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Geist

Geist. „Ihr werdet ... den Begriff eines Geistes nur beibehalten können, wenn ihr euch Wesen denkt, die sogar in einem von Materie erfüllten Raume gegenwärtig sein können: Wesen also, welche die Eigenschaft der Undurchdringlichkeit nicht an sich haben, und deren so viele als man auch will, vereinigt, niemals ein solides Ganze ausmachen. Einfache Wesen von dieser Art werden immaterielle Wesen und, wenn sie Vernunft haben, Geister genannt werden. Einfache Substanzen aber, deren Zusammensetzung ein undurchdringliches und ausgedehntes Ganze gibt, werden materielle Einheiten, ihr Ganzes aber Materie heißen.“ Aber: „Von der Erklärung, was der Begriff eines Geistes enthalte, ist der Schritt noch ungemein weit zu dem Satze, daß solche Naturen wirklich, ja auch nur möglich seien.“ „Meine Seele wird also eine einfache Substanz sein. Aber es bleibt ... noch immer unausgemacht, ob sie von der Art derjenigen sei, die in dem Raume vereinigt ein ausgedehntes und undurchdringliches Ganze geben und also materiell, oder ob sie immateriell und folglich ein Geist sei, ja sogar, ob eine solche Art Wesen als diejenige, so man geistige nennt, nur möglich sei“, Träume 1. T. 1. H. (V 2,7 f.). Nur der Begriff von der geistigen Natur des „unendlichen Geistes“ ist leicht, „weil er lediglich negativ ist und darin besteht, daß man die Eigenschaften der Materie an ihm verneint, die einer unendlichen und schlechterdings notwendigen Substanz widerstreiten. Dagegen bei einer geistigen Substanz, die mit der Materie in Vereinigung sein soll, wie z. E. der menschlichen Seele, äußert sich die Schwierigkeit, daß ich eine wechselseitige Verknüpfung derselben mit körperlichen Wesen zu einem Ganzen denken und dennoch die einzige bekannte Art der Verbindung, welche unter materiellen Wesen stattfindet, aufheben soll“, ibid. 2. Anm. (V 2, 8). „Man kann ... die Möglichkeit immaterieller Wesen annehmen ohne Besorgnis, widerlegt zu werden, wiewohl auch ohne Hoffnung, diese Möglichkeit durch Vernunftgründe beweisen zu können. Solche geistige Naturen würden im Raume gegenwärtig sein, so daß derselbe demungeachtet für körperliche Wesen immer durchdringlich bliebe, weil ihre Gegenwart wohl eine Wirksamkeit im Raume, aber nicht dessen Erfüllung, d. i. einen Widerstand als den Grund der Solidität enthielte“, ibid. 1. T. 2. H. (V 2,10). „Ich gestehe, daß ich sehr geneigt bin, das Dasein immaterieller Wesen in der Welt zu behaupten und meine Seele selbst in die Klasse dieser Wesen zu versetzen. Alsdann aber wie geheimnisvoll wird nicht die Gemeinschaft zwischen einem Geist und einem Körper!“, ibid. (V 2, 15). — Die vorgeblichen Geistererscheinungen lassen sich als Phantasmen (s. d.) erklären, und überhaupt ist die ganze Geisterlehre (Pneumatologie) ein „Traum“ der Metaphysik (s. d.), von Hoffnungen eingegeben, aber keiner Erkenntnis zu vergleichen. Unter „Geist“ versteht man „ein Wesen, was auch ohne Körper sich seiner und seiner Vorstellungen bewußt sein kann“, Fortschr. d. Metaph. 2. Abt. 3. Fortschr. i. d. Psychologie (V 3, 141). Ob die Seele (s. d.) ein Geist ist oder nicht, ist theoretisch unerkennbar (vgl. Unsterblichkeit). „Vermittelst der Vernunft ist der Seele des Menschen ein Geist (mens, nous) beigegeben, damit er nicht ein bloß dem Mechanismus der Natur und ihren technisch-praktischen, sondern auch ein der Spontaneität der Freiheit und ihren moralisch-praktischen Gesetzen angemessenes Leben führe“, Fried, i. d. Ph. 1. Abs. B. (V 4, 34).

Geist, in ästhetischer Bedeutung, heißt das belebende Prinzip im Gemüte. Dasjenige aber, wodurch dieses Prinzip die Seele belebt, der Stoff, den es dazu anwendet, ist das, was die Gemütskräfte zweckmäßig in Schwung versetzt, d. i. in ein solches Spiel, welches sich von selbst erhält und selbst die Kräfte dazu stärkt.“ Dieses Prinzip selbst ist „das Geist — Geltung. 181 Vermögen der Darstellung ästhetischer Ideen“, KU § 49 (II 167); vgl. Idee. Genie. Was man „Geist“ nennt, ist das Talent, ästhetische Ideen zum „Ausdruck“ zu bringen und allgemein mitteilbar zu machen, der Ausdruck mag nun in Sprache oder Malerei oder Plastik bestehen; dies erfordert ein „Vermögen, das schnell vorübergehende Spiel der Einbildungskraft aufzufassen und in einen Begriff ... zu vereinigen, der sich ohne Zwang der Regeln mitteilen läßt“, ibid. (II 172). „Geist ist das belebende Prinzip im Menschen“, Anthr. 1. T. § 57 (IV 147). „Man nennt das durch Ideen belebende Prinzip des Gemüts Geist.“ Geist ist „das produktive Vermögen der Vernunft“, für die Form der Verbindung des Mannigfaltigen ein Muster a priori der Einbildungskraft unterzulegen, ibid. § 71 (IV 176). Geist ist „Originalität des Gedanken“, ibid. § 71 B (IV 178); vgl. Genie.

„Geist ist eine reine Intelligenz“, d. h. eine von aller Gemeinschaft mit Körpern abgesonderte Intelligenz, N 4728. Das „geistige“ Leben ist die Persönlichkeit, N 4237. Vgl. Intelligibel, Monade, Gott, Pneumatologie, Vernunft, Verstand, Noumenon.