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O

[Prostitution, Spiel]

»L’amour est un oiseau de passage.«

Nouveaux tableaux de Paris ou observations sur les mœurs et usages des Parisiens au commencement du XIXe siècle Paris 1828 I p 37

»… dans un passage,
Les femmes sont comme dans leur boudoir.«

Brazier, Gabriel et Dumersan: Les passages et les rues, ou la guerre déclarée Paris 1827 p 30

Ist ers von seinen standhaften Irrgänge⁠〈n〉 her nicht gewohnt, das Bild der Stadt sich allerorten umzudeuten? Verwandelt er nicht die Passage in ein Kasino, in einen Spielsaal, wo er die roten, blauen, gelben Jetons der Gefühle auf Frauen setzt, auf ein Gesicht, das auftaucht – wird es seinen Blick erwidern? – auf einen stummen Mund – wird er reden? Was auf dem grünen Tuch aus jeder Nummer den Spieler ansieht – das Glück – blinzelt ihm hier aus allen Frauenkörpern als die Chimäre der Geschlechtlichkeit entgegen: als sein Typ. Der ist nichts anderes als die Nummer, die Chiffer, in welcher gerad in diesem Augenblick das Glück beim Namen will gerufen sein, um gleich darauf in eine andere umzuspringen. Der Typ – das ist das Fach des sechsunddreißigfachen Setzens, in das das Auge des Lüstlings ohne sein Zutun fällt wie die elfenbeinerne Kugel in die rote oder schwarze Kassette. Er tritt mit prallen Taschen aus dem Palais Royal, ruft eine Hure heran und feiert noch einmal in ihren Armen den Akt mit der Nummer, in welchem Geld und Gut, von aller Erdenschwere entbunden, vom Schicksal ihm wie die Erwiderung einer völlig geglückten Umarmung kamen. Denn in Bordell und Spielsaal ist es die gleiche, sündigste Wonne: In der Lust das Schicksal zu stellen. Daß Sinnenlust, von welcher Art sie sei, den theologischen Begriff der Sünde bestimmen könne, mögen ahnungslose Idealisten sich träumen lassen. Der wahren Unzucht liegt nichts anderes zu Grunde als gerade diese Entwendung der Lust aus dem Verlaufe des Lebens mit Gott, dessen Bindung an ihn im Namen wohnt. Der Name selber ist der Schrei der nackten Lust. Dies Nüchterne, Schicksalslose an sich – der Name – kennt keinen andern Gegner als das Schicksal, das in der Hurerei an seine Stelle tritt und sich im Aberglauben sein Arsenal schafft. Daher im Spieler und in der Hure der Aberglaube, der die Figuren des Schicksals stellt, der alle buhlerische Unterhaltung mit Schicksalsvorwitz, Schicksalslüsternheit erfüllt und selbst die Lust zu dessen Thron erniedrigt. [O 1, 1]

»Indem ich mir meine Erinnerungen an den Salon des Etrangers, wie er im zweiten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts war, zurückrufe, sehe ich vor mir die edelgeschnittenen Züge und die ritterliche Gestalt des ungarischen Grafen Hunyady, des größten Spielers jener Tage, der damals die ganze Gesellschaft in Aufregung brachte … Hunyadys Glück war lange Zeit wunderbar; keine Bank konnte seinem Angriff widerstehen, und sein Gewinn muß sich auf annähernd zwei Millionen Franken belaufen haben. Sein Benehmen war auffallend ruhig und höchst vornehm; er saß augenscheinlich ganz gleichmütig da, die rechte Hand in seinem Rockbusen, während Tausende von dem Fallen einer Karte oder dem Rollen eines Würfels abhingen. Sein Kammerdiener vertraute indessen einem indiskreten Freund an, daß seines Herrn Nerven nicht so eisern wären, wie er die Leute glauben machen wollte, daß vielmehr der Graf am Morgen die blutigen Spuren seiner Nägel trüge, die er bei einer gefährlichen Wendung des Spiels vor Aufregung sich in das Fleisch seiner Brust drückte.« Captain Gronow: Aus der großen Welt Stuttgart 1908 p 59 [O 1, 2]

Wie Blücher in Paris spielte, siehe Gronows Buch »Aus der großen Welt« 〈lc p 54-56〉. Als er verloren hatte, zwang er die Bank von Frankreich, ihm als Spielkapital 100 000 frcs vorzustrecken und mußte als dieser Skandal herauskam, Paris verlassen. Blücher ne quittait pas le tripot du no 113 au Palais Royal et dépensa six millions pendant son séjour; toutes ses terres étaient engagées lorsqu’il quitta Paris. Paris hat durch die Besatzung mehr eingenommen als es Kriegsentschädigung gezahlt hat. [O 1, 3]

Nur im Vergleich zum ancien régime ist, daß im XIX Jahrhundert der Bürger spielt. [O 1, 4]

Wie aber gerade die öffentliche Sittenlosigkeit sehr im Gegensatz zur privaten, im befreienden Zynismus ihr Korrektiv in sich trägt, das zeigt sehr überzeugend folgende Geschichte. Sie steht bei Carl Benedict Hase, der als armer Magister in Frankreich war und Briefe von der Wanderung und aus Paris nach Hause richtete: »Als ich am pont neuf vorbei ging, hüpfte mir in einem leichten bis an die Kniee aufgehobenen Mousselinkleide, das die rothseidenen Pantalons womit Schenkel und Bauch bekleidet waren, deutlich sehen ließ, eine stark geschminkte Dirne entgegen. Tiens, tiens mon ami, tu es jeune, tu es étranger, tu en auras besoin, sagte sie, drückte mir die Hand, steckte mir einen Zettel hinein und verlor sich in dem Gedränge. Ich glaubte eine Adresse bekommen zu haben, sehe das Papier an und was lese ich? – eine Ankündigung eines Arztes, der alle möglichen Krankheiten in kurzer Zeit heilen will. Es ist seltsam, daß die Mädchen, die an allem dem Unheil schuld sind, hier einem die Mittel an die Hand geben, es wieder los zu werden.« Carl Benedict Hase: Briefe von der Wanderung und aus Paris Lpz 1894 p 48/49 [O 1, 5]

»Quant à la vertu des femmes, je n’ai qu’une réponse à faire à ceux qui m’en demanderaient des nouvelles; c’est qu’elle ressemble fort aux rideaux des théâtres, car leurs jupons se lèvent chaque soir plutôt trois fois qu’une.« Comte Horace de Viel-Castel: Mémoires sur le règne de Napoléon III Paris 1883 II p 188 [O 1 a, 1]

»Hirondelles-femmes qui font la fenêtre« Levic-Torca: Paris-Noceur Paris 1910 p 142 Die Fenster im oberen Stockwerk der Passagen sind Emporen, in denen Engel nisten, die man »Schwalben« nennt. [O 1 a, 2]

Zum »renfermé« (Veuillot: »Paris sent le renfermé«) der Mode: die »lueur glauque« unter den jupons, von der Aragon spricht. Das Korsett als Passage des Rumpfes. Der unermeßliche Gegensatz zu dieser Freiluftwelt von heute. Was heute bei den billigen Prostituierten Comment ist – sich nicht zu entkleiden – mag damals das Vornehmste gewesen sein. Man genoß das retroussé an der Frau. Hessel vermutet hier den Ursprung von Wedekinds Erotik, das Freiluftpathos sei bei ihm Bluff gewesen. Und sonst? ■ Mode ■ [O 1 a, 3]

Über die dialektische Funktion des Geldes in der Prostitution. Es kauft die Lust und wird zugleich zum Ausdruck der Scham. »Ich wußte«, sagt Casanova von einer Kupplerin, »daß ich nicht die Kraft haben würde, zu gehen ohne ihr etwas zu geben.« Diese auffallende Wendung verrät sein Wissen um den verborgensten Mechanismus der Prostitution. Kein Mädchen würde sich entschließen, Hure zu werden, rechnete sie allein mit der tarifmäßigen Entlohnung durch ihre Partner. Auch deren Dankbarkeit, die vielleicht noch ein paar Prozent draufschlägt, würde ihr kaum als ausreichende Basis erscheinen. Wie also kalkuliert ihr unbewußtes Wissen vom Mann? Man versteht es nicht, solange man das Geld hier nur als Zahlungsmittel oder als Geschenk betrachtet. Gewiß, die Liebe der Hure ist käuflich. Nicht aber die Scham ihres Kunden. Die sucht für diese Viertelstunde ein Versteck und findet das genialste: im Gelde. So viele Nuancen der Zahlung wie Nuancen des Liebesspiels, träge und schnelle, heimliche oder brutale. Was ist das? Die schamgerötete Wunde am Körper der Gesellschaft sondert Geld ab und heilt. Sie überzieht sich mit metallnem Schorf. Lassen wir dem Roué das billige Vergnügen, sich schamlos zu glauben, Casanova wußte es besser: die Frechheit wirft die erste Münze auf den Tisch, die Scham zahlt hundert drauf, um sie zu bedecken. [O 1 a, 4]

»Der Tanz, in welchem die … Gemeinheit mit beispielloser Frechheit zur Schau getragen wird, ist die gewöhnliche französische Quadrille. Wenn die Tanzenden durch Pantomimen zwar jedes Zartgefühl schon tief verletzen, aber doch noch nicht so weit gehen, um befürchten zu müssen, von den anwesenden Polizei-Agenten aus dem Saale gewiesen zu werden, dann heißt diese Tanzart Quincan. Wenn hingegen jedes sittliche Gefühl durch die Art des Tanzes mit Füßen getreten wird, wenn sich endlich die sergeants de ville nach langem Zögern veranlaßt finden können, den so Tanzenden mit den gewöhnlichen Worten: ›Dansez plus décemment ou l’on vous mettra à la porte!‹ auf den Anstand aufmerksam zu machen, dann heißt diese höhere Steigerung, oder besser gesagt: ›dieses tiefere Herabsinken‹, Chahue. / … Die bestialische Rohheit … hat eine polizeiliche Anordnung ins Leben gerufen … Herren dürfen nämlich nicht maskirt, wohl kostümirt auf solchen Bällen erscheinen. Theils, um nicht durch Unkenntlichkeit noch mehr zur Gemeinheit verlockt zu werden, theils und hauptsächlich aber, um, wenn ein Tanzender das pariser non plus ultra der Verworfenheit im Tanzen zeigen sollte, und deshalb von den sergeants de ville vor die Thür gesetzt würde, in diesem Falle gekannt und dadurch gehindert zu sein, von Neuem in dem Saale zu erscheinen … Frauen hingegen dürfen nicht anders als maskirt erscheinen.« Ferdinand von Gall: Paris und seine Salons Oldenburg 1844 I p 209 u 213/14 [O 1 a, 5]

Vergleich der erotischen Aktionsfelder heute und Mitte des vorigen Jahrhunderts: das gesellschaftliche Spiel der Erotik kreist heute um die Frage: wie weit kann eine anständige Frau gehen, ohne sich zu verlieren. Die Freuden des Ehebruchs ohne seinen Tatbestand darzustellen ist ein höchst beliebtes Motiv der Dramatiker. Das Terrain auf dem das Duell der Liebe mit der Gesellschaft sich austrägt ist also der Bereich der »freien« Liebe in einem sehr weiten Sinne. Für die vierziger, fünfziger und sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts liegt das aber alles ganz anders. Nichts ist dafür bezeichnender als ein Bericht über die »Pensionshäuser« den Ferdinand von Gall in seinem Buche »Paris und seine Salons« (Oldenburg 1844/45 〈Bd. 1, p 225-231〉) gibt. Man erfährt da, es war in zahllosen dieser Pensionshäuser die Regel, daß zum Abendessen, an dem nach einer Anmeldung auch Fremde teilnehmen konnten, sich Kokotten einfanden, die dort vor der Aufgabe standen, sich das Ansehen eines Mädchens aus guter Familie zu geben und auch in der Tat nicht disponiert waren, die Maske so bald fallen zu lassen, vielmehr sich mit einer nicht endenwollenden Emballage von Anstand und Verwandtschaft umgaben, die zu entfernen Sache eines ausgiebigen Intrigenspiels war, das zuguterletzt ihren Preis erhöhte. In diesen Verhältnissen kommt natürlich weniger die Prüderie als der Maskenfanatismus der Epoche zum Ausdruck. [O 2, 1]

Weiteres zum Maskenfanatismus: »Es ist aus der Statistik der Prostitution bekannt, daß die verlorene Dirne einen Stolz darin sucht, von der Natur noch der Mutterschaft gewürdigt zu werden, ein Wunsch, womit nicht im Widerspruch steht, daß ihr die Beschwerlichkeit und das Entstellende in dieser Ehre nicht willkommen ist. Sie ergreift daher gern den Mittelweg, zu scheinen; sie legt auf pour deux mois, pour trois mois, nur natürlich nicht weiter.« F. Th. Vischer: Mode und Cynismus Stuttgart 1879 p 7 ■ Mode ■ [O 2, 2]

In der Prostitution kommt die revolutionäre Seite der Technik zum Ausdruck (die schaffende, obzwar gewiß auch deren entdeckende, die symbolische). »Comme si les lois de la Nature, auxquelles l’amour se soumet, n’étaient pas plus tyranniques et plus odieuses que celles de la Société! Le sens métaphysique du sadisme est l’espoir que la révolte de l’homme prendra une intensité telle qu’elle mettra la nature en demeure de changer ses lois – que, les femmes ne voulant plus tolérer les épreuves de la grossesse, les risques et les douleurs de l’accouchement, et de l’avortement, la nature sera contrainte d’inventer autre chose, pour que l’homme se perpétue sur terre.« Emmanuel Berl: Premier Pamphlet (Europe No 75 p 405/406) In der Tat: die sexuelle Revolte gegen die Liebe entspringt nicht nur einem fanatischen, besessenen Lustwillen, sie geht auch darauf aus, die Natur ihm gefügig und angemessen zu machen. Noch deutlicher treten die Züge, auf die es hier ankommt hinaus 〈sic〉, wenn man die Prostitution (zumal in der zynischen Form in der sie gegen Ende des Jahrhunderts in den Pariser Passagen betrieben wurde) weniger als Gegensatz denn als Verfall der Liebe betrachtet. Dann fügt der revolutionäre Aspekt dieses Verfalls dem dessen⁠〈?〉 der Passagen sich wie von selbst ein. [O 2, 3]

Die Weibsfauna der Passagen: Huren, Grisetten, alte hexenhafte Verkäuferinnen, Trödlerinnen, gantières, demoiselles – dies letztere war der Name für weiblich verkleidete Brandstifter um 1830 [O 2, 4]

Vers 1830: »Le Palais-Royal est encore assez à la mode pour que la location des chaises rapporte 32.000 francs à Louis-Philippe, la ferme des jeux cinq millions et demi au Trésor … Les maisons de jeux du Palais-Royal rivalisent avec le Cercle des Etrangers, rue Grange-Batelière, et avec Frascati, rue de Richelieu.« Dubech-D’Espezel: Histoire de Paris Paris 1926 p 365 [O 2, 5]

Rites de passage – so heißen in der Folklore die Zeremonien, die sich an Tod, Geburt, an Hochzeit, Mannbarwerden etc. anschließen. In dem modernen Leben sind diese Übergänge immer unkenntlicher und unerlebter geworden. Wir sind sehr arm an Schwellenerfahrungen geworden. Das Einschlafen ist vielleicht die einzige, die uns geblieben ist. (Aber damit auch das Erwachen.) Und schließlich wogt wie der Gestaltenwandel des Traums über Schwellen auch das Auf und Nieder der Unterhaltung und der Geschlechterwandel der Liebe. »Qu’il plaît à l’homme« sagt Aragon, »de se tenir sur le pas des portes de l’imagination!« (Paysan 〈de Paris Paris 1926〉 p 74) Es sind nicht nur die Schwellen dieser phantastischen Tore, es sind die Schwellen überhaupt, aus denen Liebende, Freunde, sich Kräfte zu saugen lieben. Die Huren aber lieben die Schwellen dieser Traum-tore. – Die Schwelle ist ganz scharf von der Grenze zu scheiden. Schwelle ist eine Zone. Wandel, Übergang, Fluten liegen im Worte »schwellen« und diese Bedeutungen hat die Etymologie nicht zu übersehen. Andererseits ist notwendig, den unmittelbaren tektonischen und zeremonialen Zusammenhang festzustellen, der das Wort zu seiner Bedeutung gebracht. ◼ Traumhaus ◼ [O 2 a, 1]

Unter dem Nord-Ost-Peristyl des Palais Royal lag das Café des Aveugles. »Là, une demi-douzaine d’aveugles de l’hospice des Quinze-Vingts exécutaient incessamment une musique plus ou moins assourdissante de six heures du soir à une heure du matin; – car ces établissements souterrains n’étaient ouverts au public que du crépuscule à l’aube. C’était le rendez-vous de prédilection des Laïs et des Phrynés patentées, impures sirènes qui avaient au moins le mérite de donner le mouvement, la vie, à cet immense bazar de plaisirs, triste, sombre, muet aujourd’hui comme les lupanars d’Herculanum.« Histoire des Cafés de Paris extraite des mémoires d’un viveur Paris 1857 p 7 [O 2 a, 2]

»Le 31 décembre 1836, à minuit, on ferma par autorité de police toutes les maisons de jeu. A Frascati, il y eut une petite émeute. Ce fut le coup mortel pour le Palais-Royal, déjà détrôné depuis 1830 par le boulevard.« Dubech-D’Espezel: Histoire de Paris Paris 1926 p 389 [O 2 a, 3]

»Talma, Talleyrand, Rossini, Balzac« als Spieler genannt bei Edouard Gourdon: Les faucheurs de nuit Paris 1860 p 14 [O 2 a, 4]

»Je soutiens que la passion du jeu est la plus noble de toutes les passions, parce qu’elle les comprend toutes. Une suite de coups heureux me donne plus de jouissances que ne peut en avoir, en plusieurs années l’homme qui ne joue pas. Je jouis par l’esprit, c’est-à-dire de la façon la mieux sentie et la plus délicate. Vous croyez que je ne vois que le gain dans l’or qui m’arrive? vous vous trompez. J’y vois les joies qu’il procure et je les savoure véritablement. Ces joies, vives et brûlantes comme des éclairs, sont trop rapides pour me donner du dégoût, et trop diverses pour me donner de l’ennui. J’ai cent vies dans une seule. Si je voyage, c’est à la façon de l’étincelle électrique … Si je tiens ma main fermée et si je garde mes billets de banque, c’est que je connais trop bien le prix du temps pour le dépenser comme les autres hommes. Un plaisir que je prendrais me ferait perdre mille autres plaisirs … J’ai les jouissances de l’esprit et je n’en veux pas d’autres.« Edouard Gourdon: Les faucheurs de nuit Paris 1860 p 14/15 Das Zitat von La Bruyère angeführt! – Vgl. »Wärs möglich, könnt ich nicht mehr wie ich wollte« Wallenstein [O 2 a, 5]

»La ferme des jeux comprenait: la maison du cercle des Etrangers, rue Grange-Batelière, n° 6; la maison de Livry, dite Frascati, rue Richelieu, n° 103; la maison Dunans, rue du Mont-Blanc, 40; la maison Marivaux, rue Marivaux, n° 13; la maison Paphos, rue du Temple, n° 110; la maison Dauphine, rue Dauphine, n° 36 au Palais-Royal, le n° 9 (jusqu’au n° 24), le n° 129 (jusqu’au n° 137), le n° 119, (depuis le n° 102), le n° 154 (depuis le n° 145). Ces établissements, malgré leur grand nombre ne suffisent pas aux joueurs. La spéculation en ouvre d’autres que la police ne peut pas toujours surveiller assez efficacement. On y joue l’écarté, la bouillotte et le baccarat. De vieilles femmes, débris honteux et grotesques de tous les vices … en ont la direction. Ce sont de soi-disant veuves de généraux, protégées par de soi-disant colonels qui se partagent les produits de la cagnotte. Cet état de choses se prolonge jusqu’en 1837, époque de la suppression de la ferme des jeux.« Edouard Gourdon: Les faucheurs de nuit Paris 1860 p 34 [O 3, 1]

Gourdon teilt mit, daß in gewissen Zirkeln fast ausschließlich Frauen spielten lc p 55 ff [O 3, 2]

»L’aventure du municipal à cheval, placé comme fétiche à la porte d’un joueur maltraité par la chance, est restée dans les annales de nos cercles. Le brave troupier qui se croyait là pour faire honneur aux invités de quelque raout, s’étonnait fort du silence de la rue et de la maison, lorsque survint, vers une heure du matin, la triste victime du tapis vert. Comme les autres soirs, et malgré la puissance du fétiche, le joueur avait beaucoup perdu. Il sonne; on n’ouvre pas. Il sonne de nouveau; rien ne bouge dans la loge du cerbère endormi, et la porte est inexorable. Impatienté, exaspéré, aigri surtout par les pertes qu’il vient de faire, le locataire brise un carreau avec sa canne pour réveiller le portier. Ici, le municipal, jusqu’alors simple spectateur de la scène nocturne, croit qu’il est de son devoir d’intervenir. Il se baisse, saisit le perturbateur au collet, le hisse sur son cheval, et file au grand trot vers son quartier, ravi d’avoir un prétexte décent pour rompre une faction qui l’ennuyait … Malgré l’explication, le joueur acheva la nuit sur un lit de camp.« Edouard Gourdon: Les faucheurs de nuit Paris 1860 p 181/82 [O 3, 3]

Zum Palais-Royal: »Der vorige Polizei-Minister Merlin that den Vorschlag, diesen Pallast des Luxus und jedes wollüstigen Genusses, in Kasernen umzuschaffen, und so jener schändlichen Menschenrace ihren Vereinigungsort zu verschließen.« F. J. L. Meyer: Fragmente aus Paris im IV Jahr der französischen Republik Hamburg 1797 I p 24 [O 3, 4]

Delvau über die Loretten von Montmartre: »Ce ne sont pas des femmes, – ce sont des nuits.« Alfred Delvau: Les dessous de Paris Paris 1860 p 142 [O 3, 5]

Gibt es nicht eine bestimmte Struktur des Geldes, die sich nur am Schicksal, und eine bestimmte Struktur des Schicksals, die sich nur am Gelde erkennen läßt? [O 3, 6]

Professeurs de la langue verte. »Ne possédants plus rien qu’une parfaite expérience des martingales, des séries, des intermittences, ils siègeaient dans les tripots de l’ouverture à la clôture et terminaient leur nuit dans les antres de bouillotte surnommés maisons Baural. A l’affût des novices, des débutants … ces bizarres professeurs donnaient des conseils, discutaient les coups passés, prédisaient les coups à venir et jouaient pour les autres. En cas de perte, ils n’avaient qu’à maudire le sort, accuser un refait, un hasard, la date du mois si c’était un 13, le jour de la semaine si c’était un vendredi. En cas de gain, ils touchaient leur prime, indépendamment de ce qu’ils escamotaient pendant le maniement des fonds, opération qui s’appelait: Donner à manger à la pie. Ces industriels se divisaient en plusieurs classes: Les aristocrates, tous colonels ou marquis de l’ancien régime, les plébéiens issus de la Révolution, enfin ceux qui offraient leur avis pour cinquante centimes.« Alfred Marquiset: Jeux et joueurs d’autrefois (1789-1837) Paris 1917 p 209 Das Buch enthält wertvolle Angaben über die Rolle der Aristokratie und des Militärs in der Ausbeutung des Spiels. [O 3 a, 1]

Palais-Royal. »In der zweiten Etage wohnen größtentheils les femmes perdues der vornehmem Classe … In der dritten Etage, und au paradis in den Dachstübchen, wohnen die der geringem Classe; der Erwerb zwingt sie, im Mittelpunkt der Stadt, im Palaisroyal, in der rue traversière, und der umliegenden Gegend zu wohnen … Im Palaisroyal wohnen vielleicht 6 bis 800, – aber eine ungleich größere Anzahl geht des Abends in ihm spazieren, weil hier die meisten Müßigen zu treffen sind. In der rue St. Honoré und in einigen anstoßenden Straßen stehen sie des Abends eben so reihenweise, als im Palais bei Tage die Miethcabriolets. Doch nimmt ihre Anzahl in demselben Grade ab, als man sich in der Stadt von dem Palaisroyal entfernt.« J. F. Benzenberg: Briefe geschrieben auf einer Reise nach Paris Dortmund 1805 I p 261 und 263 Der Autor gibt die Zahl der femmes perdues mit »etwa 10 000« an; »vor der Revolution fanden sich bei einer Zählung der Polizei 28 000«. lc p 261 [O 3 a, 2]

»Le vice a pour elle comme pour les autres rempli sa tâche coutumière. Il a affiné et rendu désirable la laideur effrontée de son visage. Sans rien perdre de la grâce faubourienne de son origine, la fille est devenue avec ses parures emphatiques et ses charmes audacieusement travaillés par les pâtes, apéritive et tentante pour les appétits blasés, pour les sens alentis qu’émoustillent seulement les véhémences des maquillages et les tumultes des robes à grand spectacle.« J.-K. Huysmans: Croquis parisiens Paris 1886 p 57 »L’ambulante« [O 3 a, 3]

»Es ist unmöglich, zu erwarten, es werde einem Bourgeois jemals gelingen, die Phänomene der Verteilung der Reichtümer zu begreifen. Denn in dem Maße, wie die mechanische Produktion sich entwickelt, wird das Eigentum entpersönlicht und in die kollektive unpersönliche Form der Aktiengesellschaften gekleidet, deren Geschäftsanteile schließlich im Strudel der Börse herumwirbeln … Sie werden … von den einen verloren, von den anderen gewonnen, und zwar in einer Weise, die so sehr dem Spiele ähnelt, daß die Börsengeschäfte tatsächlich Spiel genannt werden. Die ganze moderne ökonomische Entwicklung hat die Tendenz, die kapitalistische Gesellschaft mehr und mehr in ein riesiges internationales Spielhaus umzuwandeln, wo die Bourgeois Kapitalien gewinnen und verlieren infolge von Ereignissen, die ihnen unbekannt bleiben … Das ›Unerforschliche‹ thront in der bürgerlichen Gesellschaft wie in einer Spielhölle … Erfolge und Mißerfolge, aus unerwarteten, im allgemeinen unbekannten und dem Anschein nach vom Zufall abhängigen Ursachen prädisponieren den Bourgeois zur Seelenverfassung des Spielers … Der Kapitalist, dessen Vermögen in Börsenwerten angelegt ist, deren Preis- und Dividendenschwankungen er in ihren Ursachen nicht kennt, ist ein professioneller Spieler. Der Spieler aber … ist ein höchst abergläubisches Wesen. Die Habitués der Spielhöllen haben immer magische Formeln, um das Schicksal zu beschwören; der eine murmelt ein Gebet zum heiligen Antonius von Padua oder irgend einem anderen Geiste im Himmel, ein anderer setzt nur, wenn eine bestimmte Farbe gewonnen hat, ein dritter hält mit der linken Hand eine Hasenpfote fest usw. Das Unerforschliche sozialer Art umhüllt den Bourgeois, wie das Unerforschliche der Natur den Wilden.« Paul Lafargue: Die Ursachen des Gottesglaubens Die neue Zeit Stuttgart 1906 XXIV, 1 p 512 [O 4, 1]

Adolf Stahr nennt einen gewissen Chicard als Vortänzer des Cancan auf dem Bal Mabille und behauptet, er tanze unter Aufsicht zweier Polizeisergeanten, denen nichts obliege als den Tanz dieses einen Mannes zu überwachen. Dazu die – bei Woldemar Seyffarth: Wahrnehmungen in Paris 1853 und 1854 Gotha 1855 p 136 ohne nähere Angabe zitierte – Behauptung, »daß eben nur die Uebermacht der Polizeigewalt die verbestialisirte Pariser Menschheit in gewissen nothdürftigen Schranken der Bestialität zu halten vermöge«.[O 4, 2]

Das Original – eine Art Naturmensch mit ungeheurem Bart –, das sich im Palais Royal sehen ließ, hieß Chodruc Duclos. [O 4, 3]

»Ce n’est pas une volupté médiocre que de tenter le sort. Ce n’est pas un plaisir sans ivresse que de goûter en une seconde des mois, des années, toute une vie de crainte et d’espérance. Je n’avais pas dix ans quand M. Grépinet, mon professeur de neuvième, nous lut en classe la fable de l’Homme et le Génie. Pourtant je me la rappelle mieux que si je l’avais entendue hier. Un génie donne à un enfant un peloton de fil et lui dit: ›Ce fil est celui de tes jours. Prends-le. Quand tu voudras que le temps s’écoule pour toi, tire le fil: tes jours se passeront rapides ou lents selon que tu auras dévidé le peloton vite ou longuement. Tant que tu ne toucheras pas au fil, tu resteras à la même heure de ton existences L’enfant prit le fil; il le tira d’abord pour devenir un homme, puis pour épouser la fiancée qu’il aimait, puis pourvoir grandir ses enfants, pour atteindre les emplois, le gain, les honneurs, pour franchir les soucis, éviter les chagrins, les maladies venues avec l’âge, enfin, hélas! pour achever une vieillesse importune. Il avait vécu quatre mois et six jours depuis la visite du génie. Eh bien! le jeu, qu’est-ce donc sinon l’art d’amener en une seconde les changements que la destinée ne produit d’ordinaire qu’en beaucoup d’heures et même en beaucoup d’années, l’art de ramasser en un seul instant les émotions éparses dans la lente existence des autres hommes, le secret de vivre toute une vie en quelques minutes, enfin le peloton de fil du génie? Le jeu, c’est un corps-à-corps avec le destin … On joue de l’argent, – de l’argent, c’est-à-dire la possibilité immédiate, infinie. Peut-être la carte qu’on va retourner, la bille qui court donnera au joueur des parcs et des jardins, des champs et de vastes bois, des châteaux élevant dans le ciel leurs tourelles pointues. Oui, cette petite bille qui roule contient en elle des hectares de bonne terre et des toits d’ardoise dont les cheminées sculptées se reflètent dans la Loire; elle renferme les trésors de l’art, les merveilles du goût, des bijoux prodigieux, les plus beaux corps du monde, des âmes, même, qu’on ne croyait pas vénales, toutes les décorations, tous les honneurs, toute la grâce et toute la puissance de la terre … Et vous voulez qu’on ne joue pas? Si encore le jeu ne faisait que donner des espérances infinies, s’il ne montrait que le sourire de ses yeux verts on l’aimerait avec moins de rage. Mais il a des ongles de diamant, il est terrible, il donne, quand il lui plaît, la misère et la honte; c’est pourquoi on l’adore. L’attrait du danger est au fond de toutes les grandes passions. Il n’y a pas de volupté sans vertige. Le plaisir mêlé de peur enivre. Et quoi de plus terrible que le jeu? Il donne, il prend; ses raisons ne sont point nos raisons. Il est muet, aveugle et sourd. Il peut tout. C’est un dieu … Il a ses dévots et ses saints qui l’aiment pour lui-même, non pour ce qu’il promet, et qui l’adorent quand il les frappe. S’il les dépouille cruellement, ils en imputent la faute à eux-mêmes, non à lui: ›J’ai mal joué‹, disent-ils. Ils s’accusent et ne blasphèment pas.« Anatole France: Le jardin d’Epicure Paris p 15-18 [O 4 a]

Béraud sucht in umfangreichen Ausführungen die Vorzüge des administrativen Verfahrens im Gegensatz zum juristischen gegen die Prostituierten zu verfechten: »Ainsi le sanctuaire de la justice n’a pas été souillé publiquement par une cause sale, et le crime est puni, mais arbitrairement, en vertu d’une ordonnance particulière d’un préfet de police.« FFA Béraud: Les filles publiques de Paris et la police qui les régit Paris et Leipzig 1839 II p 50 [O 5, 1]

»Un marlou … c’est un beau jeune homme, fort, solide, sachant tirer la savatte, se mettant fort bien, dansant la chahu et le cancan avec élégance, aimable auprès des filles dévouées au culte de Vénus, les soutenant dans les dangers éminens, sachant les faire respecter, et les forcer à se conduire avec décence … Voilà donc une classe d’individus qui, depuis un temps immémorial, s’était fait remarquer par une belle tenue, par une conduite exemplaire, par les services qu’elle rendait à la société, réduite à la dure extrémité.« 50 000 voleurs de plus à Paris, ou Réclamation des anciens marlous de la capitale, contre l’ordonnance de M. le Préfet de police, concernant les filles publiques Par le beau Théodore Cancan cit in FFA Béraud: Les filles publiques de Paris et la police qui les régit Paris et Leipzig 1839 II 109/10, 113/14 [die Flugschrift liegt nicht viel vor dem Erscheinen des sie zitierenden Werks][O 5, 2]

Aus dem polizeilichen Edikt zur Reglung der Prostitution vom 14 April 1830: »Art. 1…. Il leur est également interdit de paraître dans aucun temps et sous aucun prétexte, dans les passages, dans les jardins publics et sur les boulevarts. Art. 2. Les filles publiques ne pourront se livrer à la prostitution que dans les maisons de tolérance. Art. 3. Les filles isolées, c’est-à-dire celles qui n’habitent pas dans les maisons de tolérance, ne pourront se rendre dans ces maisons qu’après l’allumage des réverbères. Elles devront s’y rendre directement, être vêtues simplement, avec décence … Art. 4. Elles ne pourront, dans une même soirée, quitter une maison de tolérance pour se rendre dans une autre. Art. 5. Les filles isolées devront avoir quitté les maisons de tolérance, et être rentrées chez elles à onze heures du soir … Art. 7. Les maisons de tolérance pourront être indiquées par une lanterne, et, dans les premiers temps, par une femme âgée qui se tiendra sur la porte … Signé Mangin.« FFA Béraud: Les filles publiques de Paris et la police qui les régit Paris et Leipzig 1839 II p 133-135 [O 5, 3]

Ausgesetzte Prämien für die brigade d’ordre: 3 frcs Feststellung einer Prostituierten unter 21 Jahren; 15 frcs Feststellung eines geheimen Bordells; 25 frcs Feststellung eines Bordells von Minderjährigen. Béraud: Les filles publiques 〈II〉 p 138/139 [O 5, 4]

Aus den Erläuterungen, die Béraud zu seinen Vorschlägen für eine neue Verordnung gibt. 1) die alte Frau auf der Schwelle betreffend: »Le second paragraphe défend à cette femme de dépasser le seuil de la porte, parce qu’il arrive souvent qu’elle pousse l’audace jusqu’à aller à la rencontre des passans. J’ai vu, de mes propres yeux, ces marcheuses prendre des hommes par le bras, par les habits, et les forcer, pour ainsi dire, à entrer dans leurs maisons.« 2) das Handelsverbot für Prostituierte betreffend: »Je défends aussi l’ouverture des magasins et des boutiques dans lesquels des filles publiques s’installent comme modistes, lingères, marchandes de parfumeries, etc. Les femmes qui occupent ces magasins ou boutiques en tiennent les portes ou les fenêtres ouvertes, pour faire des signes aux passans … Il en est d’autres plus adroites, qui ferment leurs portes et leurs fenêtres; mais elles font des signes à travers les carreaux dépourvus de rideaux, ou ces rideaux laissant entre eux un intervalle qui permet une communication facile entre l’intérieur et le dehors. Quelques-unes frappent contre la devanture de la boutique, chaque fois qu’un homme passe, ce qui le fait retourner du côté d’où part le bruit, et alors les signes se succèdent d’une manière d’autant plus scandaleuse qu’ils ne peuvent échapper à personne, toutes ces boutiques se trouvant dans des passages.« FFA Béraud: Les filles publiques de Paris et la police qui les régit Paris et Leipzig 1839 II p 149/50, 152/53 [O 5 a, 1]

Béraud spricht sich für unbeschränkte Anzahl der öffentlichen Häuser aus. »Art. 13. Toute femme ou fille majeure étant dans ses meubles, occupant un local convenable, au moins deux chambres, autorisée de son mari si elle est mariée, ainsi que du propriétaire et du principal locataire de la maison qu’elle habite … sera habile à devenir maîtresse de maison, et à obtenir un livret de tolérance.« Béraud: Les filles publiques de Paris II p 156 [O 5 a, 2]

Jedes Mädchen soll, nach Bérauds Vorschlag, auf ihren Wunsch als Prostituierte eingeschrieben werden – auch Minderjährige. Aus der Erläuterung: »Le sentiment de votre devoir vous commande une surveillance continuelle en faveur de ces jeunes enfans … Les repousser, c’est assumer sur sa tête toutes les suites d’un abandon barbare … Il faut donc les inscrire, et les entourer de toute la protection et de toute la vigilance de l’autorité. Au lieu de les relancer dans une atmosphère de corruption, soumettez ces filles à peine nubiles à une vie régulière dans une maison spécialement destinée à les recevoir … Prévenez leurs parens. Dès qu’ils sauront que la vie déréglée de leurs filles restera ignorée, et que c’est un secret religieusement gardé par l’administration, ils consentiront à les reprendre.« Béraud 〈lc〉 II p 170/71 [O 5 a, 3]

»La police … pourquoi ne permettrait-elle pas … à quelques-unes des maîtresses de maisons de tolérance, particulièrement connues, de donner … des soirées, des bals et des concerts, avec des additions de tables d’écarté? Ici, du moins, les escrocs seraient surveillés de près, tandis que dans les autres cercles [Spielhäuser sind gemeint], c’est impossible, attendu que l’action de la police … y est … quasi nul.« FFA Béraud: Les filles publiques de Paris et la police qui les régit Paris et Leipzig 1839 II p 202 [O 6, 1]

»Il est … des époques, même périodiques dans l’année, qui deviennent fatales à la vertu d’un grand nombre de jeunes parisiennes. Alors, dans les maisons de tolérance, ou ailleurs les investigations de la police atteignent beaucoup plus de filles se livrant à la prostitution clandestine que dans tout le reste de l’année. J’ai souvent demandé les causes de ces transitions ascendantes de débauche, et personne, même dans l’administration n’a pu résoudre ce problème. J’ai dû m’en rapporter à mes propres observations et j’y ai mis tant de persévérance que je suis enfin parvenu à remonter au véritable principe de cette prostitution progressive … et … de circonstance … Aux approches du jour de l’an, de la fête des Rois, des fêtes de la Vierge … de jeunes filles veulent donner des étrennes, faire des cadeaux, offrir de beaux bouquets; elles désirent aussi, pour elles-mêmes, une robe neuve, un chapeau à la mode, et, privées des moyens pécuniaires indispensables … elles les trouvent en se livrant pendant quelques jours à la prostitution … Voilà les motifs des actes de débauche en récrudescence à certaines époques et à certaines solennités.« FFA Béraud: Les filles publiques de Paris et la police qui les régit Paris et Leipzig 1839 I p 252-254 [O 6, 2]

Gegen die ärztliche Untersuchung auf der Polizei: »Toute femme rencontrée dans la rue de Jérusalem, allant à la préfecture ou en sortant, est stigmatisée du nom de fille publique … C’est un scandale périodique. On voit, durant tous les jours des visites, les abords de la préfecture envahis par un grand nombre d’hommes attendant la sortie de ces malheureuses, instruits qu’ils sont, que celles qui sortent libres du dispensaire sont réputées saines.« FFA Béraud: Les filles publiques de Paris I p 189/90 [O 6, 3]

Die Loretten bevorzugten das quartier um Notre-Dame de Lorette weil es neu war und sie in den frisch errichteten Häusern als Trockenwohnerinnen geringere Mieten zahlten. [O 6, 4]

»Voulez-vous un autre genre de séduction? allez aux Tuileries, au Palais-Royal ou au boulevart des Italiens; vous y apercevrez plus d’une sirène assise sur une chaise, les pieds sur l’autre, et une troisième vacante à côté d’elle. C’est une pierre d’attente pour l’homme à bonne fortune … Les magasins de modes … présentent aussi bien des ressources aux amateurs. Vous y marchandez le chapeau rose, vert, jaune, lilas, ou écossais; vous convenez du prix, vous donnez votre adresse, et, le lendemain à l’heure convenue, vous voyez arriver chez vous celle qui, placée derrière le chapeau, chiffonnait de ses doigts délicats, la gaze, le ruban ou quelque autre pompon qui plaisent tant à ces dames.« FFA Béraud: Les filles publiques de Paris Précédées d’une notice historique sur la prostitution chez les divers peuples de la terre, par M. A. M. I p CII-CIV (préface) [O 6 a, 1]

»On est d’abord porté à croire à un grand nombre de filles publiques par le fait d’une espèce de fantasmagorie que produisent les allées et venues de ces filles toujours sur les mêmes points, ce qui semble les multiplier à l’infini … Il est une autre circonstance qui prête à cette illusion, ce sont les travestissemens nombreux dont s’affublent très-souvent les filles publiques dans une même soirée. Avec un oeil tant soit peu exercé, il est facile de se convaincre qu’une fille, à huit heures, dans un costume élégant, riche, est la même qui paraît en grisette à neuf heures et qui se montre à dix en paysanne et vice versa. Il en est ainsi sur tous les points de la capitale où affluent habituellement les prostituées. Par exemple, suivez une de ces filles sur le boulevart, entre les portes Saint-Martin et Saint-Denis; elle est maintenant en chapeau à plumes et en robe de soie recouverte d’un schall; elle se rend dans la rue Saint-Martin, en cotoie la droite, aborde les petites rues qui touchent à la rue Saint-Denis, entre dans une des nombreuses maisons de débauche qui s’y trouvent, et peu de temps après, elle en sort vêtue en grisette ou en villageoise.« FFA Béraud: Les filles publiques de Paris Paris et Leipzig 1839 I p 51/52 ■ Mode ■ [O 6 a, 2]

Les filles de marbre Drame en cinq actes mêlé de chant par MM. Théodore Barrière et Lambert Thiboust Représenté, pour la première fois, à Paris, sur le théâtre du Vaudeville, le 17 mai 1853. Der erste Akt dieses Dramas läßt die Hauptfiguren als Griechen auftreten und zwar ist der Held, der später durch die Liebe zu einer fille de marbre (Marco) um sein Leben kommt, Raphael, hier Phidias, der die Marmorfiguren schafft. Der Schlußeffekt dieses Aktes ist ein Lächeln der Statuen, die sich zu Gorgias, der ihnen Geld verspricht⁠〈,〉 lächelnd umwenden, nachdem sie Phidias gegenüber, der ihnen Ruhm versprach, unbeweglich geblieben sind. [O 7, 1]

»Voyez-vous …, il y a à Paris deux sortes de femmes, comme il y a deux genres de maisons … la maison bourgeoise, où on n’entre qu’avec un bail, et l’hôtel garni, où on loge au mois … Qu’est-ce qui les distingue? … l’enseigne … Or, la toilette, c’est l’enseigne de la femme … et il y a des toilettes tellement parlantes, que c’est abolument comme si vous lisiez sur le premier étage des volants: appartement meublé à louer!« Dumanoir et Th Barrière: Les toilettes tapageuses Comédie en un acte Paris 1856 p 28 [O 7, 2]

Spitznamen der tambours der Ecole polytechnique um 1830: Gavotte, Vaudeville, Mélodrame, Zéphir; um 1860: Brin d’amour, Cuisse de nymphe. (Pinet⁠〈: Histoire de l’Ecole polytechnique Paris 1887〉 p 212) [O 7, 3]

Nach einem Vorschlag von Bourlier sollten die Spiele wieder konzessioniert und die Einnamen aus der Konzession zum Bau einer Oper – »aussi magnifique que la Bourse« – und eines Hospitals verwandt werden. Louis Bourlier: Epître aux détracteurs du jeu Paris 1831 (p VII) [O 7, 4]

Gegen den fermier des jeux Benazet, der u. a. illegale Geschäfte machte, indem er den höhern Goldkurs in den Spielhäusern sich zu eignen Transaktionen zu nutze machte, erschien folgende Schrift: Louis Bourlier: Pétition à MM. les députés Paris [Galeries d’Orléans] 30 juin 1839 Bourlier war ehemals Angestellter der ferme des jeux [O 7, 5]

»Au parquet de la Bourse, aussi bien que chez nous,
On joue, et du hasard on affronte les coups:
Rouge et noire au Trente-un, hausse et baisse à la Bourse,
Sont de perte et de gain également la source.

Or, quand le jeu de Bourse est tout semblable au nôtre,
Pourquoi permet-on l’un? pourquoi proscrit-on l’autre?«

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Louis Bourlier: Stances à l’occasion de la loi qui supprime la ferme des jeux Adressées à la Chambre Paris 1837 〈p 5〉 [O 7, 6]
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Eine große Gravüre (Lithographie) von 1852 »Maison de jeu« zeigt in der Mitte die emblematische Figur eines Panthers oder Tigers, dessen Fell, gleichsam als Decke, das halbe tableau eines Roulettes trägt. C⁠〈abinet〉 d⁠〈es〉 E⁠〈stampes〉 [O 7 a, 1]

»Les lorettes étaient diversement cotées suivant les quartiers qu’elles habitaient.« In der Reihenfolge der billigem zu den teueren: rue de Grammont, rue du Helder, rues Saint-Lazare et Chaussée-d’Antin, faubourg du Roule. Paul D’Ariste: La vie et le monde du boulevard (1830-1870) Paris 〈1930〉 p 255/256 [O 7 a, 2]

»Frauen werden zur Börsenzeit nicht hineingelassen, aber man sieht sie draußen truppweise umherstehen und auf den großen Schicksalsspruch des Tages lauern.« Acht Tage in Paris Paris Juillet 1855 p 20 [O 7 a, 3]

»Dans le 13e arrondissement, il y a des femmes qui meurent, quand elles vont commencer à aimer; elles donnent à l’amour le dernier soupir de la galanterie.« Louis Lurine: Le treizième arrondissement de Paris Paris 1850 p 219/220 Eine schöne Formel für die Caméliendame, die zwei Jahre später herauskam. [O 7 a, 4]

Restaurationszeit. »Es war keine Schande zu spielen … die Napoleonischen Kriege hatten durch die Hin- und Herzüge der fast immer dem Glücksspiel huldigenden Soldaten die Lust am Hasard weit verbreitet.« Egon Caesar Conte Corti: Der Zauberer von Homburg und Monte Carlo Leipzig 〈1932〉 p 30 [O 7 a, 5]

1 Januar 1838. »Von den französischen Bankhaltern im Palais royal gingen auf das Verbot hin Benazet und Chabert nach Baden-Baden und Wiesbaden und viele Beamte nach Pyrmont, Aachen, Spa usw.« Egon Caesar Conte Corti: Der Zauberer von Homburg und Monte Carlo Leipzig p 30/1 [O 7 a, 6]

Aus MJ Ducos (de Gondrin): Comment on se ruine à la bourse Paris 1858: »Ne voulant point attaquer des droits légitimes, je n’ai rien à dire contre les opérations de Bourse sérieuses, pour lesquelles les agents de change ont été créés exclusivement. Ma critique portera particulièrement sur les courtages des marchés fictifs … et sur les reports usuraires.« (p 7) »Il n’y a pas de chance au jeu de Bourse, si heureuse qu’elle soit, qui puisse résister au courtage exorbitant des agents de change … Il existe sur le Rhin, deux établissements de jeux de hasard (Hombourg et Wiesbaden), où l’on fait jouer le trente et quarante en prélevant un faible … courtage de 62 c. 1/2 pour 100 francs. C’est … la trente-deuxième partie du courtage des agents de change et du report réunis. Le trente et quarante se joue à rouge et noire, comme à la Bourse on joue à la hausse ou à la baisse, avec cette différence que les deux chances sont toujours parfaitement égales entre elles et qu’aucune espèce de fraude n’y est possible, les faibles n’y étant point à la merci des puissants.« 〈p 16〉 [O 7 a, 7]

Das Börsenspiel in der Provinz war darauf angewiesen, aus Paris »die Kursbewegungen der wichtigsten Papiere … zu erfahren … Sonderkuriere, Taubenposten mußten dazu dienen, und eines der beliebtesten Mittel in dem damals mit Windmühlen übersäten Frankreich war die Weitergabe durch Zeichen von Mühle zu Mühle: war das Fenster einer solchen geöffnet, so hieß das Hausse, und das Zeichen wurde von den nächststehenden Mühlen aufgefangen und weitergegeben; blieb das Fenster geschlossen, so hieß das Baisse, und die Nachricht wanderte auf dem gleichen Wege von Mühle zu Mühle aus der Hauptstadt in die Provinz.« Die Brüder Blanc zogen es aber vor, sich des – von rechts wegen der Regierung vorbehaltnen – optischen Telegrafen zu bedienen. »Eines schönen Tages im Jahre 1834 übermittelte jener Pariser Telegraphist auf Bitte eines Agenten der Blanc in einem Staatstelegramm ein H nach Bordeaux, das die Hausse der Rente anzeigen sollte. Um den Buchstaben zu kennzeichnen und sich überdies gegen Entdeckung zu sichern, gab er hinter dem H auch noch ein Irrungszeichen.« Auf diesem Wege ergaben sich Schwierigkeiten und so kombinierten die Blanc diese Methode mit einer andern. »Wenn z. B. die dreiprozentige französische Rente eine Hausse von mindestens 25 Centimes aufwies, so sandte der Beauftragte der Blanc in Paris, ein gewisser Gosmand, ein Päckchen mit Handschuhen an den Telegraphenbeamten in Tours, namens Guibout, der auf der Adresse wohlweislich als Fabrikant von Handschuhen und Strümpfen bezeichnet war. Gab es aber eine Baisse von mindestens dem gleichen Betrage, so sandte Gosmand Strümpfe oder Krawatten. Auf der Adresse dieses Paketchens war ein Buchstabe oder eine Ziffer geschrieben, die Guibout dann sofort mit Irrungszeichen einem Staatstelegramm nach Bordeaux anfügte.« Dies Verfahren funktionierte fast zwei Jahre. Der Bericht nach der Gazette des Tribunaux von 1837. Egon Caesar Conte Corti: Der Zauberer von Homburg und Monte Carlo Leipzig 〈1932〉 p 17-19 [O 8, 1]

Galante Unterhaltungen zweier Mädchen des 19. Jahrhunderts am häuslichen Herd Rom und Paris Verlag von Grangazzo, Vache & Cie. Daraus einige merkwürdige Formulierungen: »Ach, Arsch und Votze, wie einfach und doch so inhaltschwer; schau mich einmal an, wie gefällt Dir denn mein Arsch und meine Votze, Elischen?« (p 12) »Im Tempel den Opferpriester, im Arsch den Zeigefinger als Küster, an der Clitoris zwei Finger als Diaconen, so harrte ich der Dinge, die da kommen sollten. ›Wenn mein Arsch die rechte Lage hat, dann bitte ich, beginnen Sie, mein Freund!‹« Die Namen der beiden Mädchen: Elise und Lindamine. [O 8, 2]

Lecomte über die Berichterstatterin für Mode, Constance Aubert, die im Temps eine große Position hatte und deren Artikel durch Lieferungen der Firmen entgolten wurden, über die sie berichtete: »La plume devient un véritable capital qui peut fixer, jour par jour, le revenu qu’il lui convient d’obtenir. Paris entier devient un bazar où rien ne se dérobe à la main qui veut prendre, car il y a longtemps déjà que cette main ne se tend plus.« Jules Lecomte: Les lettres de Van Engelgom ed Henri d’Almeras Paris 1925 p 190 Die Lecomteschen Briefe erschienen 1837 im Indépendant in Bruxelles. [O 8 a, 1]

»C’est par la faculté de son esprit, nommée réminiscence, que les vœux de l’homme condamné à la brillante captivité des villes, se portent … vers le séjour de la campagne, sa primitive demeure, ou du moins vers la possession d’un simple et tranquille jardin. Ses yeux aspirent à se reposer sur la verdure, des fatigues du comptoir ou de la brûlante clarté de la lampe du salon. Son odorat, blessé sans relâche par les émanations d’une fange empestée, recherche le parfum qui s’exhale des fleurs. Une bordure de violettes humbles et suaves le ravirait d’extase … Ce bonheur … lui est-il refusé, il voudra pousser l’illusion encore jusqu’à transformer les bords de sa fenêtre en jardin suspendu, et la cheminée de sa modeste habitation en un parterre émaillé de verdure et de fleurs. Tel est l’homme de la ville, telle est la source de sa passion pour les fleurs et les champs … Telles sont les réflexions qui me conduisirent à l’établissement des nombreux métiers sur lesquels je fis exécuter des dessins imitant les fleurs de la nature … Le débit de ces sortes de châles fut prodigieux … Les châles étaient vendus avant d’être faits. Les ordres à livrer se succédaient sans interruption … Ce brillant période des châles, cet âge d’or de la fabrique … a duré peu de temps, et a fait couler cependant en France un Pactole dont les flots étaient d’autant plus riches, que leur principale source venait de l’étranger. Après avoir parlé de ce débit remarquable, il peut être intéressant … de savoir dans quel ordre il se propagea. Ainsi que je m’y étais attendu, Paris consomma peu de châles en fleurs naturelles. Les provinces en demandèrent en proportion de leur distance de la capitale, et l’étranger en proportion de son éloignement de la France. Leur règne n’est point encore fini. J’approvisionne toujours des pays, séparés entre eux de tout le travers de l’Europe, et où il ne faudrait pas envoyer un seul châle à dessins imités du cachemire … De ce que Paris n’a point fait de cas des châles à dessins de fleurs naturelles … ne pourrait-on pas dire, en reconnaissant Paris comme le centre du goût, que plus on s’éloigne de cette ville, plus on se rapproche des goûts et des sentimens naturels; ou en d’autres termes, que le goût et le naturel n’ont en ceci rien de commun, et s’excluent même réciproquement?« J. Rey Fabricant de cachemires: Etudes pour servir à l’histoire des châles Paris 1823 p 201/202, 204-206 Das Exemplar der B⁠〈ibliothèque〉 N⁠〈ationale〉 enthält auf dem Gegentitel den Vermerk von älterer Hand: »Ce traité sur un sujet futile en apparence … est remarquable par la pureté et l’élégance du style, ainsi que par une érudition comparable à celle du voyage D’Anarcharsis.« [O 8 a, 2]

Sollte die Blumenmode des Biedermeier und der Restauration mit dem unbewußten Mißbehagen beim Wachstum der großen Städte zusammenhängen? [O 8 a, 3]

»Au commencement du règne de Louis-Philippe, l’opinion publique se prononça aussi« [wie die heutige, was die Börse angeht] »… contre les jeux de hasard … La Chambre des députés … en vota la suppression, bien que l’Etat en tirât un revenu annuel de vingt millions … A l’heure qu’il est, à Paris, le jeu de Bourse ne donne point vingt millions par an au gouvernement; mais, en revanche, il produit au moins cent millions aux agents de change, aux courtiers de la coulisse et aux usuriers … qui font des reports … élevant parfois l’intérêt jusqu’au-dessus de 20 0/0. – Ces cent millions sont prélevés sur quatre à cinq mille joueurs peu clairvoyants, qui, en cherchant à s’exploiter mutuellement sans se connaître, se font complètement dépouiller.« (sc par les agents de change) MJ Ducos (de Gondrin): Comment on se ruine à la Bourse Paris 1858 p V/VI [O 9, 1]

Die Börse war in der Julirevolution Lazarett und Munitionsfabrik. Beim Verfertigen der Kartätschen wurden Gefangne verwendet, vgl Tricotel: Esquisse de quelques scènes de l’intérieur de la Bourse 〈Paris 1830〉. Sie war auch Schatzkammer. Es wurde dorthin in den Tuilerien erbeutetes Silber gebracht. [O 9, 2]

Es gab Shawls, an denen 25 bis 30 Tage gearbeitet wurde. [O 9, 3]

Rey argumentiert zu gunsten der französischen Kaschmirs. Sie haben unter anderm den Vorteil, neu zu sein. Die indischen sind es nicht. »Dirai-je toutes les fêtes galantes dont ils ont été témoins, toutes les scènes voluptueuses, pour ne rien dire de plus, auxquelles ils ont servi de voile? Nos sages et modestes françaises seraient passablement confuses, si elles venaient à connaître les antécédens du châle qui fait leur bonheur!« Immerhin will der Verfasser sich nicht die Meinung zu eigen machen, daß sämtliche Shawls schon in Indien benutzt worden seien, eine Behauptung, die so falsch sei wie die »qui veut que le thé ait déjà servi à une infusion avant de sortir de la Chine.« J. Rey: Etudes pour servir à l’histoire des châles Paris 1823 p 226/227 [O 9, 4]

Die ersten Shawls tauchen in Frankreich im Gefolge des ägyptischen Feldzugsauf. [O 9, 5]

»Allons, mes sœurs, marchons la nuit, comme le jour;
A toute heure, à tout prix, il faut faire l’amour,
Il le faut, ici-bas le destin nous a faites
Pour garder le ménage et les femmes honnêtes.«

A Barbier: Satires et poèmes, Lazare Paris 1837 p 271 (cit Liefde: Le Saint-Simonisme dans la poésie française 〈entre 1825 et 1865 Haarlem 1927〉 p 125⁠〈)〉 [O 9, 6]

Im XVI Stück des Spleen de Paris »L’Horloge« trifft man den Zeitbegriff an, gegen den der des Spielers zu konfrontieren ist. [O 9, 7]

Zur Einwirkung der Mode auf die Erotik eine gute Bemerkung von Eduard Fuchs (Die Karikatur der europäischen Völker II 〈München 1921〉 p 152): »Man hört die Dame des zweiten Kaiserreichs nicht sagen: ich liebe ihn, sondern sie sagt: j’ai un caprice pour lui.« [O 9, 8]

J Pellcoq stellt das im Cancan hoch geschwungne Bein mit der Beschriftung dar: présentez armes! (Eduard Fuchs: Die Karikatur der europäischen Völker II p 171⁠〈)〉 [O 9 a, 1]

»Zahlreiche galante Lithographien, die in den dreißiger Jahren des verflossenen Jahrhunderts öffentlich erschienen, wurden zur gleichen Zeit für die Liebhaber direkt erotischer Bilder ins Obszöne variiert … Ausgang der dreißiger Jahre kamen diese Scherze allmählich aus der Mode.« Eduard Fuchs: Illustrierte Sittengeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart Das bürgerliche Zeitalter Ergänzungsband München p 309 [O 9 a, 2]

Eduard Fuchs spezifiziert »den Anfang eines erotisch illustrierten Dirnenkatalogs, der etwa aus den Jahren 1835 bis 1840 stammen dürfte. Der betreffende Katalog besteht aus zwanzig farbigen erotischen Lithographien, unter deren jeder einzelnen die Adresse einer Dirne gedruckt steht.« Unter den nun folgenden sieben ersten Adressen des Katalogs geben fünf Passagen an, und zwar fünf verschiedene. Eduard Fuchs: Illustrierte Sittengeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart Das bürgerliche Zeitalter Ergänzungsband München p 157 [O 9 a, 3]

Als Engels infolge von Aussagen deutscher Handwerksburschen (unter denen seine Agitation bis auf die Schwächung von Grüns Position wenig Erfolg hatte) von Spitzeln verfolgt wurde, schreibt er an Marx: »Wenn die verdächtigen Individuen, die mich seit vierzehn Tagen verfolgen, wirklich Mouchards sind, … so hat die Präfektur in der letzten Zeit viel Entreebillets für die bals Montesquieu, Valentino, Prado usw. ausgegeben. Ich verdanke Herrn Delessert ganz hübsche Grisettenbekanntschaften und viel Plaisir.« cit Gustav Mayer: Friedrich Engels Erster Band: Friedrich Engels in seiner Frühzeit (Zweite Auflage) Berlin 〈1933〉 p 252 [O 9 a, 4]

Engels entdeckt 1848 auf der Reise durch französische Weingegenden, »daß jeder dieser Weine einen verschiedenen Rausch macht, daß man mit wenig Flaschen alle Zwischenstufen von der Musardschen Quadrille bis zur Marseillaise, von der tollen Lust des Cancans bis zur wilden Glut des Revolutionsfiebers durchmachen … kann!« cit Gustav Mayer: Friedrich Engels Erster Band Friedrich Engels in seiner Frühzeit Berlin p 319 [O 9 a, 5]

»Nach der 1856 erfolgten Schließung des Café de Paris erlangte das Café Anglais für die Epoche des Zweiten Kaiserreichs die gleiche … Bedeutung, die jenem Restaurant unter Louis-Philippe zugekommen war. Ein hohes weißes Gebäude mit einem Gewirr von Korridoren und zahlreichen Gesellschaftsräumen und Chambres séparées, die sich über die verschiedenen Stockwerke verteilten.« S Kracauer: Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit Amsterdam 1937 p 332 [O 9 a, 6]

»Die Fabrikarbeiter in Frankreich nennen die Prostitution ihrer Frauen und Töchter die xte Arbeitsstunde, was wörtlich wahr ist.« Karl Marx: Der historische Materialismus hg Landshut und Mayer Lpz 〈1932〉 p 318 [O 10, 1]

»L’imagier … donnera, au besoin, l’adresse du modèle qui a posé pour ses photographies obscènes.« Gabriel Pélin: Les laideurs du beau Paris Paris 1861 p 153 Bei diesen imagiers hingen die obszönen Einzelbilder in den Auslagen, die Gruppenbilder fand man im Innern. [O 10, 2]

Tanzlokale nach Le Caricaturiste 26 août 1849: Salon du Sauvage, Salon d’Apollon, Château des Brouillards. (Paris sous la République de 1848 Exposition de la Ville de Paris Paris 1909 p 40) [O 10, 3]

»Die Regulierung des Arbeitstages … der erste rationelle Zügel für die menschenmörderischen, inhaltslosen und an sich dem System der großen Industrie unangemeßnen Flatterlaunen der Mode.« Anm. hierzu: »John Bellers geißelte diese Wirkungen der »Unsicherheit der Moden‹ schon 1699. (›Versuche über die Armut, die Industrie, das Geld, Kolonien und Unsittlichkeit‹, S. 9.)« Karl Marx: Das Kapital ed Korsch Berlin 〈1932〉 p 454 [O 10, 4]

Aus »Petition des filles publiques de Paris à Mrs. le préfet de Police etc., redigée par Mlle. Pauline et apostillée par Msrs. les épiciers, cabaretiers, limonadiers et marchands de comestibles de la capitale … Das Gewerbe ist an sich leider ein elendes, aber durch die Concurrenz von anderen Weibern und vornehmen Damen, die keine Steuer bezahlen, ganz uneinträglich geworden. Oder sind wir so viel schlechter, weil wir baares Geld, jene aber Shawls von Kaschemir nehmen? Die Charte verbürgt jedem persönliche Freiheit; hilft unsere Vorstellung bei dem Herrn Präfekten nicht, werden wir bei … den Kammern einkommen. Besser wäre es sonst im Reiche Golkonda, wo die Mädchen unseres Gleichen eine der vierundvierzig Abtheilungen des Volkes bildeten und die einzige Verpflichtung hatten, dem Könige etwas vorzutanzen, welchen Dienst wir auf Verlangen dem Hrn. Präfekten zu leisten bereit waren.« Friedrich von Raumer: Briefe aus Paris und Frankreich im Jahre 1830 Lpz 1831 I p 206/07 [O 10, 5]

Der Vorredner von Journets »Poésies« spricht von »ateliers concernant les divers genres de travaux à l’aiguille, où … moyennant 40 centimes par jour, – les femmes et les jeunes filles sans ouvrage vont … dépenser … leur … santé. Presque toutes ces malheureuses … sont forcées de se rabattre sur leur cinquième quart de journée.« Jean Journet: Poésies et chants harmoniens Paris A la librairie universelle de Joubert, passage du Saumon, 2 et chez l’auteur Juin 1857 p LXXI (Préface de l’éditeur) [O 10, 6]

»Le trottoir de la rue des martyrs« enthält viele Légendes von Gavarni als Zitate, nirgends aber einen Hinweis auf Guys, der doch geradezu das Vorbild der folgenden Beschreibung gewesen sein könnte: »C’est plaisir à les voir marcher sur ce bitume, la robe retroussée lestement, d’un côté, jusqu’au genou, de façon à laisser étinceler au soleil une jambe fine et nerveuse comme celle d’un cheval arabe, pleine de frémissements et d’impatiences adorables, et terminée par un brodequin d’une élégance irréprochable! On ne s’occupe pas de la moralité de ces jambes-là! … Ce qu’on veut, c’est aller où elles vont.« Alfred Delvau: Les dessous de Paris Paris 1860 p 143/144 (Les trottoirs parisiens) [O 10 a, 1]

Vorschlag Ganilh’s, einen Teil des Kapitals der Staatlichen Lotterie zu Renten für Spieler, die ein gewisses Alter erreicht haben, zu verwenden. [O 10 a, 2]

Lotterieeinnehmer: »Ihre Laden haben immer zwei bis drei Ausgänge und mehrere Abtheilungen, zur Erleichterung der in einander greifenden Spiel- und Wuchergeschäfte und zur Bequemlichkeit schüchterner Kunden. Mann und Frau sitzen wohl nicht selten, ohne etwas davon zu ahnen, dicht neben einander in den geheimnißvollen Stübchen, die Jedes allein so listig zu benutzen meinet.« Carl Gustav Jochmann: Reliquien hg von Heinrich Zschokke Zweiter Band Hechingen 1837 p 44 (Die Glücksspiele) [O 10 a, 3]

»Ist es der Geheimnißglaube, der den Gläubigen macht, so gibt es wahrscheinlich mehr gläubige Spieler in der Welt, als gläubige Beter.« Carl Gustav Jochmann: Reliquien hg von Heinrich Zschokke Zweiter Band Hechingen 1837 p 46 (Die Glücksspiele) [O 10 a, 4]

Nach Poissow »Mémoire sur les chances que les jeux de hasard, admis dans les maisons de jeu de Paris, présentent à la banque«, verlesen in der Akademie der Sciences 1820, ist der Umsatz pro Jahr im Trente-et-un 230 Millionen (Bankgewinn 2 760 000) frcs, in der Roulette 100 Millionen (Bankgewinn 5 Millionen) frcs. vgl Carl Gustav Jochmann: Reliquien hg von Zschokke II Hechingen 1837 p 51 (Die Glücksspiele) [O 10 a, 5]

Das Spiel ist das höllische Gegenstück zur Musik der himmlischen Heerscharen. [O 10 a, 6]

Über Halévys »Froufrou«: »Hatte die Komödie: ›Les Filles de Marbre‹ die Epoche der Kurtisanenherrschaft eingeleitet, so deutete ›Froufrou‹ auf das Ende dieser Epoche hin … Es … zerbricht Froufrou unter dem … Druck der Erkenntnis, daß ihr Leben vertan ist, und flüchtet am Schluß, eine Sterbende, zu den Ihren.« S Kracauer: Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit Amsterdam 1937 p 385/386 Die »Filles de Marbre« waren die Erwiderung auf die »Kameliendame« des Vorjahres. [O 10 a, 7]

»Der Hasardeur jagt im Wesentlichen narzißtischen und aggressiven Allmachtswünschen nach. Diese haben – soweit sie nicht unmittelbar mit den direkt erotischen liiert sind – die Eigenschaft des größeren zeitlichen Ausdehnungsradius. Ein direkter Koituswunsch ist wesentlich rascher durch den Orgasmus befriedigbar, als der narzißtisch-aggressive Allmachtswunsch. Die Tatsache, daß die genitale Sexualität stets und sogar im günstigsten Fall einen Rückstand von Unbefriedigung übrigläßt, geht auf drei Tatsachen zurück: nicht alle prägenitalen Wünsche, die später der Genitalität tributär werden, sind im Koitus unterbringbar, das Objekt ist, vom Standpunkt des Ödipuskomplexes gesehen, stets ein Surrogat. Neben diesen beiden … Tatsachen kommt … der Tatbestand hinzu, daß die Unmöglichkeit des Auslebens der unbewußten großangelegten Aggression zur Unbefriedigung beiträgt. Die im Koitus abreagierbare Aggression ist sehr domestiziert … So kommt es, daß vor allem die narzißtische und aggressive Allmachtsfiktion notleidend wird: Wer deshalb von dem im Hasardspiel abreagierbaren – sozusagen Ewigkeitswert besitzenden – Lustmechanismus gekostet hat, verfällt ihm um so leichter, je mehr er auf die ›neurotische Dauerlust‹ (Pfeifer) festgelegt ist und je weniger er sie in der normalen Sexualität infolge prägenitaler Fixierungen unterbringt … Auch ist zu bedenken, daß nach Freud die Sexualität beim Menschen den Eindruck einer absterbenden Funktion macht, während man dies von den aggressiven und narzißtischen Tendenzen keineswegs behaupten kann.« Edmund Bergler: Zur Psychologie des Hasardspielers (Imago XXII, 4 1936 p 438-440) [O 11, 1]

»Das Hasardspiel bietet die einzige Gelegenheit, in welcher das Lustprinzip mit seiner Gedanken- und Wunschallmacht nicht aufgegeben werden muß, resp. das Realitätsprinzip gegenüber dem Lustprinzip keine Vorteile bietet. In diesem Festhalten der infantilen Allmachtsfiktion liegt eine posthume Aggression gegen die … Autorität, die dem Kinde das Realitätsprinzip ›einbläute‹. Diese unbewußte Aggression bildet gemeinsam mit der Betätigung der Gedankenallmacht und dem Erleben der sozial zulässigen, verdrängten Exhibition beim Spiel eine Lusttrias. Dieser Lusttrias steht eine Straftrias gegenüber, die aus dem unbewußten Verlustwunsch, dem unbewußten homosexuellen Überwältigungswunsch und der sozialen Diffamierung konstituiert wird … Zutiefst ist jedes Hasardspiel ein Erzwingenwollen der Liebe mit einem unbewußten masochistischen Hintergedanken. Deshalb verliert der Hasardeur à la longue immer.« Edmund Bergler: Zur Psychologie des Hasardspielers (Imago XXII, 4 1936 p 440) [O 11, 2]

Referat über Gedanken von Ernst Simmel zur Psychologie des Spielers: »Die unersättliche Gier, die im endlosen circulus vitiosus nicht ruht, bis Verlust Gewinn und Gewinn wieder Verlust wird, entspringe dem narzißtischen Drang in analer Geburtsphantasie, sich selbst zu befruchten und sich aus sich heraus zu gebären, in unermeßlicher Steigerung Vater und Mutter ersetzend und überflügelnd. ›Die Spielleidenschaft befriedigt also letzten Grundes den Hang nach dem bisexuellen Ideal, das der Narziß in sich selbst findet; es gilt der Kompromißbildung aus Mann und Frau, aktiv und passiv, Sadismus und Masochismus, und schließlich der unerledigten Entscheidung zwischen genitaler und analer Libido, um die der Spieler in den bekannten Symbolfarben rouge et noir ringt. Die Spielleidenschaft dient so autoerotischer Befriedigung, wobei das Spielen Vorlust, das Gewinnen Orgasmus, das Verlieren Ejakulation, Defäkation und Kastration ist.‹« Edmund Bergler: Zur Psychologie des Hasardspielers (Imago XXII, 4 1936 p 409/410 nach Ernst Simmel: Zur Psychoanalyse des Spielers [Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse VI 1920 p 397]) [O 11 a, 1]

Seit der Entdeckung Otaheitis, meint Fourier, 〈seit〉 es das Beispiel einer Ordnung gäbe, in der die grande industrie mit erotischer Freiheit vereinbar sei, sei der esclavage conjugal unerträglich geworden. [O 11 a, 2]

Zu Freuds Konjektur von der Sexualität als einer absterbenden Funktion »des« Menschen bemerkte Brecht, wie sehr es das untergehende Bürgertum von der feudalen Klasse zur Zeit ihres Niedergangs unterscheide, daß es sich in allem als Inbegriff des Menschen überhaupt fühle, damit seinen Untergang dem Aussterben der Menschheit gleichsetzend. (Diese Gleichsetzung kann an der jedem Zweifel entrückten Krise der Sexualität im Bürgertum übrigens ihren Anteil haben.) Die feudale Klasse fühlte sich als eine durch ihre Privilegien abgesonderte, wie das der Realität entsprach. Das ermöglichte ihr, in ihrem Niedergang einige Eleganz und Leichtigkeit an den Tag zu legen. [O 11 a, 3]

Die Liebe zur Prostituierten ist die Apotheose der Einfühlung in die Ware. [O 11 a, 4]

»Edile de Paris! marche dans le système,
Poursuis l’œuvre de bien de Mangin et Belleyme;
Aux fangeuses Phrynés désigne pour manoirs
Des quartiers pestilens, solitaires et noirs.«

Barthélémy: Paris Revue satirique à M. G Delessert Paris 1838 p 22 [O 12, 1]

Eine Beschreibung der niedern Prostitution, wie sie in den Lungen⁠〈?〉 der barrière angesiedelt war. Sie stammt von Du Camp und würde eine vortreffliche Beschriftung zu vielen Aquarellen von Guys darstellen: »Si l’on pousse la barrière et la porte qui ferment l’entrée, on se trouve dans un estaminet garni de tables de marbre ou de bois et éclairé au gaz; à travers les nuages de fumée répandue par les pipes, on distingue des gravatiers, des terrassiers, des charretiers, ivres pour la plupart, assis devant un flacon d’absinthe et qui causent avec des créatures dont l’aspect est aussi grotesque que lamentable. Toutes, et presque uniformément, elles sont vêtues de cette cotonnade rouge chère aux nègres d’Afrique, et dont on fait des rideaux dans les petites auberges de province. Ce qui les couvre n’est point une robe, c’est une blouse, sans ceinture et qui bouffe sur la crinoline. Dégageant les épaules outrageusement décolletées et ne venant qu’à la hauteur des genoux, ce vêtement leur donne l’apparence de gros vieux enfants bouffis, luisants de graisse, ridés, abrutis et dont le crâne pointu annonce l’imbécillité. Elles ont des grâces de chien savant, quand les inspecteurs, vérifiant le livre d’inscription, les appellent et qu’elles se lèvent pour répondre.« Maxime du Camp: Paris Ses organes ses fonctions et sa vie dans la seconde moitié du XIX siècle III Paris 1872 p 447 (La Prostitution) [O 12, 2]

»La notion … du jeu … consiste en ceci … que la partie suivante ne dépend pas de la précédente … Le jeu nie énergiquement toute situation acquise, tout antécédent … rappelant des services passés, et c’est en quoi il se distingue du travail. Le jeu rejette … ce lourd passé qui est l’appui du travail, et qui fait le sérieux, le souci, l’attention au loin, le droit, le pouvoir … Cette idée de recommencer, … et de faire mieux … vient souvent dans le travail malheureux; mais elle est … vaine. … et il faut trébucher sur les œuvres manquées.« Alain: Les idées et les âges 〈Paris 1927〉 I p 183/4 (Le jeu) [O 12, 3]

Die Folgenlosigkeit, die den Charakter des Erlebnisses ausmacht, hat einen drastischen Ausdruck im Spiel gefunden. Das Spiel war in der feudalen Zeit im wesentlichen ein Privileg der feudalen Klasse, die am Produktionsprozeß nicht unmittelbar beteiligt war. Neu ist, daß im neunzehnten Jahrhundert der Bürger spielt. Die napoleonichen Heere vor allem sind auf ihren Zügen Agenten des Hasards bei der Bourgeoisie geworden. [O 12 a, 1]

Die Bedeutung des Zeitmoments für den Rausch des Spielers wurde ähnlich wie von Anatole France schon von Gourdon eingeschätzt. Beide sehen aber nur, welche Bedeutung die Zeit für den Genuß des Spielers an seinem schnell erworbnen, schnell verflognen Gewinn hat, der durch die zahllosen Verwendungsmöglichkeiten, die offen bleiben und vor allem durch die eine reale als mise en jeu in der Vorstellung sich verhundertfacht. Welche Bedeutung der Faktor Zeit für den Spielvorgang selber hat, das kommt weder bei Gourdon noch France zur Geltung. Mit der Kurzweil des Spiels hat es in der Tat eine eigene Bewandtnis. Ein Spiel ist umso kurzweiliger, je schroffer der Hasard in ihm zu Tage tritt, je kleiner die Anzahl oder je kürzer die Folge von Kombinationen ist, die im Verlauf der Partie (des coups) anzubringen sind. Mit andern Worten: je größer die Hasardkomponente in einem Spiele ist, desto schneller läuft es ab. Dieser Umstand wird da entscheidend, wo es um die Bestimmung dessen geht, was den eigentlichen »Rausch« des Spielers ausmacht. Er beruht auf der Eigentümlichkeit des Hasardspiels, die Geistesgegenwart dadurch zu provozieren, daß es in rascher Folge Konstellationen zum Vorschein bringt, die – eine von der andern ganz unabhängig – an eine jeweilen durchaus neue, originale Reaktion des Spielenden appellieren. Dieser Sachverhalt schlägt sich in der Gewohnheit der Spieler nieder, den Einsatz, wenn möglich, erst im letzten Moment zu machen. Es ist das zugleich der Augenblick, in dem nur noch für ein rein reflektorisches Verhalten Raum bleibt. Dieses reflektorische Verhalten des Spielers schließt die »Deutung« des Zufalls aus. Der Spieler reagiert vielmehr auf den Zufall so wie das Knie auf den Hammer im Patellarreflex. [O 12 a, 2]

Der Abergläubische wird auf Winke achten, der Spieler wird auf sie reagieren noch ehe er sie beachten konnte. Einen Gewinncoup vorhergesehen aber nicht genutzt zu haben, wird der Unkundige dahin auffassen, daß er »gut in Form« sei und daß er das nächste Mal nur beherzter und schneller zu verfahren habe. In Wirklichkeit ist der Vorgang vielmehr Signal dafür, daß der motorische Reflex nicht zustande kam, den der Zufall im glücklichen Spieler auslöst. Nur wenn er nicht zustande kommt tritt nämlich »das Kommende« als solches deutlich in das Bewußtsein ein. [O 13, 1]

Nur diejenige Zukunft wird vom Spieler pariert, die nicht als solche in sein Bewußtsein drang. [O 13, 2]

Die Ächtung des Spiels dürfte ihren tiefsten Grund darin haben, daß eine natürliche Gabe des Menschen, die, den höchsten Gegenständen zugewandt, ihn über sich selbst hinaushebt, einem der niedrigsten Gegenstände, dem Gelde, zugewandt, den Menschen selbst niederzieht. Die Gabe, um die es sich handelt ist: Geistesgegenwart. Ihre höchste Manifestation ist das Lesen, das in jedem Falle divinatorisch ist. [O 13, 3]

Das eigentümliche Glücksgefühl des Gewinners wird dadurch gekennzeichnet, daß Geld und Gut, sonst das Massivste, Beschwerteste von der Welt, ihm vom Schicksal wie die Erwiderung einer völlig geglückten Umarmung kommen. Sie lassen sich der Liebesbezeugung einer vom Mann restlos befriedigten Frau vergleichen. Spieler sind Typen, denen es nicht gegeben ist, die Frau zu befriedigen. Ist nicht Don Juan Spieler? [O 13, 4]

»Au temps du facile optimisme qui rayonnait dans l’esprit d’un Alfred Capus, il était d’usage sur le boulevard de tout rapporter à la veine.« Gaston Rageot: Qu’est-ce qu’un événement? (Le Temps 16 avril 1939) – Die Wette ist ein Mittel, den Ereignissen Chockcharakter zu geben, sie aus Erfahrungszusammenhängen herauszulösen. Nicht von ungefähr wettet man auf den Ausgang von Wahlen, auf den Kriegsausbruch usw. Für die Bourgeoisie insbesondere nehmen die politischen Ereignisse leicht die Form von Vorgängen am Spieltisch an. Für den Proletarier ist das nicht im gleichen Maße der Fall. Er ist besser disponiert, Konstanten im politischen Geschehen zu erkennen. [O 13, 5]

Der cimetière des innocents als Strich. »Diese Stätte … war für die Pariser des 15. Jahrhunderts gleichsam ein melancholisches Palais royal von 1789. Inmitten des fortwährenden Begrabens und Wiederausgrabens gab es dort eine Promenade, wo man sich traf. Man fand kleine Läden bei den Beinhäusern und leichtsinnige Frauenzimmer unter den Arkaden.« J Huizinga: Herbst des Mittelalters München 1928 p 10 [O 13 a, 1]

Waren die wahrsagenden Karten früher als die, mit denen gespielt wurde? Sollte das Kartenspiel eine Deteriorierung der wahrsagenden Technik darstellen? Die Zukunft vorherzuwissen ist ja auch im Kartenspiel entscheidend. [O 13 a, 2]

Das Geld ist, was die Nummer, das Geld ist, was die fille de marbre (vgl O 7, 1) lebendig macht. [O 13 a, 3]

Gracians Maxime »in allen Dingen die Zeit auf seine Seite zu bringen wissen« wird von keinem besser und dankbarer verstanden werden als von dem, dem ein langgehegter Wunsch in Erfüllung gegangen ist. Damit vergleiche man die großartige Definition, die Joubert von dieser Zeit gibt. Sie bestimmt per contrarium die Zeit des Spielers: »Il y a du temps dans l’éternité même; mais ce n’est pas un temps terrestre et mondain … Il ne détruit rien, il achève.« J Joubert: Pensées Paris 1883 II p 162 [O 13 a, 4]

Über das Heroische im Spiel, gleichsam ein Corrollar zu Baudelaires »Le jeu«: »Betrachtung, die ich an Hazard-Spieltischen anzustellen pflege …: Wenn man alle die Kraft und Leidenschaft, … die jährlich in Europa an Spieltischen vergeudet werden, … zusammensparte – würde es ausreichen, ein römisches Volk und eine römische Geschichte daraus zu bilden? Aber das ist es eben! Weil jeder Mensch als Römer geboren wird, sucht ihn die bürgerliche Gesellschaft zu entrömern, und darum sind Hazard- und Gesellschaftsspiele, Romane, italienische Opern und elegante Zeitungen. Casino’s, Theegesellschaften und Lotterien, Lehr- und Wanderjahre, Garnisons- und Wachtparadendienste, Ceremonien und Aufwartungen, und die fünfzehn bis zwanzig anliegende Kleidungsstücke, die man täglich mit heilsamem Zeitverlust an- und auszuziehen hat – darum ist dieses Alles eingeführt, daß die überflüssige Kraft unmerklich verdünste!« Ludwig Börne: Ges⁠〈ammelte〉 Schr⁠〈iften〉 Hamb⁠〈ur〉⁠g Fr⁠〈ank〉⁠f⁠〈urt〉 a/M 1862 III p 38/39 (Das Gastmahl der Spieler) [O 13 a, 5]

»Mais comprenez-vous tout ce que doit avoir de délire et de vigueur dans l’âme un homme qui attend avec impatience l’ouverture d’un tripot? Entre le joueur du matin et le joueur du soir il existe la différence qui distingue le mari nonchalant de l’amant pâmé sous les fenêtres de sa belle. Le matin seulement arrivent la passion palpitante et le besoin dans sa franche horreur. En ce moment vous pourrez admirer un véritable joueur, un joueur qui n’a pas mangé, dormi, vécu, pensé, tant il était rudement flagellé par le fouet de sa martingale … A cette heure maudite, vous rencontrerez des yeux dont le calme effraie, des visages qui vous fascinent, des regards qui soulèvent les cartes et les dévorent. Aussi les maisons de jeu ne sont-elles sublimes qu’à l’ouverture de leurs séances.« Balzac: La peau de chagrin Paris ed Flammarion p 7 [O 14, 1]

Die Prostitution zieht einen Markt der weiblichen Typen auf. [O 14, 2]

Zum Spiel: je weniger in den Banden des Schicksals ein Mann befangen ist, desto weniger wird er durch das Nächste bestimmt. [O 14, 3]

Das Ideal des chockförmigen Erlebnisses ist die Katastrophe. Das wird im Spiel sehr deutlich: durch immer größere Misen, die das Verlorene retten sollen, steuert der Spieler auf den absoluten Ruin zu. [O 14, 4]