1574. Zwang¹⁾. Gewalt²⁾. Bedrängnis³⁾.
Zwang s. d. vorhergehenden Artikel. Gewalt, d. i. die Handlung und der Zustand des Waltens = Herrschens, hebt hervor, daß man über eine Person oder Sache vollständige Herrschaft besitzt, bezeichnet dann die Herrschermacht überhaupt, und endlich besonders unbeschränkte Macht und Befugnis. Im allgemeinsten Sinne bezeichnet es dann jede starke Macht oder Kraft, auch die Naturgewalten. Man spricht von väterlicher, richterlicher, königlicher, landesherrlicher, obrigkeitlicher Gewalt usw. Man sagt: Er hat die Arme, Hände, Füße in seiner Gewalt oder nicht mehr in seiner Gewalt usw. „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Matth. 28, 18. Gewalt über Leben und Tod. „Von der Gewalt, die alle Wesen bindet, | befreit der Mensch sich, der sich überwindet.“ Goethe, Geheimnisse. Im engern Sinne, in dem das Wort sich mit Zwang besonders berührt, bedeutet es: Herrschaft des Stärkeren über den Schwächeren unter der Verletzung des Rechts, das den Schwächeren gegen den Stärkeren schützen soll, z. B. „Nein, das ist schreiende Gewalt! Ertragen wir’s, | daß man ihn fortführt, frech, vor unsern Augen?“ Schiller, Tell III, 3. Man spricht von Gewaltherrschaft, Vergewaltigung, einem Mädchen Gewalt antun usw. „Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“ Goethe, Erlkönig. Zwang hebt die Lage des unfreiwillig Gehorchenden, Gewalt die Kraftaufwendung des den andern Bezwingenden hervor. Bedrängnis deutet die üble Lage an, in der sich jemand dadurch befindet, daß Not auf ihn einstürmt, z. B. Bedrängnis durch Feinde, Armut, Krankheit usw. oder durch alles zusammen. Vgl. Art. 1573 und 797.