturnotwendigkeit der menschlichen Arbeit vor Augen gehabt, wie ebenso auch seine unkritische Verherrlichung der »Teilung der Arbeit« in jenen »großen Manufakturen«, worunter er das Ganze der modernen kapitalistischen Volkswirtschaft versteht, nicht so sehr die äußerst unvollkommene … Form der Arbeitsteilung in der gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaft, als der damit in unklarer Weise verschwimmenden allgemeinen gesellschaftlichen Gestalt der menschlichen Arbeit gilt, 〈sic〉« Korsch lc II p 44-46 [X 10 a]

Entscheidende, wenn auch im Schlußsatz wohl noch der Aufhellung bedürftige Stelle über den Mehrwert: »Auch die gewöhnlich als der eigentliche sozialistische Bestandteil der ökonomischen Theorie von Marx betrachtete Lehre vom Mehrwert ist in der fortgebildeten Gestalt, in der sie bei Marx auftritt, weder ein einfaches ökonomisches Rechenexempel, welches dem Kapitalismus einen an den Arbeitern verübten formellen Betrug vorrechnet, noch eine moralische Nutzanwendung der Ökonomie, welche vom Kapital den unterschlagenen Teil des »vollen Arbeitsertrags« der Arbeiter zurückverlangt. Sie geht vielmehr als »ökonomische« Theorie davon aus, daß der kapitalistische Unternehmer die von ihm in seinem Betrieb ausgebeutete Arbeitskraft der Lohnarbeiter »normaler« Weise durch ein reelles Tauschgeschäft erwirbt, bei welchem der Arbeiter in dem Arbeitslohn den vollen Gegenwert für die von ihm verkaufte »Ware« einhandelt. Der Vorteil des Kapitalisten bei diesem Geschäft entspringt nicht aus der Ökonomie, sondern aus seiner privilegierten gesellschaftlichen Stellung. Er kann als der monopolistische Besitzer der sachlichen Produktionsmittel die zu ihrem ökonomischen ›Wert‹ (Tauschwert) gekaufte Arbeitskraft nach ihrem spezifischen Gebrauchswert zur Produktion von Waren zu gebrauchen. Zwischen dem Wert der durch die Ausbeutung der Arbeitskraft im kapitalistischen Betrieb gewonnenen Waren und dem für diese Arbeitskraft an ihre Verkauf bezahlten Preise besteht nach Marx keinerlei ökonomische oder sonstige rationell bestimmbare Beziehung. Die Größe des von den Arbeitern in ihren Arbeitsprodukten über den Ersatz ihres Lohns hinaus erzeugten Werts oder die Menge der zur Erzeugung dieses »Mehrwerts« geleisteten »Mehrarbeit« und das Verhältnis dieser Mehrarbeit zu der notwendigen Arbeit (d. h. die für eine bestimmte Zeit und ein bestimmtes Land jeweils geltende »Mehrwertsrate« oder »Ausbeutungsrate«) ist also in der kapitalistischen Produktionsweise kein Resultat einer ökonomischen Berechnung. Sie ist das Resultat eines gesellschaftlichen Klassenkampfes.« Korsch lc II 〈p〉 71/2 [X 11]

»Der Sinn der Marxschen Lehre vom Wert besteht … letzten Endes überhaupt nicht in der Beschaffung irgendwelcher theoretischer Grundlagen für die praktische Kalkulation des in der bestehenden kapitalistischen Gesellschaft seinen privaten Vorteil suchenden Geschäftsmanns oder für die wirtschaftspolitischen Maßnahmen des für das Gedeihen der kapitalistischen Plusmacherei im allgemeinen besorgten bürgerlichen Staatsmannes. Der wissenschaftliche Endzweck seiner Theorie besteht nach Marx vielmehr darin, ›das ökonomische Bewegungsgesetz der modernen Gesellschaft – und das heißt zugleich das Gesetz ihrer geschichtlichen Entwicklung – zu enthüllen‹.« Korsch lc II p 70 [X 11 a, 1]

»Vollständige Bestimmung des wirklichen gesellschaftlichen Charakters jenes Grundvorganges der modernen kapitalistischen Produktion, der von den bürgerlichen Ökonomen und von ihren Antipoden, den vulgären Sozialisten, einseitig bald nur als Produktion von Gebrauchsgütern, bald umgekehrt nur als Produktion von Wert oder als einfache Profitmacherei dargestellt wird«: eine »Produktion von Mehrwert vermittels der Produktion von Wert vermittels der Produktion von Gebrauchsgütern in einer Gesellschaft, in der die sachlichen Produktionsgüter als Kapital und die wirklichen Produzenten als Ware Arbeitskraft in den vom Kapitalisten beherrschten Prozeß der Produktion eingehen«. Korsch lc III p 10/11 [X 11 a, 2]

Die Erfahrung unserer Generation: daß der Kapitalismus keines natürlichen Todes sterben wird. [X 11 a, 3]

Die Auseinandersetzung von Lafargue mit Jaurès ist für die große Form des Materialismus sehr kennzeichnend. [X 11 a, 4]

Quellen von Marx und Engels: »Sie nahmen von den bürgerlichen Historikern der Restaurationsperiode den Begriff der sozialen Klasse und des Klassenkampfs, von Ricardo die ökonomische Begründung der Klassengegensätze, von Proudhon die Proklamierung des modernen Proletariats als einzige wirklich revolutionäre Klasse, von den feudalen und christlichen Anklägern der neuen … Wirtschaftsordnung die schonungslose Entlarvung der bürgerlich liberalen Ideale, die haßerfüllte, ins Herz treffende Invektive, vom kleinbürgerlichen Sozialismus Sismondis die scharfsinnige Zergliederung der unlösbaren Widersprüche der modernen Produktionsweise, von den anfänglichen Weggenossen aus der Hegelschen Linken, besonders von Feuerbach, den Humanismus und die Philosophie der Tat, von den zeitgenössischen politischen Arbeiterparteien – den französischen Reformisten und den englischen Chartisten – die Bedeutung des politischen Kampfes für die Arbeiterklasse, vom französischen Konvent, von Blanqui und den Blanquisten die Lehre von der revolutionären Diktatur, von St. Simon, Fourier und Owen den ganzen Inhalt ihrer sozialistischen und kommunistischen Zielsetzung: die totale Umwälzung der Grundlagen der bestehenden kapitalistischen Gesellschaft, die Beseitigung der Klassen … und die Verwandlung des Staats in eine bloße Verwaltung der Produktion.« Korsch lc III p 101 [X 12, 1]

»Durch die Anknüpfung an Hegel vollzog der neue Materialismus der proletarischen Theorie den Anschluß an die Summe des bürgerlichen Gesellschaftsdenkens der ganzen vorhergehenden Epoche in derselben gegensätzlichen Form, in der auch praktisch die gesellschaftliche Aktion des Proletariats die vorhergehende gesellschaftliche Bewegung der bürgerlichen Klasse fortsetzt.« Korsch lc III p 99 [X 12, 2]

Sehr richtig sagt Korsch, und man darf dabei wohl an de Maistre und Bonald denken: »So ist in die … Theorie der modernen Arbeiterbewegung auch … ein Teil jener … ›Ernüchterung‹ mit hineingegangen, die … nach der großen französischen Revolution zunächst von den ersten französischen Theoretikern der Gegenrevolution, dann von den deutschen Romantikern proklamiert worden war und die besonders über Hegel einen starken Einfluß auf Marx ausgeübt hat.« Korsch lc II p 36 [X 12, 3]

Begriff der Produktivkraft: »›Produktivkraft‹ ist zunächst weiter nichts als die irdisch wirkliche Arbeitskraft lebender Menschen: die Kraft …, also, unter kapitalistischen Verhältnissen, ›Waren‹ herzustellen. Alles, was diesen Nutzeffekt der menschlichen Arbeitskraft … vermehrt, ist eine neue gesellschaftliche ›Produktivkraft‹. Zu den materiellen Produktivkräften gehört neben Natur, Technik, Wissenschaft vor allem auch die gesellschaftliche Organisation selbst und die darin durch Kooperation und industrielle Arbeitsteilung geschaffenen … gesellschaftlichen Kräfte.« Korsch lc III p 54/55 [X 12 a, 1]

Begriff der Produktivkraft: »Der Marx’sche Begriff der gesellschaftlichen Produktivkräfte hat nichts zu tun mit den idealistischen Abstraktionen der ›Technokraten‹, die sich einbilden, die Produktivkräfte der Gesellschaft … rein naturwissenschaftlich und technologisch feststellen … zu können … Ganz gewiß genügt nach … Marx die … »technokratische« Gesinnung nicht … …. jene … materiellen Hindernisse zu beseitigen, welche … die stumme Gewalt der ökonomischen Verhältnisse … jeder Veränderung des gegenwärtigen Zustandes entgegenstellt.« Korsch lc III p 59/60 [X 12 a, 2]

Bei Marx – Das philosophische Manifest der historischen Rechtsschule Rheinische Zeitung 1842 No 221 – erscheint als Gegenstand seines Hinweises »der richtige Gedanke daß die rohen Zustände naive niederländische Gemälde der wahren Zustände sind.« cit Korsch I p 35 [X 12 a, 3]

Marx betont gegen Proudhon, der Maschine und Arbeitsteilung als Gegensätze ansieht, wie sehr die Arbeitsteilung sich seit Einführung der Maschinerie verfeinert habe. Hegel seinerseits hat betont, daß die Arbeitsteilung gewissermaßen der Einführung der Maschinerie Bahn gebrochen habe. »Die … Vereinzelung des Inhalts … gibt die Teilung der Arbeit … Die damit zugleich abstraktere Arbeit führt einerseits durch ihre Einförmigkeit auf die Leichtigkeit der Arbeit und die Vermehrung der Produktion, andererseits zur Beschränkung auf eine Geschicklichkeit und damit zur unbedingten Abhängigkeit von dem gesellschaftlichen Zusammenhange. Die Geschicklichkeit selbst wird auf diese Weise mechanisch und bekommt die Fähigkeit, an die Stelle menschlicher Arbeit die Maschine treten zu lassen.« Hegel: Enzyklopädie der philosophischen) Wissenschaften im Grundrisse Lpz 1920 p 436 (§ 525/6) [X 12 a, 4]

Die Kritik des jungen Marx an den droits de l’homme wie sie von den droits du citoyen geschieden sind. »Keines der sogenannten Menschenrechte geht … über den egoistischen Menschen hinaus … Weit entfernt, daß der Mensch in ihnen als Gattungswesen aufgefaßt wurde, erscheint vielmehr das Gattungsleben selbst, die Gesellschaft, als ein den Individuen äußerlicher Rahmen … Das einzige Band, das sie zusammenhält, ist die Natur-Notwendigkeit, das Bedürfnis und das Privatinteresse, die Konservation ihres Eigentums und ihrer egoistischen Person. Es ist … rätselhaft, … daß das Staatsbürgertum, das politische Gemeinwesen von den politischen Emanzipatoren sogar zum bloßen Mittel für die Erhaltung dieser sogenannten Menschenrechte herabgesetzt, daß also der citoyen zum Diener des egoistischen homme erklärt, die Sphäre, in welcher der Mensch sich als Gemeinwesen verhält, unter die Sphäre, in welcher er sich als Teilwesen verhält, degradiert, endlich nicht der Mensch als citoyen, sondern der Mensch als bourgeois für den eigentlichen und wahren Menschen genommen wird … Das Rätsel löst sich einfach … Welches war der Charakter der alten Gesellschaft? … Die Feudalität. Die alte bürgerliche Gesellschaft hatte unmittelbar einen politischen Charakter … Die politische Revolution hob … den politischen Charakter der bürgerlichen Gesellschaft auf. Sie zerschlug die bürgerliche Gesellschaft … einerseits in die Individuen, andererseits in die materiellen und geistigen Elemente, welche … die bürgerliche Situation dieser Individuen bilden … Die Konstitution des politischen Staats und die Auflösung der bürgerlichen Gesellschaft in die unabhängigen Individuen – deren Verhältnis das Recht ist, wie das Verhältnis der Standes- und Innungsmenschen das Privilegium war – vollzieht sich in einem und demselben Akte. Der Mensch, wie er Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft ist, der unpolitische Mensch, erscheint aber notwendig als der natürliche Mensch. Die droits de l’homme erscheinen als droits naturels, denn die selbstbewußte Tätigkeit konzentriert sich auf den politischen Akt. Der egoistische Mensch ist das passive, nur vorgefundene Resultat der aufgelösten Gesellschaft …, natürlicher Gegenstand. Die politische Revolution … verhält sich zur bürgerlichen Gesellschaft, zur Welt der Bedürfnisse, der Arbeit, der Privatinteressen, des Privatrechts, als … zu ihrer Naturbasis. Endlich gilt der Mensch, wie er Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft ist, für den eigentlichen Menschen, für den homme im Unterschied von dem citoyen, weil er der Mensch in seiner sinnlichen … Existenz ist, während der politische Mensch nur der abstrahierte … Mensch ist … Die Abstraktion des politischen Menschen schildert Rousseau richtig also: ›Celui qui ose entreprendre d’instituer un peuple doit se sentir en état de changer … la nature humaine, de transformer chaque individu, qui par lui-même est un tout parfait et solitaire, en partie d’un plus grand tout dont cet individu reçoive … son être …‹ (Cont. Soc. liv. II, Londr. 1782, p. 67.)« Marx: Zur Judenfrage (Marx-Engels Gesamtausg⁠〈abe〉 I Abt I, 1 Frank⁠〈furt〉 a/M 1927 p 595-599 [X 13]

Die Eigenschaft, die der Ware als ihr Fetischcharakter zukommt, haftet der warenproduzierenden Gesellschaft selber an, nicht zwar so wie sie an sich ist, wohl aber so wie sie sich stets dann vorstellt und zu verstehen glaubt, wenn sie von der Tatsache, daß sie eben Waren produziert, abstrahiert. Das Bild, das sie so von sich produziert und das sie als ihre Kultur zu beschriften pflegt, entspricht dem Begriffe der Phantasmagorie (vgl Eduard Fuchs, der Sammler und der Historiker III). Sie wird bei Wiesengrund »definiert als ein Konsumgut, in dem nichts mehr daran gemahnen soll, wie es zustandekam. Es wird magisiert, indem die darin aufgespeicherte Arbeit im gleichen Augenblick als supranatural und heilig erscheint, da sie als Arbeit nicht mehr zu erkennen ist.« (T W Adorno: Fragmente über Wagner Zeitschrift für Sozialforschung VIII 1939, 1/2 p 17) Hierzu aus dem Manuscript des »Wagner« (p 46/7)⁠〈:〉 »Wagners Orchesterkunst … hat den Anteil der unmittelbaren Produktion des Tons aus der« [besser: dessen] »aesthetischen Gestalt vertrieben … Wer ganz verstünde, warum Haydn im Piano die Geigen durch eine Flöte verdoppelt, der könnte vielleicht ein Schema gewinnen für die Einsicht, warum die Menschheit vor Jahrtausenden aufgab, rohes Getreide zu essen und Brot buck, oder warum sie ihre Geräte glättete und polierte. Im Konsumgegenstand soll die Spur von dessen Produktion vergessen gemacht werden. Er soll aussehen, als ob er überhaupt nicht mehr gemacht wäre, um nicht zu verraten, daß der Tauschende eben ihn nicht machte, sondern die in ihm enthaltene Arbeit sich aneignete. Die Autonomie der Kunst hat zum Ursprung die Verdeckung der Arbeit.« [X 13 a]