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[Traumhaus, Museum, Brunnenhalle]
Die vornehme Variante des Traumhauses. Der Zugang zum Panorama von Gropius wird folgendermaßen beschrieben: »Man tritt in ein herkulanisch dekorirtes Zimmer ein, in dessen Mitte ein mit Muscheln ausgelegtes Becken, aus dem eine kleine Fontaine sich erhebt, die Vorübergehenden einen Augenblick anzieht; geradeaus führt dann eine kleine Stiege in ein heiteres Lesezimmer, in welchem besonders eine Sammlung solcher Bücher aufgestellt ist, die den Fremden in der hiesigen Residenz orientiren können.« Erich Stenger: Daguerres Diorama in Berlin Berlin 1925 p 24/25 Bulwers Roman. Wann begannen die Ausgrabungen? Vorhallen der Kasinos etc. gehören zu dieser eleganten Variante des Traumhauses. Warum eine Fontäne im bedeckten Raum zur Träumerei stimmt, ist abzusehen. Um aber ganz zu ermessen, welche Schauer von Schrecken und Erhabenheit den müßigen Besucher beim Überschreiten dieser Schwelle mochten angeweht haben, muß man sich sagen, daß ein Menschenalter vorher die Entdeckung von Pompei und Herkulanum stattgefunden hatte und daß mit der Erinnerung an den Lavatod dieser Städte verborgen aber desto inniger die an die große Revolution sich verband. Denn als die Umwälzung dem Stil des ancien régime ein Ende gemacht hatte, ergriff man in der Eile was hier als Stil einer glorreichen Republik aus dem Boden gehoben ward und Palmetten, Akanthuswindungen und Mäander lösten die Rokokomalereien oder die Chinoiserien des vorigen Jahrhunderts ab. ◼ Antike ◼ [L 1, 1]
»Aber man will nun einmal die Franzosen mit einem Zauberschlage in ein antikes Volk verwandeln; und auf diese Grille der Phantasiemänner in ihren Studierstuben, beziehen sich, Minerva zum Trotze, so manche Verkünstelungen.« Friedrich Johann Lorenz Meyer: Fragmente aus Paris im IVten Jahr der französischen Republik Hamburg 1797 I p 146 ◼ Antike ◼ [L 1, 2]
Traumhäuser des Kollektivs: Passagen, Wintergärten, Panoramen, Fabriken, Wachsfigurenkabinette, Kasinos, Bahnhöfe. [L 1, 3]
Die gare St Lazare: eine fauchende, pfeifende Fürstin mit dem Blick einer Uhr. »Pour notre homme«, sagt Jacques de Lacretelle »les gares sont vraiment des usines de rêves.« (Le Rêveur Parisien N〈ouvelle〉 R〈evue〉 F〈rançaise〉 1927) Gewiß: heute im Zeitalter des Autos und Flugzeugs sind es nur sachte, atavistische Schrecken, die unter den schwarzen Hallen noch ruhen und jene abgespielte Komödie von Abschied und Wiedersehen, die man vor dem Hintergrunde der Pullmanncars aufführt, macht aus dem Bahnsteig eine Provinzbühne. Noch einmal spielt man uns das abgelebte griechische Melodram: Orpheus, Eurydike und Hermes auf dem Bahnhof. Im Kofferberge unter dem sie steht, wölbt sich der Felsgang, die Krypta in die sie versinkt, wenn der hermetische Schaffner mit der Signalscheibe, die feuchten Blicke des Orpheus suchend, das Zeichen zur Abfahrt gibt. Narben des Abschieds, die wie der Sprung einer griechischen Vase über die dargehaltenen Leiber der Götter zuckt. [L 1, 4]
Das Interieur tritt nach außen. Es ist als wäre der Bürger seines gefesteten Wohlstands so sicher, daß er die Fassade verschmäht, um zu erklären: mein Haus, wo immer ihr den Schnitt hindurch legen mögt, ist Fassade. Solche Fassaden besonders an berliner Häusern, die aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts stammen: ein Erker springt nicht heraus sondern springt – als Nische – herein. Die Straße wird Zimmer und das Zimmer wird Straße. Der betrachtende Passant steht gleichsam im Erker. ◼ Flaneur ◼ [L 1, 5]
Zum Traumhaus. Die Passage als Tempel: Vom habitué des obscurs bazars der bürgerlichen Passagen – il »se trouvera presque dépaysé au passage de l’Opéra. Il y sera gêné; il lui tardera d’en sortir. Il n’est pas chez lui; un peu plus, il se découvrirait le chef, comme s’il pénétrait dans le temple de Dieu.« Le livre des Cent-et-un X Paris 1833 p 71 (Amédée Kermel: Les Passages de Paris) [L 1, 6]
Über die bunten Glasfenster, die man in die Treppen einzusetzen begann – und diese Treppen waren oft gebohnert! – schreibt Alphonse Karr: »L’escalier est resté quelque chose qui ressemble bien plus à une construction de guerre pour empêcher les ennemis d’envahir une maison, qu’à un moyen de communication et d’accès offert aux amis.« Alphonse Karr: 300 pages Nouv〈elle〉 éd〈ition〉 Paris 1861 p 198/199 [L 1, 7]
Das Haus hat sich »immer am schwierigsten Neuformulierungen gegenüber zugänglich« erwiesen. Sigfried Giedion: Bauen in Frankreich (Berlin 1928) p 78 [L 1, 8]
Passagen sind Häuser oder Gänge, welche keine Außenseite haben – wie der Traum. [L 1 a, 1]
Zu den Traumhäusern des Kollektivs gehören auf die ausgesprochenste Art die Museen. An ihnen wäre die Dialektik hervorzuheben, mit der sie einerseits der wissenschaftlichen Forschung, andererseits der »träumerischen Zeit des schlechten Geschmacks« entgegenkommen. »Fast jede Zeit scheint, ihrer inneren Einstellung nach, ein bestimmtes Bauproblem besonders zu entwickeln: Die Gotik die Kathedralen, der Barock das Schloß und das beginnende 19. Jahrhundert mit seiner Neigung, rückwärts gewandt, sich von Vergangenheit durchtränken zu lassen: Das Museum.« Sigfried Giedion: Bauen in Frankreich p 36 Mit diesem Durst nach Vergangenheit hat es meine Analyse als mit ihrem Hauptgegenstande zu tuen. Das Innere des Museums erscheint in ihrem Lichte als ein ins Gewaltige gesteigertes Interieur. Zwischen 1850-1890 treten an die Stelle der Museen die Ausstellungen. Vergleich zwischen der ideologischen Basis der beiden. [L 1 a, 2]
»Das 19. Jahrhundert hat alle Neuschöpfungen mit historisierenden Masken umkleidet, ganz gleichgültig auf welchem Gebiet. Auf dem Gebiet der Architektur ebenso wie auf dem Gebiet der Industrie oder Gesellschaft. Man schuf neue Konstruktionsmöglichkeiten, aber man hatte gleichsam Angst vor ihnen, man erdrückte sie haltlos in Steinkulissen. Man schuf den ungeheueren Kollektivapparat der Industrie, aber man versuchte den Sinn völlig umzubiegen, indem man die Vorteile des Produktionsprozesses nur einer geringen Zahl zugute kommen ließ. Diese historisierende Maske ist mit dem Bild des 19. Jahrhunderts untrennbar verbunden. Sie ist nicht fortzuleugnen.« Sigfried Giedion: Bauen in Frankreich p 1/2 [L 1 a, 3]
Corbusiers Schaffen scheint am Ausgang der mythologischen Figuration »Haus« zu stehen. Vgl. das Folgende: »Warum soll das Haus möglichst leicht und schwebend gemacht werden? Nur dadurch kann einer fatalen und erbgesessenen Monumentalität ein Ende bereitet werden. Solange das Spiel von Stütze und Last, in Wirklichkeit oder symbolisch gesteigert (Barock), durch die tragenden Mauern seinen Sinn bekam, solang war Schwere berechtigt. Heute – bei entlasteter Außenwand – ist das ornamental betonte Spiel von Stütze und Last peinliche Farce (amerikanische Wolkenkratzer).« Giedion: Bauen in Frankreich p 85 [L 1 a, 4]
Corbusiers »ville contemporaine« ist schon wieder eine Siedlung an der Landstraße. Nur hat sich damit, daß sie jetzt von Autos befahren wird und daß inmitten dieser Siedlung Aeroplane sich niederlassen, alles geändert. Man muß versuchen, hier Poste〈n〉 zu fassen, um den förderlichen〈,〉 Formen und Distanzen schaffenden Blick auf das 19. Jahrhundert zu werfen. [L 1 a, 5]
»Die Mietskaserne ist die letzte Ritterburg. Sie verdankt ihre Existenz und ihre Form dem egoistischen brutalen Kampfe einzelner Bodenherren um den Boden, der bei dem Konkurrenzkampfe zerstückelt und zerfetzt wird. So sehen wir ohne Überraschung auch die Form der Burg wiedererscheinen – in dem rings ummauerten Hof. Besitzer gegen Besitzer schließt sich ab, und das ist ja mit eine der Ursachen, daß am Ende ein zufälliger Rest vom Ganzen liegenbleibt.« Adolf Behne: Neues Wohnen – Neues Bauen Lpz 1927 p 93/94 [L 1 a, 6]
Das Museum als Traumhaus. »Wir haben gesehen, wie es schon den Bourbonen darum zu thun gewesen, die Vorfahren ihres Hauses verherrlicht und die frühere Geschichte Frankreichs in ihrem Glanz und ihrer Bedeutung wieder anerkannt zu sehen. Daher ließen sie auch an den Louvreplafonds bedeutende Momente aus der französischen Kulturentwicklung und Geschichte darstellen.« Julius Meyer: Gesch〈ichte〉 d〈er〉 mod〈ernen〉 fr〈an〉z〈ösischen〉 Malerei Lpz 1867 p 424 [L 1 a, 7]
Im Juni 1837 wird das historische Museum von Versailles – à toutes les gloires de la France – eröffnet. Eine Reihenfolge von Sälen, deren bloße Durchwanderung fast zwei Stunden beansprucht. Schlachten und Parlamentsszenen. Unter den Malern: Gosse, Larivière, Heim, Devéria, Gérard, Ary Scheffer etc.) Hier schlägt also das Bildersammeln um in ein: Bilder für das Museum malen. [L 2, 1]
Verschränkung von Museum und Interieur. M Chabrillat (1882 Direktor des Ambigu) erbt eines Tages ein komplettes Wachsfigurenkabinett »établi passage de l’Opéra, au-dessus de l’horloge«. (Vielleicht war es das alte Museum Hartkoff.) Chabrillat hat zum Freund einen bohémien, begabten Zeichner, zur Zeit wohnungslos. Dem kommt ein Einfall. In diesem Kabinett gab es unter anderem eine Gruppe, die den Besuch der Kaiserin Eugenie bei den Cholerakranken in Amiens darstellte. Rechts lächelt die Kaiserin den Kranken an, links eine Krankenschwester in weißer Haube, und in einem Eisenbett, bleich, abgemagert unter dem schönen, sauberen Bettzeug, ein Sterbender. Um Mitternacht schließt das Museum. Der Zeichner sagt sich: nichts einfacher als den Cholerakranken behutsam herauszunehmen, auf den Boden zu legen und selber sich in das Bett zu stecken. Chabrillat gibt die Erlaubnis. Er hatte für die Wachsfiguren nichts übrig. Und sechs Wochen lang übernachtet der Künstler, den man aus dem Hotel herausgeworfen hatte, im Bett des Cholerakranken und erwacht jeden Morgen unter dem sanften Blick der Krankenschwester und dem lächelnden Blick der Kaiserin, die ihr blondes Haar auf ihn fallen läßt. Aus Jules Claretie: La vie à Paris 1882 Paris 〈1883〉 p 301 ff. [L 2, 2]
»J’aime beaucoup ces hommes qui se laissent enfermer la nuit dans un musée pour pouvoir contempler à leur aise, en temps illicite, un portrait de femme qu’ils éclairent au moyen d’une lampe sourde. Forcément, ensuite, ils doivent savoir de cette femme beaucoup plus que nous n’en savons.« André Breton: Nadja 〈1928〉 p 150 Aber warum? Weil im Medium dieses Bildes sich die Verwandlung des Museums in ein Interieur vollzogen hat. [L 2, 3]
Das Traumhaus der Passagen findet sich in der Kirche wieder. Übergreifen des Baustils der Passagen in die sakrale Architektur. Über Notre Dame de Lorette: »Das Innere derselben ist unstreitig höchst geschmackvoll, nur ist es nicht das Innere einer Kirche. Der prächtige Plafond würde den glänzendsten Ballsaal der Welt würdig schmücken; die zierlichen broncenen Lampen mit ihren matt und bunt geschliffenen Glaskugeln scheinen aus den elegantesten Café’s der Stadt herbeigeschafft zu sein.« S. F. Lahrs〈?〉: Briefe aus Paris (Europa Chronik der gebildeten Welt 1837, II Lpz u Stuttgt p 209〈)〉 [L 2, 4]
»Was die neuen noch nicht fertigen Theater betrifft, so scheinen sie einem bestimmten Styl nicht anzugehören; man will, so heißt es, mit der Öffentlichkeit den Privatnutzen verbinden, außenherum Privatwohnungen anlegen, und so können sie kaum etwas anderes werden als ungeheuere Behälter, Riesenkapseln für allerlei.« Grenzboten 1861 II Semester 3ter Bd. p 143 [Die Pariser Kunstausstellung von 1861][L 2, 5]
Passage als Brunnenhalle zu denken. Man möchte auf einen Passagenmythos mit einer legendären Quelle im Mittelpunkt, einer im innersten Paris entspringenden Asphaltquelle stoßen. Noch die »Bierquellen« haben ihr Dasein von diesem Brunnenmythos. Wie sehr auch Heilung ein rite de passage, ein Übergangserlebnis ist, das wird in jenen klassischen Wandelhallen lebendig, in denen die Leidenden gleichsam ihrer Gesundung entgegenwandeln. Auch diese Hallen sind Passagen. Vgl Fontänen im Vestibül. [L 2, 6]
Den Schrecken nicht-schließender Türen kennt jeder aus Träumen. Genau gesagt: es sind die Türen, die verschlossen scheinen ohne es zu sein. Gesteigert lernte ich dies Phänomen in einem Traume kennen, in dem mir, der ich in der Begleitung eines Freundes war, im Fenster des Erdgeschosses eines Hauses, das wir zu Rechten hatten, ein Gespenst erschien. Und wie wir weitergingen, begleitete es uns im Innern aller Häuser. Es ging durch alle Mauern und blieb immer auf gleicher Höhe mit uns. Ich sah das, trotzdem ich blind war. Der Wandel, den wir durch Passagen machen, auch der ist im Grunde so ein Gespensterweg, auf dem die Türen nachgeben und die Wände weichen. [L 2, 7]
Eigentlich ist die Wachsfigur der Schauplatz, in der der Schein der Humanität sich überschlägt. In ihr kommt nämlich Oberfläche, Teint und Kolorit des Menschen so vollkommen und unüberbietbar treu zum Ausdruck, daß diese Wiedergabe seines Scheins sich selber überschlägt und nun die Puppe nichts darstellt als die schreckliche durchtriebne Vermittlung zwischen Eingeweide und Kostüm. ◼ Mode ◼ [L 2 a, 1]
Beschreibung eines Wachsfigurenkabinetts als Traumhaus: »Kehre um den letzten Absatz herum, und man sah in einen großen, hellerleuchteten Saal. Sozusagen niemand war drin, nur über und über war er gefüllt mit Fürsten, Krinolinen, Uniformen und Riesen am Eingang. Die Dame ging nicht weiter, und ihr Begleiter hielt auch an, hatte einen bösen Genuß. Sie setzten sich auf die Stufen und er erzählte von der Angst, die er so gehabt hatte, wenn er als Knabe von verrufenen Schlössern las, in denen niemand mehr wohnte, aber in stürmischen Nächten waren oft alle Fenster erleuchtet. Was war da, was saß da, was hatte Licht, was beschien es: vom Blick in diese Versammlung hatte er geträumt, den Leib am Sims hochgezogen, den Kopf an den Scheiben des unsagbaren Saals.« Ernst Bloch: Leib und Wachsfigur (Frankfurter Zeitung 〈19.12.1929〉) [L 2 a, 2]
»Nummer 125: Castans Irrgarten. Weltreisende und Künstler glauben sich im ersten Moment in den gewaltigen Säulenwald des herrlichen Doms von Cordova in Spanien versetzt. Wie in diesem türmen sich Bogen über Bogen, drängt sich perspektivisch Säule an Säule, unübersehbar Ausblicke und Alleen bietend, die scheinbar endlos, kaum durchwandert werden können. Da erblicken wir plötzlich ein Bild, das uns mitten in die berühmte Alhambra von Granada versetzt. Wir sehen das Tapetenmuster der Alhambra mit ihren Inschriften: ›Allah ist Allah‹ (Gott ist groß), wir stehen auch schon in einem Garten, im Orangenhof der Alhambra. Doch ehe der Besucher in diesen Hof gelangt, hat er manche labyrinthische Irrungen durchzumachen.« Katalog von Castans Panoptikum (Nach Auszügen in der Frankfurter Zeitung) [L 2 a, 3]
»Le succès de l’école romantique fit naître, vers 1825, le commerce des tableaux modernes. Auparavant, les amateurs allaient au domicile des artistes. Des marchands de couleurs, Giroux, Suisse, Binant, Berville, commencèrent à servir d’intermédiaires. La première maison régulière fut ouverte par Goupil en 1829.« Dubech-D’Espezel: Histoire de Paris Paris 1926 p 359 [L 2 a, 4]
»L’Opéra est une des créations caractéristiques du Second Empire. Entre cent-soixante projets, on choisit celui d’un jeune inconnu, Charles Garnier. Son théâtre, construit de 1861 à 1875, est conçu comme un lieu de parade … C’est la scène où le Paris impérial se contemple avec complaisance; classes récemment parvenues au pouvoir et à la fortune, mêlées d’éléments cosmopolites, c’est un monde nouveau qu’on désigne par un nom nouveau: on ne dit plus la Cour, on dit le Tout-Paris … Un théâtre conçu comme un centre de vie sociale et urbaine, voilà encore une idée neuve et un signe des temps.« Dubech-D’Espezel: lc p 411/412 [L 2 a, 5]
Die Traumstadt Paris als ein Gebilde aus all den Plänen von Bauten, den Entwürfen von Straßenzügen, den Anlageprojekten, den Systemen von Straßennamen, die nie durchgedrungen sind, in die wirkliche Stadt Paris zu montieren. [L 2 a, 6]
Die Passage als Tempel des Äskulap, Brunnenhalle. Heilwandel. (Passagen als Brunnenhallen in Schluchten – bei Schuls-Tarasp, bei Ragaz.) Die »Klamm« als landschaftliches Ideal im neunzehnten Jahrhundert. [L 3, 1]
Jacques Fabien: Paris en songe Paris 1863 berichtet p 86 die Deplacierung der Porte Saint-Martin und Saint-Denis. »On les admire encore, au sommet des faubourgs Saint-Martin et Saint-Denis.« Auf diese Weise konnten die Plätze, die in der Umgebung der Tore sich tief gesenkt hatten, ihr ursprüngliches Niveau wiedererhalten. [L 3, 2]
Vorschlag, die Toten der Morgue bis auf das Haupt mit einem Wachstuche zu bedecken. »Le public, qui fait queue à la porte, est admis à examiner à son aise le cadavre nu du mort inconnu … Du jour où la morale sera respectée, l’ouvrier qui, à l’heure du repas, se rend à la Morgue, les mains dans les poches, la pipe à la bouche et le sourire sur les lèvres, et vaudevillise grivoisement sur les nudités plus ou moins putréfiées des deux sexes, se dégoûtera bientôt de la parcimonie apportée désormais dans la mise en scène du spectacle. Je n’exagère pas, il se passe chaque jour à la Morgue des scènes graveleuses; on y rit, on y fume, on y cause à haute voix.« Edouard Foucaud: Paris inventeur Physiologie de l’industrie française Paris 1844 p 212/213 [L 3, 3]
Eine Gravure um 1830, vielleicht etwas früher, stellt Kopisten in verschiedenen ekstatischen Haltungen bei ihrer Tätigkeit dar. Beschriftung »Les inspirés au musée〈«〉. C〈abinet〉 d〈es〉 E〈stampes〉 [L 3, 4]
Über die Entstehung des Museums von Versailles: »M. de Montalivet était pressé d’avoir son nombre de toiles peintes. Il en voulait partout, et comme les Chambres criaient à la prodigalité, il fallait du bon marché, le vent soufflait à l’économie … M …. laisserait … volontiers penser que c’est M. de Montalivet lui-même qui, sur les quais et chez le revendeurs, a été acheter les croûtes … Non … Ce sont les princes de l’art de cette époque qui se livrèrent à cette opération hideuse … Les copies et les pastiches du musée de Versailles, sont la constatation la plus navrante de la rapacité des artistes maîtres devenus entrepreneurs et brocantant l’art … Le commerce et l’industrie se décidaient à s’élever jusqu’à l’art. L’artiste, pour satisfaire aux besoins du luxe qui commençait à le tenter, prostituait l’art à la spéculation et faisait dégénérer la tradition artistique en la rapetissant aux proportions du métier.« Letzteres bezieht sich darauf, daß [um 1837] die Maler übernommene Aufträge an ihre Schüler weitergaben. Gabriel Pélin: Les laideurs du beau Paris Paris 1861 p 85,87-90 [L 3, 5]
Zum unterirdischen Paris; alte égouts. »On se fera une image plus ressemblante de cet étrange plan géométral en supposant qu’on voie à plat sur un fond de ténèbres quelque bizarre alphabet d’orient brouillé comme un fouillis, et dont les lettres difformes seraient soudées les unes aux autres, dans un pêle-mêle apparent et comme au hasard, tantôt par leurs angles, tantôt par leurs extrémités.« Victor Hugo: Œuvres complètes Roman 9 Paris 1881 p 158/59 (Les Misérables) [L 3 a, 1]
Egouts〈:〉 »Toutes sortes de fantômes hantent ces longs corridors solitaires; partout la putridité et le miasme; çà et là un soupirail où Villon dedans cause avec Rabelais dehors.« Victor Hugo: Œuvres complètes Roman 9 Paris 1881 p 160 (Les Misérables) [L 3 a, 2]
Victor Hugo gelegentlich der Schwierigkeiten, die sich den pariser Kanalisationsarbeiten entgegenstellten: »Paris est bâti sur un gisement étrangement rebelle à la pioche, à la houe, à la sonde, au maniement humain. Rien de plus difficile à percer et à pénétrer que cette formation géologique à laquelle se superpose la merveilleuse formation historique, nommée Paris; dès que … le travail s’engage et s’aventure dans cette nappe d’alluvions, les résistances souterraines abondent. Ce sont des argiles liquides, des sources vives, des roches dures, de ces vases molles et profondes que la science spéciale appelle moutardes. Le pic avance laborieusement dans des lames calcaires alternées de filets de glaises très minces et de couches schisteuses aux feuillets incrustés d’écailles d’huîtres contemporaines des océans préadamites.« Victor Hugo: Œuvres complètes Roman 9 Paris 1881 p 178/ 79 (Les Misérables) [L 3 a, 3]
Egout〈:〉 »Paris … l’appelait le Trou punais … Le Trou punais ne répugnait pas moins à l’hygiène qu’à la légende. Le Moine bourru était éclos sous la voussure fétide de l’égout Mouffetard; les cadavres des Marmousets avaient été jetés dans l’égout de la Barillerie … La bouche d’égout de la rue de la Mortellerie était célèbre par les pestes qui en sortaient … Bruneseau avait donné le branle, mais il fallait le choléra pour déterminer la vaste reconstruction qui a eu lieu depuis.« Victor Hugo: Œuvres complètes Roman 9 Paris 1881 p 166 et 180 (Les Misérables; L’intestin de Léviathan) [L 3 a, 4]
1805 Bruneseau’s Abstieg in die égouts: »A peine Bruneseau eut-il franchi les premières articulations du réseau souterrain, que huit des travailleurs sur vingt refusèrent d’aller plus loin … On avançait péniblement. Il n’était pas rare que les échelles de descente plongeassent dans trois pieds de vase. Les lanternes agonisaient dans les miasmes. De temps en temps, on emportait un égoutier évanoui. A de certains endroits, précipice. Le sol s’était effondré, le dallage avait croulé, l’égout s’était changé en puits perdu; on ne trouvait plus le solide; un homme disparut brusquement; on eut grand’peine à le retirer. Par le conseil de Fourcroy, on allumait de distance en distance, dans les endroits suffisamment assainis, de grandes cages pleines d’étoupe imbibée de résine. La muraille, par places, était couverte de fongus difformes, et l’on eût dit des tumeurs; la pierre elle-même semblait malade dans ce milieu irrespirable … On crut reconnaître çà et là, notamment sous le Palais de justice, des alvéoles d’anciens cachots pratiqués dans l’égout même … Un carcan de fer pendait dans l’une de ces cellules. On les mura toutes … La visite totale de la voirie immonditielle souterraine de Paris dura sept ans, de 1805 à 1812 … Rien n’égalait l’horreur de cette vieille crypte exutoire … antre, fosse, gouffre percé de rues, taupinière titanique où l’esprit croit voir rôder à travers l’ombre … cette énorme taupe aveugle, le passé.« Victor Hugo: Œuvres complètes Roman 9 Paris 1881 p 169-171 et 173/174 (Les Misérables; L’intestin de Léviathan) [L 4, 1]
Zu der Gerstäckerstelle. Eine unterseeische Juwelenhandlung: »Nous entrâmes dans le hall sous-marin des joailliers. Jamais on ne se fût douté qu’on était si loin de la terre ferme. Un dôme immense recouvrait tout le marché, rempli de boutiques aux devantures étincelantes, éclairé brillamment à l’électricité, plein de monde et d’animation.« Léo Claretie: Paris depuis ses origines jusqu’en l’an 3000 Paris 1886 p 337 (»En 1987«) Es ist charakteristisch, daß dieses Bild in dem Augenblick wieder auftaucht, da das Ende der Passagen begonnen hat. [L 4, 2]
Proudhon macht die Gemälde Courbets zu seiner eignen Sache und nimmt sich durch nebelhafte Definitionen (»de la morale en action«) ihrer an. [L 4, 3]
Sehr unzureichende Hinweise auf Heilquellen bei Koch; dieser schreibt mit Beziehung auf Goethes Karlsbader Gedichte an Maria Ludowika: »Wesentlich ist ihm bei diesen ›Karlsbader Gedichten‹ nicht die Geologie, sondern … der Gedanke und das Gefühl, daß Heilkräfte von der Person der sonst unnahbaren Fürstin ausgehen. Die Intimität des Badelebens schafft eine Gemeinschaft … mit der hohen Frau. Hierdurch … angesichts des Brunnengeheimnisses Gesundheit … aus der Nähe der Fürstin.« Richard Koch: Der Zauber der Heilquellen Stuttgart 1933 p 21 [L 4, 4]
Während die Reise den Bourgeois für gewöhnlich über seine klassenmäßigen Bindungen hinwegtäuscht, bestärkt ihn der Badeort in seinem Bewußtsein, der Oberklasse anzugehören. Er tut das nicht nur indem er ihn in Berührung mit den feudalen Schichten bringt. Auf einen elementarere〈n〉 Umstand macht Mornand aufmerksam: »A Paris, il est de plus grandes foules sans doute, mais non homogènes comme celle-ci: car la plupart des tristes humains qui les composent ont mal ou point dîné … A Bade, rien de tel; tout le monde est heureux, puisque tout le monde est à Bade.« Félix Mornand: La vie des eaux Paris 1855 p 256/7 [L 4 a, 1]
Den beschaulichen Wandel in der Trinkhalle macht sich der Handel, vorzugsweise durch Vermittlung der Kunst zu nutze. Das kontemplative Verhalten, das sich am Kunstwerk schult wird langsam in ein begehrlicheres vor dem Warenlager verwandelt. »En se promenant devant la Trinkhalle … ou sous le péristyle illustré a fresco de cette colonnade italico-greco-teutsche, on entrera … lire un peu les journaux, marchander les objets d’art, contempler les aquarelles et vider un petit gobelet.« Félix Mornand: La vie des eaux Paris 1855 p 257/258 [L 4 a, 2]
Cachots de Châtelet: »Les cachots dont la pensée seule jetait la terreur parmi le peuple … ont prêté leurs pierres à celui de tous les théâtres où le peuple aime le mieux à s’aller ébattre, parce qu’il y entend parler de la gloire de ses enfants sur les champs de bataille.« Edouard Fournier: Chroniques et légendes des rues de Paris Paris 1864 p 155/156 Die Rede ist vom théâtre du Châtelet, ursprünglich ein Zirkus. [L 4 a, 3]
Das revidierte Titelblatt von Meryons »Eaux-fortes sur Paris« stellt einen gewichtigen Stein dar, dessen Alter von inkrustrierten Gehäusen und von Rissen bezeugt wird. In diesen Stein ist der Titel des Zyklus eingraviert. »Burty note que les coquillages, les empreintes de mousse engagées dans le calcaire, rappellent que cette pierre a été choisie parmi les échantillons du sol primitif parisien, dans les carrières de Montmartre.« Gustave Geffroy: Charles Meryon Paris 1926 p 47 [L 4 a, 4]
Baudelaire begegnet in »Le joueur généreux« dem Satan, in seiner Spielhölle »dans une demeure souterraine, éblouissante, où éclatait un luxe dont aucune des habitations supérieures de Paris ne pourrait fournir un exemple approchant.« Charles Baudelaire: Le spleen de Paris Paris (ed R Simon) p 49 [L 4, 5]
Das Tor steht mit den rites de passage in Zusammenhang. »Man passiert den irgendwie angedeuteten Durchgang – sei es zwischen zwei in den Boden gesteckten Stäben, die sich gelegentlich einander zuneigen, durch einen gespaltenen und auseinandergetrennten Baumstamm … einem zum Kreis gebogenen Birkenzweige … – stets gilt es einem feindlichen … Elemente zu entgehen, sich zu befreien von irgendwelchem Makel, sich abzugrenzen von Krankheit oder von den Geistern Verstorbener, die durch den engen Weg nicht folgen können.« Ferdinand Noack: Triumph und Triumphbogen (Vorträge der Bibliothek Warburg V Lpz 1928 p 153) Wer in die Passage eintritt legt den Tor-Weg im umgekehrten Sinne zurück. (Oder er begibt sich in die intra-uterine Welt hinein.)[L 5, 1]
Nach K. Meister: Die Hausschwelle in Sprache und Religion der Römer Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Philosophisch-historische Klasse Abt 1924/25 Abhandlung III Heidelberg 1925 findet sich bei den Griechen – und auch kaum bei andern Völkern – die Schwelle so bedeutsam betrachtet wie bei den Römern. Die Abhandlung hat es im Wesentlichen mit der Entstehung von sublimis als dem Hohen (ursprünglich dem in der Höhe getragnen) zu tun. [L 5, 2]
»Cependant, il paraît sans cesse de nouvelles œuvres dont la ville est le personnage essentiel et diffus et le nom de Paris qui figure presque toujours dans le titre avertit assez que le public aime qu’il en soit ainsi. Comment, dans ces conditions, ne se développerait-il pas en chaque lecteur la conviction intime, qu’on perçoit encore aujourd’hui, que le Paris qu’il connaît n’est pas le seul, n’est pas même le véritable, n’est qu’un décor brillamment éclairé, mais trop normal, dont les machinistes ne se découvriront jamais, et qui dissimule un autre Paris, le Paris réel, un Paris fantôme, nocturne, insaisissable.« Roger Caillois: Paris, mythe moderne 〈(〉Nouvelle Revue Française XXV 284 1 mai 1937 p 687) [L 5, 3]
»Les villes, comme les forêts, ont leurs antres où se cachent tout ce qu’elles ont de plus méchant et de plus redoutable.« Victor Hugo: Les Misérables III 〈Œuvres complètes Roman 7 Paris 1881 p 306〉 [L 5, 4]
Es gibt Beziehungen zwischen Warenhaus und Museum, zwischen den〈en〉 der Bazar ein vermittelndes Glied schafft. Die Massierung der Kunstwerke im Museum nähert sie den Waren an, die, wo sie sich dem Passanten in Massen darbieten, die Vorstellung in ihm wecken, auch auf ihn müsse ein Anteil daran entfallen. [L 5, 5]
»Die Totenstadt Père-Lachaise … Der Name Kirchhof paßt zu diesen Anlagen nicht, die den Nekropolen der alten Welt nachgebildet sind, wie diese wirkliche Stadtanlagen, mit steinernen Totenhäusern und sehr vielen Standbildern, die im Gegensatz zu der nordisch-christlichen Sitte den Verstorbenen als Lebenden darstellen, durchaus als Fortsetzung der Stadt der Lebenden gedacht.« (Der Name stammt von dem Besitzer des Terrains, dem Beichtvater von Ludwig XIV, die Anlage von Napoleon I) Fritz Stahl: Paris Berlin 〈1929〉 p 161/162 [L 5 a]