Q
[Panorama]
»Hat niemand mehr Lust, mit mir in ein Panorama zu gehn?«
Max Brod: Über die Schönheit häßlicher Bilder Lpz 1913 p 59
Es gab Panoramen, Dioramen, Kosmoramen, Diaphanoramen, Navaloramen, Pleoramen (πλεω ich reise zur See, Wasserfahrten), Fantoscope, Fantasma-Parastasien, Expériences fantasmagoriques et fantasmaparastatiques, malerische Reisen im Zimmer, Georamen; Optische Pittoresken, Cinéoramen, Phanoramen, Stereoramen, Cykloramen, Panorama dramatique.
»In unserer an Pano-, Cosmo-, Neo-, Myrio-, Kigo- und Dio-Ramen so reichen Zeit.« M, G. Saphir im Berliner Courier vom 4ten März 1829 Zitiert bei Erich Stenger: Daguerres Diorama in Berlin Berlin 1925 p 73 [Q 1, 1]
Das nachrevolutionäre Versailles als Panoptikum: »Umgemodelt waren die übrig gelaßnen königlichen Statüen. Die von Ludwig XIV in dem großen Orangeriesaal, trägt, statt der weggehauenen Perrücke, eine Freiheitsmütze, eine Pike statt dem Befehlshabersstab, und damit man sich in dem neugeschaffnen Kriegesgotte nicht irre, steht an dem Fußgestelle der Statüe: ›Mars françois, protecteur de la liberté du monde‹. Eine ähnliche Spielerei hat man mit Coustou’s kolossalem Basrelief, Ludwig XIV zu Pferde, in der großen Gallerie des Schlosses, getrieben. Der aus den Wolken herabschwebende Genius des Ruhms hält, statt des vormaligen Lorbeerkranzes, eine Freiheitsmütze über den kahlen Kopf des Königs.« ◼ Kolportage ◼ F. J. L. Meyer: Fragmente aus Paris im IV. Jahr der französischen Republik Hamburg 1797 II p 315 [Q 1, 2]
Über die Schaustellung einer in Wachs nachgebildeten Gruppe von Dieben, die (gegen 1785) durch Curtius oder einen anderen Unternehmer auf der foire Saint-Laurent stattfand: »Les uns étaient enchaînés et couverts de haillons, les autres presque nus et sur la paille: c’était un spectacle assez pittoresque. Il n’y avait de portraits ressemblans que ceux des deux ou trois chefs; mais comme la bande était nombreuse, le propriétaire avait été obligé de leur donner de la compagnie. Je m’imaginais qu’il avait modelé les autres d’idée et au hasard, et, dans cette persuasion, je parcourais assez indifféremment les figures basanées et souvent obscurcies par de sales moustaches de ces brigands subalternes, lorsqu’à travers leur costume repoussant, je crus distinguer des traits qui ne m’étaient point inconnus. Je considérai plus attentivement, et je me convainquis que le propriétaire des grands voleurs, qui était le même que celui de l’autre salon de figures, voulant tirer parti de quelques personnages modelés qui n’étaient plus de mode, ou de quelques portraits de commande rebutés, les avait affublés de haillons, chargés de chaînes, et légèrement défigurés pour les placer avec les grands voleurs … Cette idée me fit sourire involontairement, en songeant que quelque femme de traitant pourrait bien trouver parmi ces messieurs le portrait de son mari, jadis commandé au modeleur en cire. Ceci n’est point un badinage, j’affirme y avoir reconnu le portrait fort ressemblant de Linguet, qui, quelques mois auparavant, était placé avec honneur dans l’autre cabinet, et que l’on n’avait sans doute transporté là que par esprit d’économie, et pour meubler la prison.« (Simon-Nicolas-Henri Linguet *1736 †1794 auf der Guillotine. Polygraph und Rechtsanwalt.) J. B. Pujoulx: Paris à la fin du XVIIIe siècle Paris 1801 p 102/103 ◼ Kolportage ◼ [Q 1, 3]
Das »Warten« ließe sich an die Darstellung der Kaiserpanoramen so gut wie an die Langeweile anschließen. Es ist sehr bezeichnend, daß Brod in einer Glosse »Panorama« auf alle Stichworte dieser Untersuchung gerät: Mode, Langeweile, Gaslicht etc. [Q 1, 4]
»Mélange de Morgue et de Musée de Luxembourg« hat Jules Claretie die Schlachtenpanoramen genannt. La vie à Paris 1881 Paris p 438 In diesen Panoramen erkennt man: auch Kriege sind der Mode unterworfen und Max Brod sieht in seinem »Panorama« »untätige Offiziere … passende Schlachtfelder für ihre phantastischen Kolonialkriege« suchen; es ist eine Schlachtengarderobe; die Mittellosen kommen und sehen sich um, ob sie nicht irgendwo ein abgetragnes Schlachtfeld sich zu eigen machen können ohne sich in Unkosten zu stürzen. [Q 1, 5]
Witze mit »rama« – nach »diorama« – bei Balzac im Beginn des »Père Goriot«. [Q 1, 6]
Einrichtung der Panoramen: Blick von einer erhöhten und mit einer Balustrade umgebnen Plattform ringsum auf die gegenüber und darunter liegenden Flächen. Die Malerei läuft an einer zylindrischen Wand entlang, hat ungefähr 100 m Länge und 20 m Höhe. Die hauptsächlichsten Panoramen von dem großen Panoramenmaler Prévost: Paris, Toulon, Rom, Neapel, Amsterdam, Tilsit, Vagram, Calais, Antwerpen, London, Florenz, Jerusalem, Athen. Unter seinen Schülern Daguerre. [Q 1 a, 1]
1838 Rotonde des Panoramas durch Hittorff erbaut. ◼ Eisen ◼ [Q 1 a, 2]
Panorama auf der Pariser Ausstellung von 1855 [Q 1 a, 3]
Es ist zu ermitteln was es bedeutet, wenn in den Dioramen der Beleuchtungswechsel, den der Tageslauf einer Landschaft bringt, in einer viertel oder halben Stunde sich abspielt. Hier liegt etwas wie ein spielerischer Vorläufer des Zeitraffers, eine witzige, etwas böse »tänzerische« Beschleunigung des Zeitverlaufs, die per contrarium an das Trostlose einer μιμησις denken läßt, wie Breton sie in der »Nadja« erwähnt: der Maler, der am späten Nachmittag seine Staffelei vor dem vieux port zu Marseille stehen hat und mit der abnehmenden Beleuchtung die Lichtverhältnisse auf seine〈m〉 Bilde immer wieder ändert, bis es die Dunkelheit zeigt. Für Breton aber war es nicht »fertig«. [Q 1 a, 4]
Scharf nachdenken über das besondere Pathos, das in der Kunst der Panoramen steckt. Über ihr besonderes Verhältnis zur Natur, besonders aber auch zur Geschichte. Wie eigentümlich es war, lassen diese Sätze von Wiertz ahnen, der ja sehr viel Panoramatisches in seiner Malerei hat. »On a souvent parlé du réalisme en peinture. Généralement, les tableaux qui portent le nom de réalistes sont peu d’accord avec ce titre. Le réalisme pur devrait comporter des qualités telles qu’un objet représenté pût sembler pouvoir se prendre à la main. / … Si, généralement, l’on estime peu ce que l’on appelle proprement trompe-l’œil, c’est que jusqu’ici ce genre de peinture n’a été pratiqué que par des peintres médiocres, des peintres d’enseignes, bornés seulement à la représentation de quelques objets de nature morte … / L’exemple de M. Wiertz donnera-t-il naissance à un genre nouveau?« Erläuterung des vom Maler selbst verfaßten Katalogs »L’Atelier de M. Wiertz« zu »La Curieuse«. Œuvres littéraires 〈Paris 1870〉 p 501/502 [Q 1 a, 5]
»Nocturnorama. Eine neue Art von Concerten wird diesen Winter in Paris die Modewelt unterhalten, Alles, was die Musik ausdrückt, soll während derselben durch Transparentgemälde in trefflicher Ausführung zur Anschauung gebracht werden. Haydn’s Schöpfung wird einstudirt und muß, von passenden Phantasmagorien begleitet, die Sinne der Zuhörer doppelt umstricken. / Mehr jedoch als zu diesem großartigen Werke scheint mir diese Einrichtung zu heitern und sentimentalen Anregungen geeignet. / So soll zum Beispiel das täuschend ähnliche und bewegliche Portrait der Malibran erscheinen, während eine vorzügliche Sängerin eine italienische Arie unsichtbar vortragen wird, gleichsam als hörte man den Schatten der Malibran singen.« August Lewald: Album der Boudoirs Leipzig und Stuttgart 1836 p 42/43 [Q 1 a, 6]
Daguerre hatte in seinem Diorama zeitweise unter anderm die Kirche St. Etienne du Mont. Mitternachtsmesse. Mit Orgel. Am Schluß: Erlöschen der Lichter. [Q 1 a, 7]
Für den folgenden Vergleich der Panoramen mit dem Kino ist es wichtig, daß das Kino heute alle Probleme der modernen Gestaltung als seine technischen Daseinsfragen auf die kürzeste, konkreteste, kritischste Weise formuliert. »La vogue des panoramas, parmi lesquels nous remarquons celui de Boulogne, correspond alors à celle des cinématographes aujourd’hui. Les passages couverts, du type de celui des Panoramas, commencent aussi leur fortune parisienne.« Marcel Poëte: Une vie de cité Paris Paris 1925 p 326 [Q 1 a, 8]
David forderte seine Schüler auf, im Panorama Studien nach der Natur zu machen. [Q 1 a, 9]
»Bien des gens s’imaginent que l’art peut indéfiniment se perfectionner. C’est une erreur. Il est une limite où il s’arrêtera. En voici la raison: c’est que les conditions dans lesquelles est restreinte l’imitation de la nature sont immuables. On veut un tableau, c’est-à-dire une surface plane, entourée ou non d’une bordure, et, sur cette surface, la représentation produite au seul moyen de diverses matières colorantes … Dans les conditions qui constituent le tableau, toute tentative a été faite. Le problème le plus difficile était le relief parfait, les profondes perspectives portées à l’illusion la plus complète. Le stéréoscope l’a résolu.« A. J. Wiertz: Œuvres littéraires Paris 1870 p 364 Diese Bemerkung wirft nicht nur ein interessantes Licht darauf, unter welchen Gesichtspunkten man damals Stereoramen etc. betrachtete, sie zeigt auch sehr deutlich, daß die Theorie eines »Fortschritts« in den Künsten an die Idee der Naturnachahmung gebunden und im Zusammenhang mit ihr zu diskutieren ist. [Q 2, 1]
Zum Kolportagephänomen des Raumes und damit zu der fundamentalen Zweideutigkeit der Passagen eröffnet die manni〈g〉faltige Verwendung der Figuren in Wachsfigurenkabinetten einen Zugang. Die wächsernen Statuen und Häupter, deren eine heut einen Kaiser, morgen einen Staatsverbrecher und übermorgen einen galonnierten Wärter, deren andere heut die Julia Montague, morgen Marie Lafargue und übermorgen Frau Doumergue darstellt, sind in diesen optischen Flüstergalerien am rechten Platz. Ludwig XI ist sie der Louvre, Richard II der Tower, Abdel Krim die Wüste und Nero Rom. ◼ Flaneur ◼ [Q 2, 2]
Dioramen lösen die laterna magica ab, die die Perspektive nicht kannte, mit der aber freilich der Lichtzauber ganz anders sich in die noch kümmerlich erleuchteten Wohnungen insinuierte. »Laterne magique! Pièce curieuse!« Mit diesem Ruf zog ein camelot am Abend durch die Straßen und stieg auf einen Wink in die Wohnungen hinauf, in denen er seine Laterne vorführte. Noch die affiche der ersten Plakatausstellung zeigt charakteristischerweise eine laterna magica. [Q 2, 3]
Ein Georama war eine zeitlang in der galerie Colbert. – Das Georama des XIV arrondissements besaß eine kleine Naturnachahmung Frankreichs. [Q 2, 4]
In demselben Jahre, da Daguerre die Photographie erfand, brannte sein Diorama ab. 1839. ◼ Vorläufer ◼ [Q 2, 5]
Es gibt eine unabsehbare Literatur, deren stilistischer Charakter ein völliges Gegenbild zu den Dioramen, Panoramen etc darstellt. Das sind die feuilletonistischen Sammelwerke und Skizzenfolgen aus der Jahrhundertmitte. Werke wie »La grande ville«, »Le diable à Paris«, »Les Français peints par eux-mêmes«. Sie sind gewissermaßen moralische Dioramen und den andern nicht nur in ihrer skrupellosen Manni〈g〉faltigkeit verwandt sondern technisch genau wie sie gebaut. Einem plastisch durchgebildeten mehr oder weniger detaillierten Vordergrunde entspricht eine scharfprofilierte feuilletonistische Einkleidung der sozialen Studie die hier den großen Hintergrund abgibt wie im Diorama die landschaftliche. [Q 2, 6]
La mer – »jamais la même« bei Proust, in Balbec, und die Dioramen mit ihrem Beleuchtungswechsel, der den Tag genau ebensoschnell vorm Beschauer dahingehn läßt wie er bei Proust dem Leser vorbeizieht. Hier reichen sich die niedrigste und die höchste Form der Mimesis die Hand. [Q 2, 7]
Das Panoptikum eine Erscheinungsform des Gesamtkunstwerks. Der Universalismus des 19ten Jahrhunderts hat im Panoptikum sein Denkmal. Pan-Optikum: nicht nur, daß man alles sieht; man sieht es auf alle Weise. [Q 2, 8]
»Navalorama« Eduard Devrient: Briefe aus Paris Berlin 1840 p 57 [Q 2, 9]
Hauptsächliche panoramatische Darstellungen von Prévost für die Panoramen des passage. »Paris, Toulon, Rome, Naples, Amsterdam, Tilsitt, Wagram, Calais, Anvers, Londres, Florence, Jerusalem et Athènes. Tous étaient conçus de la même manière. Ses spectateurs, placés comme au sommet d’un édifice central, sur une plate-forme qu’entourait une balustrade, dominaient de toutes parts l’horizon. Chaque toile, adhérente à la paroi intérieure d’une salle cylindrique, avait une circonférence de 97 mètres 45 centimètres 2 millimètres (300 pieds) et une hauteur de 19 mètres 42 centimètres (60 pieds). Ainsi les dix-huits panoramas de Prévost représentent une surface de 86 667 mètres 6 centimètres (224 000 pieds).« Labédollière: Histoire du nouveau Paris Paris p 30 [Q 2 a, 1]
Im »Raritätenladen« spricht Dickens von »der unbeweglichen Miene von Kaltblütigkeit und Anstand« bei Wachsfiguren. ◼ Traumhaus ◼ [Q 2 a, 2]
Daguerre und die Akademie [française?] »Lemercier … gab mir eine Karte zur öffentlichen Sitzung des Instituts … Er wird bei dieser Sitzung ein Gedicht auf die Daguerre’sche Maschine vortragen, um das Interesse für diesen Gegenstand wieder zu beleben, denn der Erfinder hat durch einen Brand in seinem Zimmer seinen ganzen Apparat eingebüßt, weshalb auch während meines Aufenthaltes in Paris von der wunderbaren Operation dieser Maschine nichts zu sehen war.« Eduard Devrient: Briefe aus Paris Berlin 1840 p 260 [Brief vom 28. April 1839][Q 2 a, 3]
Im Palais-Royal das »Café du Mont St. Bernard, très-curieux à voir, au premier vis-à-vis de l’escalier, (ein Caffehaus, wo rundum auf die Wände Schweizergegenden gemahlt sind, – in der Höhe der Tische ist eine kleine Galerie, wo der Vorgrund des Gemähldes im Modell steht; kleine Kühe, Schweizerhütten, Mühlen, Semern [soll vielleicht Sennen heißen], u. s. w. très-curieux à voir.)« J. F. Benzenberg: Briefe geschrieben auf einer Reise nach Paris Dortmund 1805 I p 260 [Q 2 a, 4]
Ein Anschlagzettel: »La langue françoise en panorama« Bei J. F. Benzenberg lc I p 265 Im gleichen Zusammenhange Mitteilungen über das Reglement, dem die Zettelankleber unterstehen. [Q 2 a, 5]
Eine ungemein ausführliche Programmschilderung des Pierreschen Theaters bei Benzenberg lc I p 287-92 [Q 2 a, 6]
Das Interesse am Panorama ist, die wahre Stadt zu sehen – die Stadt im Hause. Was im fensterlosen Hause steht, ist das Wahre. Übrigens ist auch die Passage ein fensterloses Haus. Die Fenster, die auf sie herabschauen sind wie Logen, aus denen man in sie hineinsehen, nicht aber aus ihr heraussehen kann. (Das Wahre hat keine Fenster; das Wahre sieht nirgends zum Universum heraus.) [Q 2 a, 7]
»L’illusion était complète. Je reconnus au premier coup d’oeil tous les monuments, tous les lieux, et jusqu’à la petite cour où se trouve la chambre que j’y habitais dans le couvent de Saint-Sauveur. Jamais voyageur ne fut mis à une si rude épreuve; je ne pouvais m’attendre qu’on transportait Jérusalem et Athènes à Paris pour me convaincre de mensonge ou de vérité.« Chateaubriand dans la préface de l’»Itinéraire de 〈Paris à〉 Jérusalem« cit bei Emile de Labédollière: Le nouveau Paris p 30 [Q 3, 1]
Die innersten, glühenden Zellen der ville lumière, die alten Dioramen, nisteten in den Passagen, von denen eine noch heute nach ihnen den Namen hat. Es war im ersten Augenblick als beträte man ein Aquarium. An der Wand des großen verdunkelten Saales zog es sich, von schmalen Gelenken durchbrochen, wie ein Band hinter Glas erleuchteten Wassers entlang. Das Farbenspiel der Tiefseefauna kann nicht brennender sein. Aber was sich hier zeigte waren oberirdische, atmosphärische Wunder. An monderhellten Wassern spiegelten sich Serails, weiße Nächte in verlassenen Parks taten sich auf. Man erkannte im Mondlicht das Schloß von Saint-Leu, in dem der letzte Condé erhängt an einem Fenster aufgefunden wurde. Es brannte noch Licht in einem Fenster des Schlosses. Dazwischen fiel ein paar Mal breit die Sonne ein. Im lauteren Lichte eines Sommermorgens sah man die Stanzen des Vatikans, wie sie den Nazarenern erschienen sein mögen; unweit baute sich Baden-Baden auf. Aber auch Kerzenlicht kam zu Ehren: Wachslichter umstellten im dämmernden Dom als chapelle ardente den ermordeten Herzog von Berry und Ampeln in den Seidenhimmeln einer Liebesinsel beschämten beinah die rundliche Luna. Es war ein sinnreiches Experiment auf die mondbeglänzte Zaubernacht der Romantik und siegreich ging ihre edle Substanz aus der Prüfung hervor. [Q 3, 2]
Die Wachsfigur als Mannequin der Geschichte. – Im Wachsfigurenkabinett erfährt die Vergangenheit den gleichen Aggregatszustand, den die Ferne im Interieur erfährt. [Q 3, 3]
Über das Weltreisepanorama, das unter dem Namen »Le tour du monde« auf der pariser Weltausstellung von 1900 bekannt war und einen vorüberziehenden panoramatischen Hintergrund mit diesem jeweils entsprechenden lebendigen Statisten im Vordergrunde belebte: »Das ›Weltreisepanorama‹ ist in einem Hause untergebracht, das schon durch sein bizarres Aeussere allgemeines Aufsehen erregt. Eine indische Galerie krönt die Mauern des Gebäudes, während sich an seinen Ecken der Turm einer Pagode, ein chinesischer und altportugiesischer Turm erheben.« Le tour du monde (in Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild redig〈iert〉 von Dr. Georg Malkowsky Berlin 1900 p 59) – Bemerkenswert ist die Ähnlichkeit dieser Architekturen mit solchen der Zoologischen Gärten. [Q 3, 4]
Die drei Etappen in Lemerciers »Lampélie et Daguerre«: 1) Darstellung der unbewegten Panoramen 2) Darstellung der Technik ihrer Be〈l〉ebung, die Daguerre von Lampélie erfleht 3) Beschreibung der Überwältigung Lampelies durch den unermüdlichen Daguerre. Im Folgenden das erste Stadium (das dritte unter ■ Photographie ■)
»Daguerre, dans la tour où son docte pinceau
Ouvre aux jeux de l’optique un théâtre si beau,
Fait dans l’obscurité d’une enceinte massive
Luire des horizons l’immense perspective;
Sa palette est magique; et de ses feux versés
Quand la vue est atteinte et les murs traversés,
Un tissu, des parois circulante barrière,
Se transforme en miroir de la nature entière.«Népomucène Lemercier: Sur la découverte de l’ingénieux peintre du diorama [danach: Lampélie et Daguerre] (Institut Royal de France Séance publique annuelle des cinq académies du jeudi 2 mai 1839 présidée par M. Chevreul, président Paris 1839 p 26/27) [Q 3 a, 1]
Im Daguerreschen Diorama war nach der Julirevolution »la place de la Bastille le 28 juillet 1830« zu sehen. (Pinet: Histoire de l’Ecole polytechnique 〈Paris 1887〉 p 208) [Q 3 a, 2]
Dioramen am Chateau d’Eau (spätere place de la République) und rue Bondy. C〈abinet〉 d〈es〉 E〈stampes; s. Abbildung 9〉 [Q 3 a, 3]
Eine Reklamegravure der Fabrication d’instruments de précision J Molteni et Cie, 62 Rue du Chateau d’Eau spricht – nach 1856! – u. a. von »appareils de Fantasmagorie, Polyoramas, Dioramas, etc.« C〈abinet〉 d〈es〉 E〈stampes; s. Abbildung 10〉 [Q 3 a, 4]
[image]
Diorama rue de Bondy 1837.
Photo Bibliothèque Nationale
Abbildung 9
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62, rue du Château d’eau 1856.
Photo Bibliothèque Nationale
Abbildung 10
Empirevignette »Le Panorama«〈.〉 Eine leinene oder papierne Bildertafel mit Darstellungen von Seiltänzern im Mittelgrund. Amor, mit dem spitzen Hut eines Jahrmarktsklowns oder Ausrufers deutet auf ein Puppentheater im Vordergrund, auf dem ein Ritter seiner Dame kniend die Liebeserklärung macht. Das ganze in einer Landschaft. C〈abinet〉 d〈es〉 E〈stampes〉 [Q 3 a, 5]
»Je me préparai à recevoir les dépositions de ses femmes, qu’elle appelait ses panoramistes, c’est-à-dire de celles qui arpentent de bas en haut tous les panoramas, principalement celui du boulevard Montmartre.« P Cuisin: La galanterie sous la sauvegarde des lois Paris 1815 p 136/137 [Q 3 a, 6]
»Carporama … spécialisé dans les plantes, fleurs et fruits de l’Inde.« J-L Croze: Quelques spectacles de Paris pendant l’été de 1835 (Le Temps 22 août 1935) [Q 3 a, 7]
Das panoramatische Prinzip bei Balzac: »Notre exploration nous a permis de relever environ trois cents noms réels dans ce Paris de 1800 à 1845, où évoluent les personnages de la Comédie humaine. Si on y ajoutait les hommes politiques, les auteurs littéraires ou dramatiques, les célébrités de tout genre qui … apparaissent sous la plume de Balzac … sans aucun lien avec l’action, le total monterait peut-être à cinq cents.« H Clouzot et R-H Valensi: Le Paris de la Comédie humaine (Balzac et ses fournisseurs) Paris 1926 p 175 [Q 4, 1]
Passage des Panoramas. »Vous devinez que ce passage a dû son nom à un spectacle introduit en France, au mois de janvier 1799. Le premier Panorama de Paris fut dirigé par un Américain des Etats-Unis … qui se nommait Fulton … Fulton, à l’époque du projet de descente en Angleterre, fit présenter à l’Empereur un mémoire sur l’application immédiate de la vapeur à la marine de l’Etat … L’ingénieur, repoussé en France, s’en alla réussir en Amérique, et l’on dit qu’en se rendant à Sainte-Hélène, pour y mourir, l’Empereur rencontra au bout de sa lunette un bateau à vapeur qui s’appelait le Fulton.« Louis Lurine: Les boulevarts (Paris chez soi Paris 〈1854〉 p 60) [Q 4, 2]
Balzac: »Als er 1822 das von Daguerre eingerichtete Diorama besucht, nennt er es begeistert eines der Wunder des Jahrhunderts – ›tausend Probleme sind gelöst‹. Und als zwanzig Jahre später die Daguerreotypie ausgebildet ist, läßt er eine Aufnahme von sich machen und schreibt förmlich überwältigt von dieser Erfindung, die er schon in ›Louis Lambert‹ (1835) prophezeit haben will.« [Dazu Anm. Corr〈espondance, 1876〉 I 68 vgl Goriot Lettres 〈à l’Etrangère〉 2 〈1906〉, 36] Ernst Robert Curtius: Balzac Bonn 1923 p 237 [Q 4, 3]
Dickens: »Il voyait dans ses rêves un magazine énorme écrit tout entier par lui … Il est une chose significative qu’il désirait donner à cette publication; il proposait une sorte de Mille et une Nuits Londoniennes, dans lesquelles Gog et Magog, les géants de la ville, écriraient des chroniqes aussi formidables qu’eux-mêmes.« GK Chesterton: Dickens Traduit par Laurent et Martin-Dupont Paris 1927 p 81 Dickens hatte zahlreiche zyklische Projekte. [Q 4, 4]
Die Weltausstellung von 1889 hatte ein Panorama historique von Stevens et Gervex, dessen Abschluß ein weißhaariger Victor Hugo vor einem allegorischen Monument Frankreichs machte – ein Monument das von den Allegorien der Vaterlandsverteidigung und der Arbeit flankiert wurde. [Q 4, 5]
Das »Gastmahl des Balthasar« des Kapellmeisters und Komponisten Jullien (ca 1836)〈:〉 »Die Hauptrolle … fiel sieben farbenprächtigen Transparenten zu, die, während die Musik ertönte, ungreifbar wie Chimären in der Dunkelheit schimmerten und den Blick so fesselten, daß die Musik selber zur bloßen Begleitung herabsank. Bewerkstelligt wurde die Vorführung dieser Augenweide, die sich ›Nocturnorama‹ nannte, mittels einer Maschinerie.« S Kracauer: Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit Amsterdam 1937 p 64 [Q 4 a, 1]
panorama – die bekannteste unter den griechischen Bildungen, die in der französischen Revolution auftauchten. »Le 7 floréal an VII, Robert Fretton prenait un brevet ›à l’effet d’exposer des tableaux circulaires dits ‚panoramas‘‹. Ce premier essai donnera l’idée d’un ›péripanorama‹, puis d’un ›cosmorama‹, et plus tard d’un ›panstereorama‹ (1813).« Ferdinand Brunot: Histoire de la langue française des origines jusqu’à 1900 IX La Révolution et l’Empire II Les événements, les institutions et la langue Paris 1937 p 1212 (Les nomenclatures sous la Révolution) [Q 4 a, 2]
Von Joseph Dufour 1752-1827 hat man tableaux-tentures, 12-15 m lange Bildabläufe panoramatischer Art. Sie zeigen Landschaften (Bosporus, Italien) Genreszenen (die Wilden der Südsee) Mythologien. [Q 4 a, 3]
»Je désire être ramené vers les dioramas dont la magie brutale et énorme sait m’imposer une utile illusion. Je préfère contempler quelques décors de théâtre, où je trouve, artistement exprimés et tragiquement concentrés, mes rêves les plus chers. Ces choses, parce qu’elles sont fausses, sont infiniment plus près du vrai.« Charles Baudelaire« Œuvres ed Le Dantec II 〈Paris 1932〉 p 273 (Salon de 1859 VIII Le Paysage) [Q 4 a, 4]
In Balzacs Œuvre beläuft sich die Statisterie auf 500 Personen. Es gibt 500 Personen, die episodisch bei ihm vorkommen, ohne in die Handlung verflochten zu sein. [Q 4 a, 5]