Genugtuung
Genugtuung. Betreffs der religiösen „Genugtuung“ (Versöhnung mit Gott) besteht eine Antinomie, indem einerseits hierin der moralische Glaube (an die Bedingtheit der Genugtuung durch den gebesserten Lebenswandel) dem Kirchenglauben (an das höhere Verdienst des für die Sünden der Menschheit büßenden Erlösers) vorhergehen muß, anderseits der Glaube an ein nicht-menschliches Verdienst, durch das der Mensch mit Gott versöhnt wird, vor aller Bestrebung zum Guten vorhergehen muß, da der von Natur verderbte Mensch sonst nicht an seine sittliche Neugeburt glauben kann. In Wahrheit sind aber hier nicht zwei an sich verschiedene Prinzipien, sondern nur eine und dieselbe praktische Idee, einmal, sofern sie das „Urbild der Gott wohlgefälligen Menschheit (den Sohn Gottes)“ als in Gott befindlich und von ihm ausgehend, dann, sofern sie es als in uns befindlich vorstellt, beidemal aber, sofern sie es als Richtmaß unseres Lebenswandels vorstellt. So ist die Antinomie nur scheinbar. Man muß „mit allen Kräften der heiligen Gesinnung eines Gott wohlgefälligen Lebenswandels nachstreben, um glauben zu können, daß die (uns schon durch die Vernunft versicherte) Liebe desselben zur Menschheit, sofern sie seinem Willen nach allem ihrem Vermögen nachstrebt, in Rücksicht auf die redliche Gesinnung den Mangel der Tat, auf welche Art es auch sei, ergänzen werde“, Rel. 3. St. VII (IV 134 ff.).