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[Die Puppe, der Automat]
»Ich war immer unter Menschen die einzige fühlende Puppenbrust gewesen«
Amalie Winter: Memoiren einer Berliner Puppe für Kinder von 5 bis 10 Jahren und für deren Mütter Lpz 1852 p 93
»Wo statt der Uhr die Augen Stunden zeigen«
Franz Dingelstedt: Ein Roman cit Adolf Strodtmann: Dichterprofile I Stuttgart 1879 p 111
»Die findigen Pariserinnen … bedienten sich, um ihre Moden leichter zu verbreiten, einer besonders augenfälligen Nachbildung ihrer neuen Schöpfungen, nämlich der Modepuppen … Diese Puppen, die noch im 17. und 18. Jahrhundert eine große Rolle spielten, wurden, wenn sie ihre Tätigkeit als Modebild beendet hatten, den Mädchen zum Spielen überlassen.« Karl Gröber: Kinderspielzeug aus alter Zeit Berlin 1927 p 31/32 ◼ Mode ◼ Reklame ◼ [Z 1, 1]
Sie sind die wahren Feen dieser Passagen – käuflicher und gebrauchter als die lebensgroßen – die einst weltberühmten pariser Puppen, die auf dem singenden Sockel sich drehten und auf den Armen ein Körbchen halten, aus dem in den werdenden Mollakkord ein Schäfchen die witternde Schnauze streckte. Als Hackländer für eines seiner Märchen diese »neueste Erfindung des industriellen Luxus« sich nutzbar machte, da hat er auch die wunderbaren Puppen in der gefährlichen Passage angesiedelt, die Schwester Tinchen auf Geheiß der Fee Concordia zu durchwandeln hat, um ihre armen Brüder zu erlösen. »Tinchen schritt getrost über die Grenze ins Zauberland, sie dachte nur an ihre Brüder. Anfangs sah sie nichts Besonderes, bald aber führte der Weg sie durch ein weites Zimmer, welches ganz mit Spielsachen angefüllt war. Hier standen kleine Buden mit allem Möglichen ausgestattet, Caroussels mit Pferdchen und Wagen, Schaukeln und Wiegepferde, vor allem aber die herrlichsten Puppenstübchen. An einem kleinen gedeckten Tisch saßen große Puppen auf Lehnstühlen, und die größte und schönste unter ihnen stand bei Tinchens Anblick auf, machte ihr eine zierliche Verbeugung und redete sie mit einem wunderfeinen Stimmchen an.« Das Kind mag von Geisterspielzeug nichts wissen, aber der böse Zauber dieser glatten Bahn nimmt gerne bis auf den heutigen Tag die Form von großen beweglichen Puppen an. ◼ Reklame ◼ [Z 1, 2]
»Man weiß, daß Longchamps die Mode erfindet. Ich habe keine neue gesehen, aber morgen werden alle Follets, alle petits couriers des dames, alle Psyche’s in ihren Bülletins von neuen Trachten erzählen, die schon fertig und erfunden waren, ehe Longchamps kam. Manche der Carossen hab’ ich sehr in Verdacht, daß ihr Besitzer statt einer Dame, die darin zu sitzen schien, nur eine Modefigur schickte, die tragen mußte, was seinem Interesse an Shawls, seidenen und sammetnen Stoffen entsprechend ist.« Karl Gutzkow: Briefe aus Paris Lpz 1842 I p 119/20 [Z 1, 3]
Aus den ombres chinoises des Palais-Royal: »Eine … Demoiselle hielt Wochen auf dem Theater, und die Kinder konnten gleich wie die Maulwürfe laufen. Es waren ihrer vier, und sie tanzten einige Augenblicke nach der Geburt schon eine artige Quadrille zusammen. Eine andere Demoiselle schüttelte stark mit dem Kopf, und ehe man sichs versah, stieg eine zweite Demoiselle völlig angekleidet aus dem Kopfe heraus. Diese tanzte gleich, gab sich aber bald nachher auch ans Kopfschütteln; es waren die Wehen und eine dritte stieg aus ihrem Haupte. Auch diese tanzte gleich, aber bald fing auch sie an mit dem Kopfe zu schütteln, und aus ihr entstieg die vierte. Und so ging das fort, bis daß acht Generationen auf dem Theater waren, – die alle durch Superfötation untereinander verwandt waren wie die Filzläuse.« J. F. Benzenberg: Briefe geschrieben auf einer Reise nach Paris Dortmund 1805 I p 294 [Z 1, 4]
Zu einer bestimmten Zeit hat das Puppenmotiv eine sozialkritische Bedeutung. So: »Sie haben keine Ahnung, wie Einem diese Automaten und Puppen zuwider werden, wie man aufathmet, wenn man in dieser Gesellschaft einer vollen Natur begegnet.« Paul Lindau: Der Abend Berlin 1896 p 17 [Z 1, 5]
»Dans une boutique, rue Legendre, aux Batignolles, toute une série de bustes de femmes, sans têtes et sans jambes, avec des patères de rideaux à la place des bras et une peau de percaline d’une couleur absolue, bis sec, rose cru, noir dur, s’aligne en rang d’oignons, empalée sur des tiges ou posée sur des tables … A regarder cet étiage des gorges, ce musée Curtius des seins, l’on songe vaguement à ces caves où reposent les sculptures antiques du Louvre, où le même torse éternellement répété fait la joie apprise des gens qui le contemplent, en bâillant, les jours de pluie … Combien supérieurs aux mornes statues des Vénus, ces mannequins si vivants des couturiers; combien plus insinuants ces bustes capitonnés dont la vue évoque de longues rêveries: – rêveries libertines, en face des tétons éphébiques et des pis talés – rêveries charitables, en face des mamelles vieillies, recroquevillées par la chlorose ou bouffies par la graisse; – car l’on pense aux douleurs des malheureuses qui … sentent l’indifférence prochaine du mari, l’imminente désertion de l’entreteneur, le désarmement final des charmes qui leur permettaient de vaincre, dans ces nécessaires batailles qu’elles livrent au porte-monnaie contracté de l’homme.« J. K. Huysmans: Croquis Parisiens Paris 1886 p 129, 131/132 »L’étiage« [Z 1 a, 1]
»Vers les derniers jours de l’Empire, une question toute spéciale se présenta, celle des Pupazzi. On voulait faire représenter par ces marionnettes, sur le théâtre des Variétés, le Roi Prudhomme. Cette saynète mettait en scène l’Empereur, Emile Olivier …, V. Hugo …, Gambetta …, Rochefort … La pièce avait été jouée dans les salons et même aux Tuileries. Mais ces représentations intimes ne préjugent en rien l’effet de la représentation publique, et on se refusa à laisser … le théâtre rentrer dans cette voie.« Victor Hallays-Dabot: La censure dramatique et le théâtre (1850-1870) Paris 1871 p 86 [Z 1 a, 2]
»Dans les concours qu’exige l’ornement matériel … des costumes, le goût des poupées est utilisé … Les petites bandes, composées en majorité de filles, sont chargées de la présentation des poupées et mannequins sur lesquels on fera choix.« Charles Fourier: Le nouveau monde industrielle et sociétaire Paris 1829 p 252 [Z 1 a, 3]
Victor Hugo hatte, als er an den Travailleurs de la mer schrieb, eine Puppe in der alten Tracht einer Dame aus Guernsey vor sich. Man hatte sie ihm verschafft; sie stand ihm Modell für Déruchette. [Z 1 a, 4]
Marx erklärt, daß »vom 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, also für die Periode der vom Handwerk aus sich entwickelnden Manufaktur bis zur eigentlichen großen Industrie, die zwei materiellen Basen, an denen sich innerhalb der Manufaktur die Vorarbeit für die Maschinenindustrie bildet, Uhr und Mühle (zunächst Kornmühle, und zwar Wassermühle) sind, beide vom Altertum überliefert … Die Uhr ist der erste zu praktischen Zwecken angewandte Automat; die ganze Theorie über Produktion gleichmäßiger Bewegung an ihr entwickelt. Der Natur der Sache nach basiert sie selbst auf der Verbindung von halb künstlerischem Handwerk und der direkten Theorie. Cardanus z. B. schrieb (und gab praktische Rezepte) über den Bau der Uhren. ›Gelehrtes (nichtzünftiges) Handwerk‹ heißt die Uhrmacherei bei deutschen Schriftstellern des 16. Jahrhunderts, und an der Entwicklung der Uhr ließe sich nachweisen, wie ganz verschieden auf Basis des Handwerks das Verhältnis von Gelehrsamkeit und Praxis als z. B. in der großen Industrie. Es unterliegt auch keinem Zweifel, daß im 18. Jahrhundert die Uhr die erste Idee gab, Automaten (und zwar durch Federn bewegte) auf die Produktion anzuwenden. Vaucansons Versuche in dieser Art wirkten historisch nachweisbar außerordentlich auf die Phantasie der englischen Erfinder. Bei der Mühle andrerseits von vornherein, sobald die Wassermühle geliefert, die wesentlichen Unterschiede im Organismus einer Maschine. Die mechanische Triebkraft. Prime Motor [Hauptmotor], worauf sie wartet. Transmissionsmechanismus. Endlich Arbeitsmaschine, die den Stoff anfaßt, alle in selbständiger Existenzweise gegeneinander. Die Lehre von der Friktion und damit die Untersuchungen über die mathematischen Formen von Räderwerk, Zähnen etc. alle an der Mühle gemacht; ditto hier zuerst die Lehre von dem Messen des Grads der bewegenden Kraft, von der besten Art, sie anzuwenden etc. Fast alle großen Mathematiker seit Mitte des 17. Jahrhunderts, soweit sie sich auf praktische Mechanik einlassen und sie theoretisieren, gehn von der einfachen Wasser-Kornmühle aus. In der Tat daher auch der Name Mühle und mill, der während der Manufakturperiode entstand, für alles auf praktische Zwecke gerichtete mechanische Treibwerk. Aber bei der Mühle, ganz so wie bei Preßmaschine, Hammerwerk, Pflug usw. von vornherein die eigentliche Arbeit, Schlagen, Zerquetschen, Mahlen, Zerkleinern etc. ohne menschliche Arbeit getan, wenn auch die Triebkraft menschlich oder viehisch. Daher diese Art Maschinerie … sehr alt … Daher auch fast die einzige Maschinerie, die in der Manufakturperiode vorkommt. Die industrielle Revolution beginnt, sobald der Mechanismus da angewandt, wo von alters her das Endresultat menschliche Arbeit erheischt, also wo nicht, wie bei jenen Werkzeugen, von jeher der eigentlich zu bearbeitende Stoff nie mit der menschlichen Hand zu tun hatte.« Marx an Engels 28 Januar 1863 aus London [Karl Marx Friedrich Engels: Ausgewählte Briefe hg von V. Adoratskij Moskau Leningrad 1934 p 118/119][Z 2]
In seiner Studie »La mante religieuse (Recherches sur la nature et la signification du mythe)« verweist Caillois auf den bei der Gottesanbeterin besonders auffallenden Automatismus der Reflexe (es gibt kaum eine Lebensfunktion, die sie nicht auch enthauptet ausführt). Er bringt sie, ihrer unheilvollen Bedeutung wegen in Zusammenhang mit den verhängnisvollen Automaten, welche die Mythen kennen. So Pandora »automate fabriqué par le dieu forgeron pour la perte des hommes, pour que ceux-ci ›entourent d’amour leur propre malheur‹ (Hésiode, Travaux et Jours, v 58). On rejoint également les Krtya indiennes, ces poupées animées par les sorciers pour causer la mort de ceux qui les étreindront. La littérature connaît, elle aussi, au chapitre des femmes fatales, la conception d’une femme-machine, artificielle, mécanique, sans commune mesure avec les créatures vivantes, et surtout meurtrières. La psychanalyse n’hésiterait pas, sans doute, à faire dériver cette représentation d’une façon particulière d’envisager les rapports de la mort et de la sexualité, et, plus précisément, d’un pressentiment ambivalent de trouver l’une dans l’autre.« Roger Caillois: La mante religieuse (Recherches sur la nature et la signification du mythe) (Mesures III, 215 Avril 1937 p 110) [Z 2 a, 1]
Baudelaire zitiert im Abschnitt »Les femmes et les filles« seines Guys die Worte von La Bruyère: »Il y a dans quelques femmes une grandeur artificielle attachée au mouvement des yeux, à un air de tête, aux façons de marcher, et qui ne va pas plus loin.« Man vergleiche Baudelaires »Le Mensonge«. – Im gleichen Kapitel zitiert Baudelaire den Begriff der »fœmina simplex du satirique latin«. (L’art romantique Paris p 109) [Z 2 a, 2]
Anfänge der großen Industrie: »Beaucoup de paysans émigrent vers les villes, où la vapeur permet de concentrer les usines, jadis dispersées sur les cours d’eau.« Pierre-Maxime Schuhl: Machinisme et philosophie Paris 1938 p 56/57 [Z 2 a, 3]
»Aristote déclare que l’esclavage cesserait d’être nécessaire si les navettes et les plectres pouvaient se mettre en mouvement d’eux-mêmes: l’idée s’accorde à merveille avec sa définition de l’esclave, instrument animé … De même le vieux poète Phérécyde de Syros avait dit comment les Dactyles, en même temps qu’ils construisirent pour Zeus une maison, façonnèrent pour lui serviteurs et servantes: nous sommes dans le règne de la fable … Et pourtant trois siècles ne s’étaient pas écoulés qu’un poète de l’Anthologie, Antiphilos de Byzance, donne la réplique à Aristote en chantant l’invention du moulin à eau, qui libère les femmes du pénible travail de la mouture: ›Otez vos mains de la meule, meunières; dormez longtemps, même si le chant du coq annonce le jour, car Déméter a chargé les Nymphes du travail dont s’acquittaient vos mains: elles se précipitent du haut d’une roue, elles en font tourner l’axe qui, par des vis d’engrenage, meut le poids concave des meules de Nisyra. Nous goûterons la vie de l’âge d’or, si nous pouvons apprendre à savourer sans peine les œuvres de Déméter.‹« (Note: »Anthologie Palatine y IX, 418. Cette épigramme … à été rapprochée déjà du texte d’Aristote, et pour la première fois, semble-t-il, par Marx.« vermutl〈ich〉 Kapital 〈trad. Molitor, Paris 1924〉 III p 61) Pierre-Maxime Schuhl: Machinisme et philosophie Paris 1938 p 19/20 [Z 3]